Mein Tag in der Eliteschule des Fußballs

SID
Endspurt um 21.05 Uhr: Am Münchner Hauptbahnhof geht es in den Zug nach Hause
© spox

Er lebt den Traum eines jeden Teenagers - aber ist es wirklich ein Traum? Spielmacher Mike Ott gehört zu den großen Hoffnungen der Nachwuchsschmiede des TSV 1860 München und schreibt bei SPOX über das Leben eines Fußball-Talents. Was beschäftigt ihn? Was lässt ihn jubeln? Wie geht er mit dem Druck um? Heute: Mike erzählt, wie ein normaler 16-Stunden-Schultag bei ihm aussieht.

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Hallo liebe SPOX-Leser,

heute wollte ich mal darüber schreiben, was für mich eigentlich nichts mehr Besonderes ist - aber andere Jugendliche vielleicht interessiert, die mit Leistungssport nicht so viel zu tun haben: meinen ganz normalen Alltag.

Es ist so: Sportlich läuft es weiterhin gut. Mit der B-Jugend des TSV 1860 München haben wir bis zu diesem Wochenende die Tabelle der Bundesliga Süd/Südwest angeführt und unter anderen einen wichtigen Sieg gefeiert: ein 3:1 im Derby beim FC Bayern. Nach dem 2:3 gegen Unterhaching am Sonntag sind wir leider auf Platz zwei gerutscht.

Ein Highlight der letzten Zeit waren die deutschen Schul-Meisterschaften in Berlin Anfang Oktober. Ich nahm mit meinen Klassenkameraden von der Walter-Klingenbeck-Realschule Taufkirchen teil - und wir holten als erste bayerische Schule überhaupt den Titel!

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Der Erfolg ist umso schöner, weil ich ihn mit den Jungs bejubeln konnte, mit denen ich täglich die Schulbank drücke, denen ich aber auf dem Fußball-Platz sonst als Gegenspieler gegenüberstehe. Denn in der Schulmannschaft waren neben vier Teamkollegen von 1860 auch fünf Spieler des FC Bayern, zwei Spieler von Unterhaching und ein Spieler aus Ismaning dabei.

Wir alle gehen in Taufkirchen in die zehnte Klasse und haben einen ähnlichen Tagesablauf, der an unsere Bedürfnisse angepasst ist. Einerseits wollen wir einen guten Schulabschluss, andererseits aber eben auch unsere Fußballer-Karriere verfolgen. Dafür haben wir in Taufkirchen die idealen Bedingungen. Die Schule bekam vom DFB deswegen auch das Zertifikat als "Eliteschule des Fußballs".

Aber wie sieht ein Tag an so einer Schule genau aus?

Normalerweise klingelt um 5.45 Uhr mein Wecker, dann kämpfe ich mich aus dem Bett, ziehe mich schnell an, frühstücke was Kleines und werde von meinem Vater zum Bahnhof gefahren. Wir haben mittlerweile so eine Routine drin, dass jede Minute eigentlich perfekt geplant ist.

Um 6.25 Uhr nehme ich den Regional-Express von Petershausen Richtung München Hauptbahnhof, wo ich um 6.45 Uhr ankomme, dann steige ich in die S-Bahn und erreiche Taufkirchen so um 7.25 Uhr. Genug Zeit, um einigermaßen entspannt zur Schule zu laufen.

Dann geht der Tag richtig los: Am Donnerstag zum Beispiel haben wir in der ersten Stunde BWR, da geht es um Betriebswirtschaft und Rechnungswesen, in der zweiten Stunde steht Informatik an. In der dritten und vierten Stunde zeigt sich der Vorteil einer Eliteschule: Vereine wie 1860 und der FC Bayern haben in Absprache mit der Schule einen Schuttle-Service eingerichtet, so dass wir für unsere erste Trainingseinheit des Tages abgeholt und zu unseren Klubs gefahren werden,

So um 11.15 Uhr werden wir zurückgebracht, damit wir pünktlich zur fünften Stunde wieder in der Klasse sitzen. Auf dem Plan steht Sozialkunde. Erst danach haben wir unsere erste richtige Pause: Mittagessen. Die Gerichte sind wahrscheinlich wie in jeder Schulkantine nicht immer lecker, aber man kann ein bisschen relaxen und mit den Freunden quatschen.

Dann fängt die zweite Hälfte des Tages an: Um 13.15 Uhr lernen wir etwas über Sporttheorie. Ich habe generell ganz gute Noten in der Schule, aber ein richtiges Lieblingsfach habe ich nicht. Wenn überhaupt, ist es Sporttheorie. Auch, weil unser Lehrer Manuel Baum der Trainer der Schulmannschaft ist und mit seiner Fußball-Erfahrung viele Dinge sehr gut erklären kann.

Herr Baum ist parallel Co-Trainer der Profi-Mannschaft von Unterhaching und bringt häufig Videos mit, um uns etwas zu veranschaulichen. In der letzten Stunde hat er zum Beispiel mit uns eine Videoanalyse eines Fußball-Spiels gemacht.

Nach Sporttheorie stehen bis 16.15 Uhr noch Mathe, Chemie und Englisch an, bevor wir erneut abgeholt werden für die zweite Trainingseinheit bei 1860. Weil diese erst um 18 Uhr beginnt, verbringen wir die Zwischenzeit häufig bei den Mitspielern, die im Klub-Internat wohnen.

Das Training geht so bis 19.45 Uhr und dann geht es nach Hause: Tram, U-Bahn, Regional-Express, Abholservice vom Vater oder von meinem großen Bruder. So um 21.35 Uhr bin ich zuhause und bereite entweder paar Sachen für die Schule vor, schaue noch kurz Fernsehen oder gehe direkt ins Bett.

Für Jugendliche, die keinen Leistungssport betreiben, klingt das vielleicht ein bisschen stressig, für mich und meine Klassenkameraden ist es aber ganz normal. An so einen Tagesablauf gewöhnt man sich ganz schnell. Aber auch wir freuen uns wie alle anderen Schüler auf Freitag. An dem Tag gibt es nämlich keinen Nachmittagsunterricht.

Euer Mike Ott

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