Adnan Januzaj bei Real Sociedad: Talent allein stopft kein Maul

Von Stefan Zieglmayer
Adnan Januzaj spielt derzeit seine dritte Saison bei Real Sociedad.
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Giggs-Nachfolger in Manchester, Flop in Dortmund, Absteiger in Sunderland: Seit 2017 spielt Adnan Januzaj beim spanischen Erstligisten Real Sociedad. Immer wieder zeigt er sein herausragendes Talent. Der Durchbruch will ihm jedoch nicht gelingen.

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"Ich mache mir Sorgen um Adnan", teilte Roberto Martinez Anfang November mit. Der belgische Nationaltrainer hatte soeben den Kader für die ausstehenden EM-Quali-Spiele gegen Russland und Zypern bekanntgegeben (beide live auf DAZN).

Der Name Adnan Januzaj fehlte im Aufgebot. Erstmals seit Juni 2018 ist Januzaj außen vor, ohne verletzt zu sein. "Er spielt nicht so oft, wie wir uns das vorstellen", erklärte Martinez seine Entscheidung und schob vielsagend nach: "Talent allein reicht nicht aus, er muss auch die richtige Mentalität an den Tag legen."

Martinez gilt eigentlich als Förderer des 24 Jahre alten Flügelspielers. Das zeigte sich schon beim nächsten Atemzug erneut: "Adnan wird sicherlich Teil unserer Pläne bleiben. Er hat die Qualitäten, der wichtigste Spieler bei Sociedad zu sein."

Das muss Martinez so oder so ähnlich schon zwei Jahre zuvor zu Lorenzo Juarros Garcia gesagt haben. Auch damals machte sich der belgische Nationaltrainer Sorgen um Januzaj. Also griff er zum Hörer und legte Garcia, dem Sportdirektor von Real Sociedad eine Verpflichtung des damaligen United-Talents nahe.

8,5 Millionen Euro war Januzaj den Txuri-urdinak (den Weiß-Blauen) wert. 8,5 Millionen Euro für ein "gescheitertes Talent" (Telegraph).

Adnan Januzaj wird mit Ryan Giggs verglichen

Januzaj kam als 15-Jähriger aus Anderlecht in die hochdekorierte Salford Red Devils Academy. Im August 2013 feierte er sein Profidebüt für United im Community Shield gegen Wigan. Unter David Moyes legte der damals 18-Jährige eine vielversprechende erste Saison hin (35 Pflichtspiele, 4 Tore, 4 Assists).

Januzaj stand früh im Fokus der Medien, wurde im Sommer 2014 zum neuen Ryan Giggs hochgejubelt, auch da er dessen Rückennummer 11 übernommen hatte. Es war das erste Jahr unter dem neuen Trainer Louis van Gaal. Das erste Jahr nach der dunklen Moyes-Ära.

Van Gaal setzte auf gestandene Profis, Januzaj beklagte später im Interview mit dem Telegraph, der Niederländer habe ihm keine Chancen gegeben: "Ich hatte einen kleinen Zwist mit dem Trainer, er hat mich ausgebremst."

Adnan Januzaj wird zum BVB-Flop

Januzaj wurde an den BVB ausgeliehen. Eigentlich für ein Jahr. Im Winter löste die Borussia den Vertrag auf. "Ich hatte das Gefühl, dass Adnan nie ganz bei uns war, sondern immer zum Teil in Manchester geblieben ist und alles mit ManUnited verglichen hat. Wir konnten ihm dabei auch nicht helfen, das auszublenden. Er war leider nicht so mit der Lust und der Einstellung dabei, die nötig gewesen wäre, um in seinem Alter weiterzukommen", erklärte der damalige BVB-Trainer Thomas Tuchel später der SportBild.

Januzaj war zurück im Old Trafford, jedoch geplagt von verschiedenen Muskelverletzungen. In der gesamten Saison kam er auf nur 778 Spielminuten in allen Wettbewerben. Die Folge: eine erneute Leihe.

Januzaj wechselte zu Sunderland, wo mittlerweile sein früherer Förderer Moyes am Ruder war. Doch Januzaj schien erneut zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein: Die Saints stiegen ab, Januzaj passte mit seinen Leistungen ins Bild.

Jose Mourinho, Januzajs fünfter Trainer in vier Jahren, schloss den Youngster nach dessen Rückkehr zu United aus seinen Planungen aus. Januzaj ging nach Spanien. Die Primera Division passe besser zu seinem Stil. "In England ist das Spiel körperlicher", in Spanien "schöner", sagte Januzaj.

War unzufrieden mit Adnan Januzajs Arbeitsmoral: der ehemalige BVB-Trainer Thomas Tuchel.
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War unzufrieden mit Adnan Januzajs Arbeitsmoral: der ehemalige BVB-Trainer Thomas Tuchel.

Adnan Januzaj will Kritikern "das Maul stopfen"

Medien-Hype, zu hohe Erwartungen, Van Gaal, wechselnde Trainer, schwache Saints, die Liga: Januzaj schien sich immerzu in Ausreden zu flüchten.

Selbst sein Förderer Moyes bezeichnete den Transfer von 2016 als Risiko: Januzaj müsse aufhören, "allen anderen die Schuld dafür zu geben, was schiefgelaufen ist. Adnan muss sich selbst hinterfragen: Hat er sich richtig vorbereitet? Hat er gut genug trainiert? Hat er gut genug gespielt? In vielen Fällen muss die Antwort 'nein' lauten."

Moyes' Ausführungen erinnerten an frühere Wegbegleiter des Youngsters. Egal ob Belgiens U21-Coach Enzo Scifo, Tuchel oder van Gaal: Sie alle waren nicht immer zufrieden mit Januzajs Arbeitsethik und Disziplin.

Januzajs Antwort an seine Kritiker war ähnlich großspurig und übermäßig selbstbewusst wie seine Attitüde in Trainingseinheiten oder gar in den Spielen. Dem Independent sagte er 2017: "Das sind die Leute, die nichts vom Fußball verstehen. Es interessiert mich nicht, denn ich arbeite hart. Es gibt nur eins, was man mit diesen Leuten tun kann: ihnen das Maul zu stopfen."

Die Wahrheit liegt wohl in der goldenen Mitte.

"Willkommen an Bord, Januzaj!"

Bei Sociedad startete Januzaj ähnlich stark durch wie vier Jahre zuvor in Manchester: 35 Spiele, vier Tore, sechs Assists. Im Juni 2018 feierte er sein Comeback in der Nationalmannschaft, fortan war er sofern fit immer dabei. Januzaj entwickelte sich zunächst gut, verbesserte sein Zweikampfverhalten, wurde beidfüßiger und noch zielstrebiger im Dribbling. Dann wieder: Stagnation.

Durch die Neuzugänge Portu (Rechtsaußen) und Martin Ödegaard (offensives Mittelfeld) schrumpften Januzajs Einsatzzeiten in dieser Saison. Martinez macht sich also Sorgen. Obwohl Januzaj erstmals wieder im Nationalmannschaftsaufgebot fehlt, träumt er trotzdem von der EM-Teilnahme 2020 und dank der Ausdauer von Martinez darf er das auch.

Warum er ihn noch nicht aufgegeben hat, zeigte Januzaj nur wenige Stunden nach seiner Nichtnominierung, als er im Ligaspiel gegen Leganes (1:1) in der Startelf stand und per Ecke das 1:0 vorbereitete. Auch wenn Januzaj zwischendurch vier Spiele auf der Bank versauerte: Es war sein dritter Assist im dritten Einsatz in Folge. Die spanische Mundo Deportivo titelte danach: "Willkommen an Bord, Januzaj!" In der Länderspielpause will er angeblich Sonderschichten schieben.

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