FC Barcelona: Mehr La Masia, kein Katar, ein Grillabend mit Messi - und Haaland? Laportas Barca-Pläne

Von Mark Doyle und Kerry Hau
Mehr La Masia, Grillen mit Messi - und Haaland? Joan Laporta will beim FC Barcelona die Zeit zurückdrehen und den Klub auf der Säule der eigenen Jugend, mit Messi und Haaland in die Zukunft führen.
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Mit einem Schuldenberg von knapp 1,2 Milliarden Euro steht der FC Barcelona am finanziellen Abgrund. Die Rückkehr von Joan Laporta macht Hoffnung auf Besserung - weil unter dem neuen alten Präsidenten die zuletzt vernachlässigte Nachwuchsakademie La Masia wieder in den Vordergrund rücken soll. Zu einer Verpflichtung eines Topstars könnte es im Sommer trotz allem kommen. Und was wird eigentlich aus Lionel Messi?

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Ilaix Moriba war aus dem Häuschen. Der 18-jährige Mittelfeldspieler hatte gerade mit seinem schwächeren linken Fuß sein erstes Tor für die Profis des FC Barcelona erzielt. Und plötzlich sprang ihm ein jubelnder Lionel Messi in die Arme.

"Diesen Moment", sagte Moriba nach dem 2:0-Auswärtssieg der Katalanen gegen CA Osasuna am 6. März, "nehme ich mit ins Grab. Unvergesslich!"

Es war nicht nur ein besonderer Moment für Moriba, sondern für den gesamten Klub. Die freudige Umarmung von Moriba und Messi symbolisierte die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des FC Barcelona.

Sie war eine Erinnerung an das, wofür der Klub einmal stand. Und demnächst wieder stehen könnte. Für einen Klub, der den eigenen Nachwuchs wieder in den Vordergrund stellt.

Katar statt UNICEF: Barcas Wertebruch nach Laporta

Etwas mehr als 24 Stunden nach Moribas symbolischem Treffer in Pamplona wurde Joan Laporta zum zweiten Mal zum Präsidenten des FC Barcelona gekürt. Zuvor hatte er von 2003 bis 2010 die Geschicke des Klubs gelenkt - und musste im darauffolgenden Jahrzehnt zusehen, wie sich die Blaugrana immer mehr von ihren eigenen Werten distanzierten.

Einige Beispiele:

  • Die jahrelange und weltweit für viel Anerkennung sorgende Gratis-Trikotwerbung für UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, wurde für einen 150 Millionen Euro schweren Deal mit der Qatar Foundation über Bord geworfen.
  • Die berüchtigte Verpflichtung des brasilianischen Supertalents Neymar im Jahr 2013 führte zu einem Rechtsstreit mit dessen abgebendem Verein, der letztlich mit der Trennung des korrupten Laporta-Nachfolgers Sandro Rosell seinen Höhepunkt erreichte. Obendrein belegte die FIFA den Klub kurz darauf wegen Transfers von minderjährigen Spielern mit einer einjährigen Transfersperre.
  • Rosells Nachfolger Josep Bartomeu trieb das jahrelange Führungschaos vor allem mit dem "Barcagate" auf die Spitze, einem Skandal, an dem eine PR-Firma beteiligt war, die von Bartomeu angeheuert wurde, um Spieler und Trainer - aktuelle wie ehemalige - auf Social-Media-Plattformen in Verruf zu bringen.

Vor allem aber litt La Masia, die hauseigene Talentschmiede. Nicht unmittelbar nach dem Abgang von Pep Guardiola 2011, den Laporta drei Jahre zuvor vom Trainer der zweiten Mannschaft zum Verantwortlichen der Profis befördert hatte. Denn auch Tito Vilanova, Guardiolas Nachfolger, führte die erfolgreiche Ära fort.

2012, bei einem Ligaspiel gegen UD Levante, ließ Vilanova elf Spieler aus La Masia gleichzeitig ran. Doch spätestens seit 2014, als der Trainer im Alter von nur 45 Jahren tragischerweise an Krebs verstarb, blieb der eigene Nachwuchs mehr und mehr auf der Strecke.

Wichtig für La Masia: Pep Guardiola und Tito Vilanova (r.).
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Wichtig für La Masia: Pep Guardiola und Tito Vilanova (r.).

La Masia bei Barca im Hintergrund: "Schade! Er ist so klein"

Als Lionel Messi mit zarten 13 Lenzen zu Barca kam, gaben ihm seine Mannschaftskameraden den Spitznamen "Zwerg". "Ich war im Alter von 12 Jahren 1,70 Meter groß", sagte der ehemalige Akademie-Spieler Roger Gribet im Gespräch mit SPOX und Goal. "Aber er war nicht einmal 1,50 Meter groß!"

Zu dieser Zeit war Barca mehr an der Technik eines Spielers interessiert als an seiner Physis. Doch unter Bartomeus Regentschaft änderten sich die Prioritäten.

"Die Vorstellung des Klubs ist eine andere als früher", sagte ein ehemaliger Nachwuchscoach schon 2017 zu SPOX und Goal. "Was man jetzt bei den Probetrainings in La Masia hört, ist 'Schade! Er ist so klein.' Heutzutage suchen sie nach physisch starken Spielern, nicht nach talentierten."

Und weiter: "Wir haben den Spielern beigebracht, zu konkurrieren, das Fairplay zu respektieren und schließlich zu gewinnen. Cruyff fragte immer, wie wir gespielt hatten. Er fragte nie nach dem Ergebnis. Aber Barca B spielt, um zu gewinnen, und sie tun das mit Spielern, die nicht im Alter von Spielern in der Entwicklung sind, und das ist im Grunde genommen Betrug an den Jüngeren."

Kein Wunder also, dass der Klub immer mehr Eigengewächse verlor - vor allem in Richtung England. Klubs aus der Premier League köderten viele Talente mit der Aussicht auf größere Verträge und mehr Spielzeit - ein Problem, das La Masia auch schon vor der Ära Bartomeu hin und wieder heimgesucht hatte.

Ex-Barca-Jugendspieler: "Der Weg zu den Profis ist zu lang"

Gerard Pique und Cesc Fabregas etwa wurden als junge Spieler weggelockt, kehrten aber zumindest wieder nach Barcelona zurück. Im vergangenen Jahrzehnt verließen jedoch deutlich mehr Spieler die katalanische Talentschmiede. Sergio Canos zum Beispiel ging 2013 im Alter von 16 Jahren nach Liverpool.

"Zwei Jahre vor meinem Abschied wechselten Hector Bellerin und Jon Toral zu Arsenal", sagt der Mittelfeldspieler, heute beim englischen Zweitligisten FC Brentford unter Vertrag, im Gespräch mit SPOX und Goal.

"Ich dachte mir nur: Wow! Solche Fußballer, wirklich? Aber wenn du zu Arsenal oder Liverpool gehst, hast du nicht so einen langen Weg zu den Profis. Bei Barca musst du in der U17, U18, U19 und dann bei Barca B spielen, bis du eventuell die Chance bei den Profis bekommst. Der Weg ist zu lang. Es sei denn, du bist unglaublich und schießt jedes Wochenende drei Tore."

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