Real Madrid verliert den Clasico gegen den FC Barcelona: Die taktische Fehlentscheidung

Zinedine Zidane hat Mateo Kovacic zum Kettenhund für Lionel Messi gemacht
© getty

Real Madrids Trainer Zinedine Zidane hat eine Manndeckung von Lionel Messi zum Schlüssel für einen Sieg im Clasico gegen den FC Barcelona auserkoren. Für die Hereinnahme von Mateo Kovacic als Kettenhund opferte er die wichtige Säule Isco. Eine Entscheidung, die sich als fatal herausstellte.

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Zinedine Zidane ist mit einem klaren Plan in den Clasico gegangen: Lionel Messi darf nicht aufspielen, wie Lionel Messi aufspielt, wenn man ihn aufspielen lässt.

Deswegen entschied er sich, der Nummer 10 des FC Barcelona einen Kettenhund an die Seite zu stellen. Einen Spieler, der einzig und allein dafür da ist, "Messis Kreise einzuengen und ihn in Manndeckung zu nehmen", wie der Trainer von Real Madrid erklärte.

Diese Aufgabe kam am Samstagnachmittag Mateo Kovacic zu. Auf der einen Seite überraschend, schließlich war es der erste Startelf-Einsatz des Kroaten in dieser LaLiga-Saison überhaupt. Auf der anderen Seite hatte Kovacic diese Rolle bereits in den beiden Supercopa-Duellen im August übernommen und brilliert.

Zidane muss sich für Kovacic-Aufstellung rechtfertigen

Nach der Partie war diese taktische Entscheidung des Franzosen das große Gesprächsthema in den spanischen Medien. Und Zidane musste sich rechtfertigen: "Ich bin derjenige, der entscheidet und Mateo hat das gut gemacht", erklärte er und fügte trotzig an: "Ich weiß, dass die Presse mich morgen abwatschen wird, doch ich werde mich nie ändern."

Grund für den Rechtfertigungsdruck des Real-Coaches war die spielentscheidende Szene in der 54. Minute.

Kovacic hat nur Augen für Lionel Messi

Sergio Busquets gewann den Ball weit in der eigenen Hälfte und setzte Ivan Rakitic ein. Der Kroate konnte den Ball bis 20 Meter vor das gegnerische Tor tragen, ohne in einen Zweikampf gehen zu müssen. Der Grund: Kovacic, eigentlich in der Position, seinen Landsmann zu tacklen oder ein taktisches Foul zu begehen, ging nicht auf den ballführenden Spieler. Stattdessen orientierte er sich an Messi im rechten Halbraum und war so völlig aus dem Spiel.

Ob es nun Messis Spielintelligenz geschuldet war, sich bewusst zurück und damit seinen Kettenhund aus dem Spiel zu nehmen, oder Kovacic' fehlender Matchpraxis, sei dahingestellt.

Letztlich stellte der Kroate jedenfalls weder Rakitic noch verhinderte er den Pass nach rechts auf Sergi Roberto. Dieser legte wiederum direkt nach innen auf Luis Suarez ab, der das Leder nur noch einschieben musste.

"Wir haben beim Gegentor einen Fehler gemacht, wir haben schwach verteidigt. Auf diesem Level sind die Details entscheidend", analysierte Zidane. Ja, das Gegentor war eine Aneinanderreihung von Fehlern. Entscheidend war in dieser Situation jedoch die Nachlässigkeit von Kovacic, der Rakitic den Korridor öffnete.

Es war die Knackpunktszene, die Zäsur in einem Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Phasen: der vor dem 0:1 und der danach.

Real Madrid dominiert die erste Halbzeit gegen Barcelona

Im ersten Durchgang hatte Real als aktivere Mannschaft den besseren Eindruck hinterlassen. Mit aggressivem Mittelfeldpressing hatten sie den Ball erobert und so erfolgreich den Spielaufbau der Katalanen verhindert. So kamen die Königlichen in Halbzeit eins auf 9:4 Torschüsse und hatten sogar 52 Prozent Ballbesitz.

Nach dem Seitenwechsel hatte Barca zwar von Beginn an mehr Ballkontrolle. Die Herangehensweise war jedoch sehr statisch, beinahe einschläfernd. Nichts, was Real Angst gemacht hätte. Erst der Führungstreffer für die Gäste änderte die Statik des Spiels völlig. Die Königlichen wirkten geschockt, Barcelona trat nun mit dem Selbstvertrauen einer bislang fehlerfreien LaLiga-Saison auf und wurde so immer überlegener.

"Gerade in dem Moment, als ich Dinge verändern wollte, kam das zweite Tor und damit der Unterschied in diesem Spiel. Zu zehnt konnten wir dann nicht mehr zurückkommen", erklärte Zidane.

Barcelona bestimmt den Clasico nach dem Führungstreffer

Die Statistiken der zweiten Halbzeit sagen alles: Barca gab 14:5 Torschüsse ab, hatte 63 Prozent Ballbesitz und erzielte 3:0 Tore.

Für Real bedeutete die dritte Heimpleite in einem Liga-Clasico in Serie wohl das Ende der Meisterträume. Der Rückstand auf den großen Rivalen beträgt mittlerweile 14 Punkte. Das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte mit fünf Titeln (Meisterschaft, Champions League, Supercopa, UEFA Supercup und Klub-WM) endet mit einem herben Dämpfer.

Und mit der Frage danach, ob sich Zidane bei seiner personellen und taktischen Ausrichtung im selbst ausgerufenen "wichtigsten Spiel der Saison" verzockt hat.

Sergio Ramos stärkt Zinedine Zidane den Rücken

Kapitän Sergio Ramos stärkte seinem Trainer den Rücken: "Ich denke, es war eine gute Wahl, Mateo aufzustellen. Er hat schon im Camp Nou großartig gespielt und ich finde, das hat er diesmal wieder getan."

Von den rein statistischen Werten spricht wenig gegen diese Auslegung: Kovacic gewann 62 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 94,3 Prozent seiner Pässe an den Mann.

Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Der Spieler, dem er als Kettenhund zugeteilt war, gab nämlich vier Torschüsse ab und bereitete neun (!) vor, auch schon vier davon in der ersten Halbzeit. Es ist zwar kaum möglich, einen Ausnahmekönner wie Messi komplett aus dem Spiel zu nehmen, zu behaupten, Kovacic sei das in der ersten Halbzeit "überragend gelungen" (Ramos), entspricht jedoch auch nicht ganz den Tatsachen.

Gegenwind für Zidane

Zidane hat sich "bewusst" dafür entschieden, mit Isco den Spieler zu opfern, der in dieser Saison bei den Königlichen in der Liga am häufigsten zum Einsatz kam (15) und zu den formstärksten gehört, und dafür einen Spieler zu bringen, der noch kein einziges Mal in der Startelf gestanden hatte.

Es war ein Wagnis, das Zidane eingegangen ist. Ein Wagnis, für das es gute Gründe gab und das zeigt, dass der Franzose seine Gegner analysiert und mit einem klaren Plan in die Spiele geht. Doch letztlich ging der Poker nicht auf und entpuppte sich als taktische Fehlentscheidung. Der Gegenwind, der Zidane aus den spanischen Medien ins Gesicht weht, kommt nicht von ungefähr.

Wie Ramos appellierte jedoch auch Marcelo an die Loyalität zum Erfolgstrainer der letzten Jahre: "Das Bernabeu ist sehr anspruchsvoll. Wir stehen bis zum Tod hinter dem Trainer. Was er gewonnen hat, darf man nicht vergessen. Wir haben fünf Titel geholt. Zidane ist ein großer Trainer."

Zidane und Real Madrid gehen mit einem Rucksack in 2018

Nach einem ausnehmend erfolgreichen Jahr geht Zidane mit einem schweren Rucksack ins Jahr 2018: Der Meistertitel ist futsch, in der Champions League steht Real mit Paris Saint-Germain vor der schwierigsten Aufgabe, die die Auslosung zum Achtelfinale dem Titelverteidiger hätte bescheren können.

Doch Real wäre nicht Real, wenn es sich von einem Rückschlag unterkriegen lassen würde. "Wir werden zurückkommen. Real gibt niemals auf", zeigte sich Zidane schon wenige Minuten nach der zugegebenermaßen "bitteren Niederlage" wieder kampflustig.

Zidane geht also mit einem klaren Plan in die Rückrunde.

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