Champions-League-Sieger Diego Contento vom SV Sandhausen im Interview: "Ich habe alles von Louis van Gaal gelernt"

Von Louis Loeser
Louis van Gaal gibt Diego Contento im Training des FC Bayern Anweisungen.
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2013 holten Sie mit dem FCB das Triple, kamen dabei aber selbst nur in einem Gruppenspiel gegen Borisov zum Einsatz. Hat das den Erfolg für Sie persönlich geschmälert?

Contento: Ich habe zwar in der Champions League kaum gespielt, aber dafür mehrere Bundesliga-Spiele bestritten. Man kann deshalb nicht sagen, dass ich nicht mit dabei war. Wir waren eine Einheit und die Jungs haben mich immer unterstützt. Ich fühle mich als Triple-Sieger und das wäre auch so, wenn ich kein Spiel gemacht hätte.

Manuel Neuer sagte vor dem Champions-League-Finale im vergangenen Monat, die Triple-Mannschaft von 2013 sei in der Breite nicht so stark aufgestellt gewesen wie die von 2020. Wie sehen Sie das?

Contento: Da kann ich ihm schon zustimmen, aber die Kaderbreite war damals auch nicht der entscheidende Faktor. Wir waren in diesem Jahr eine Einheit und es war egal, ob eine Mannschaft A oder eine Mannschaft B gespielt hat. Die Kombination hat einfach gepasst.

Die Mannschaft, mit der Sie das Triple gewonnen haben, war beim Finale von Wembley auf ihrem Höhepunkt angekommen. Die Mannschaft von Hansi Flick spielt hingegen erst eine Saison in dieser Konstellation zusammen. Trauen Sie dem Team zu, eine Ära zu prägen?

Contento: Ein Vergleich zwischen den Triple-Mannschaften fällt mir schwer. Aber das Team von Hansi Flick ist hungrig und viele Spieler sind noch sehr jung. Was sie in der vergangenen Saison geleistet haben, ist großartig und wenn sie so weitermachen, können sie noch viel mehr erreichen.

Contento: Das waren die Leader beim FC Bayern

Nach dem Triple mit Jupp Heynckes übernahm Pep Guardiola, unter dem Sie Sie kaum noch eine Rolle spielten. Haben Sie dennoch von der Zusammenarbeit profitiert?

Contento: Jeder Trainer bringt etwas anderes mit. Deswegen hilft es immer, mit verschiedenen Trainern zusammenzuarbeiten. Guardiola setzt vor allem auf Taktik und kann einem Spieler viel beibringen. Deswegen hat mir das Jahr unter ihm sehr geholfen.

Inwiefern?

Contento: Ich habe viel von der Arbeit auf dem Platz profitiert - vor allem was Disziplin und Taktik angeht. Er hat mir außerdem gezeigt, wie ich mich besser auf dem Spielfeld orientieren kann.

Während Guardiolas Expertise unbestritten ist, wird er häufig für seinen kühlen Umgang kritisiert. Konnte er auch manchmal anstrengend sein?

Contento: Er spricht viel über Taktik und er arbeitet auch gerne mit dem Computer. Da konnte es schon passieren, dass er dich als Individuum vergisst, aber das meinte er nicht böse. Er wollte immer nur das Beste für seine Spieler.

Wenn Sie auf Ihre Zeit in München zurückblicken, wer war Ihr bester Teamkollege?

Contento: Da könnte ich jetzt viele aufzählen. Egal ob Franck Ribery, Arjen Robben, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder auch Mark van Bommel - das waren einfach Leader. Diese Liste könnte ewig weitergehen.

Sie sagten einmal, Sie wandern nicht gerne von Klub zu Klub. Warum war 2014 der richtige Moment, den FC Bayern in Richtung Bordeaux zu verlassen?

Contento: Ich habe unter Guardiola wenig gespielt und wollte mich endlich über eine ganze Saison und über 30 Spiele beweisen. Dank Willy Sagnol, der dort damals Trainer war, kam im Sommer die Möglichkeit, nach Bordeaux zu wechseln. Es waren gute Gespräche und er hat mich überzeugt.

Der Wechsel nach Frankreich bedeutete für Sie eine neue Umgebung und eine neue Sprache. Fiel es Ihnen am Anfang schwer, sich zurechtzufinden?

Contento: Französisch ähnelt dem Italienischen sehr, weshalb mir die Eingewöhnung nicht besonders schwerfiel. Die Sprache habe ich in der Kabine durch meine Mitspieler gelernt.

Contento: "Hätte bei Düsseldorf eine faire Chance verdient"

Bei Bordeaux waren Sie lange Stammspieler. In Ihrer letzten Saison in Frankreich kamen Sie hingegen nur noch auf fünf Einsätze, obwohl Sie fit waren. Woran lag das?

Contento: Dafür gab es verschiedene Gründe, auf die ich nicht genau eingehen möchte. Ich hatte dennoch eine schöne Zeit in Bordeaux, auch wenn das letzte halbe Jahr nicht mehr gepasst hat. Dann kam 2018 der Wechsel nach Düsseldorf.

Champions-League-Sieger 2013 mit dem FC Bayern und nun in der 2. Bundesliga beim SV Sandhausen: Diego Contento.
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Champions-League-Sieger 2013 mit dem FC Bayern und nun in der 2. Bundesliga beim SV Sandhausen: Diego Contento.

Für Düsseldorf bestritten Sie in zwei Jahren nur ein Spiel. Dabei waren Sie lange von Verletzungen geplagt. Wie sind Sie mit diesen Rückschlägen umgegangen?

Contento: Meine einzige schlimme Verletzung war direkt zu Beginn der Kreuzbandriss, durch den ich die gesamte erste Saison verpasst habe. Das war selbstverständlich ein schlechter Start. Danach war ich zu 100 Prozent fit. Es kamen nur ab und zu noch kleinere Rückschläge, durch die ich aber meistens nicht länger als eine Woche fehlte. Letztlich war ich die meiste Zeit fit, habe aber nicht gespielt. Das konnte ich nicht nachvollziehen. Ich hätte einfach eine faire Chance verdient gehabt.

Wenn sie an die zwei Jahre bei der Fortuna zurückdenken, würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?

Contento: Nein, der Kreuzbandriss gleich zu Beginn war Pech. Danach war ich immer zu 100 Prozent fit und habe auch im Training immer alles gegeben. Ich kann mir keinen Vorwurf machen.

Contento: "Sandhausen wird oft unterschätzt"

Ex-VfB-Trainer Markus Weinzierl sagte 2019 wenige Monate vor dem Abstieg der Stuttgarter zu den anwesenden Journalisten: "Ihr müsstet auch nach Sandhausen - und das will doch keiner." Warum wollten Sie eben doch nach Sandhausen?

Contento: Viele unterschätzen den SV Sandhausen. Für mich ist es nicht wichtig, in welcher Liga ich spiele. Ich brauche das Gefühl, von meinem Verein wertgeschätzt zu werden. In dieser Transferperiode gab es mehrere Angebote, aber Sandhausen hat mir die nötige Anerkennung entgegengebracht. Nachdem ich es in den vergangenen zwei Jahren schwer hatte, hat mir dieser Klub wieder Kraft gegeben. Das habe ich einfach gebraucht.

Sie lebten bisher in München, Bordeaux und Düsseldorf. Nun kommen Sie das eher beschauliche Sandhausen. Wie haben Sie sich hier eingelebt?

Contento: Die Umgewöhnung fiel mir nicht schwer. Dass hier alles etwas kleiner ist, ist mir egal. Sandhausen hat mir gegeben, was ich wollte und ich habe mich hier gut eingelebt. Auch die Mannschaft hat mich gut aufgenommen. Das ist das Wichtigste.

Seit dieser Saison spielt Diego Contento für den SV Sandhausen in der 2. Liga: Hier links im Duell mit Karlsruhes Marco Thiede.
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Seit dieser Saison spielt Diego Contento für den SV Sandhausen in der 2. Liga: Hier links im Duell mit Karlsruhes Marco Thiede.

In Düsseldorf kamen Sie zuletzt kaum zum Zug. Beim SVS sind Sie hingegen als erfahrener Profi und Führungsspieler gefragt. Wie gehen Sie mit dieser neuen Rolle um?

Contento: Ich freue mich auf meine neue Rolle. Es ist ein schönes Gefühl, der Mannschaft und dem Verein etwas zurückgeben zu können und zu zeigen, was ich draufhabe. Ich möchte dem Team mit meiner Erfahrung weiterhelfen.

Der SVS geht bereits in seine neunte Zweitligasaison und ist mittlerweile für viele zum Synonym für die 2. Bundesliga geworden. Welche persönlichen Ziele haben Sie mit dem Klub?

Contento: Mein Ziel ist es zunächst, unverletzt in die Saison zu kommen. Für das Team ist es wichtig, erfolgreich in die Saison zu starten. Danach werden wir von Spiel zu Spiel weitersehen.

Während sich viele Zweitligisten in diesem Sommer mit Zielvorgaben zurückhielten, peilt Sandhausen in dieser Saison die obere Tabellenhälfte an. Woher kommt dieses neue Selbstbewusstsein?

Contento: Man sieht ja, wie Trainer Uwe Koschinat mit uns arbeitet. Wir trainieren zurzeit sehr gut. Das gibt uns eine Menge Selbstvertrauen und natürlich hegt jeder von uns gewisse Träume.

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