FC Südtirol: Träume von der Serie A im ethnischen Spannungsfeld

SID
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© facebook.com/fc.suedtirol

180 Kilometer südlich von München bahnt sich ein Fußball-Wunder an: Der teils deutschsprachige FC Südtirol träumt vom Durchmarsch in die Serie A.

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Geflucht wird beim FC Südtirol vorzugsweise auf Italienisch. "Pezzo di merda" brüllen die Fans im Bozener Drusus-Stadion, weil das nun mal besser klingt als "Du Stück Sch...".

Sonst aber geht es beim nördlichsten Profi-Fußballklub des Landes betont mehrsprachig zu. Sogar zwei Ansager leistet sich der Verein mit dem für Italien ungewohnten "ü" im Namen - einer spricht Deutsch, der andere Italienisch.

Gut möglich, dass beide demnächst den Fußball-Riesen AC Mailand ankündigen dürfen - oder eben "Milan", je nachdem. Denn 180 Kilometer südlich von München bahnt sich ein kleines Fußball-Wunder an: Als Tabellendritter träumt der Aufsteiger vom Durchmarsch in die Serie A.

"Wir sind gerade dabei, ein Märchen zu schreiben", sagt Trainer Pierpaolo Bisoli, der den Klub nach drei Spieltagen am Tabellenende der Serie B übernommen hatte: "Also dann, lasst uns träumen."

FC Südtirol träumt von Aufstieg in die Serie A

Kaum zu glauben, dass der FC Südtirol erst 28 Jahre alt ist und 1995 in der Landesliga anfing. Seither folgten fünf Aufstiege. "Jetzt ist man der Serie A näher, als man im Fußball-Dritte-Welt-Land Südtirol jemals zu träumen gewagt hatte", schrieb die deutschsprachige Tageszeitung Dolomiten: "Es fehlen schlichtweg die Worte, um zu beschreiben, was die Weiß-Roten leisten."

Jene Leistung geht weit über den Fußball hinaus. Denn der FCS versteht sich als Repräsentant von ganz Südtirol, das erst seit 1919 zu Italien gehört und in Ladinisch noch eine dritte Sprache beherbergt. Die Mehrheit der Bevölkerung in der autonomen Provinz - 62 Prozent - hat indes Deutsch als Muttersprache.

Der Klub sieht sich daher als "Integrationsmodell", die Vereinsfarben Weiß und Rot sind nicht zufällig auch die Landesfarben von Südtirol. Ein ethnisches Spannungsfeld ist dennoch vorhanden. Wie empfindlich die Gemüter sind, musste der Klub erfahren, als er das italienische Alto Adige (Südtirol) in seinem Wappen durch "Bolzano - Bozen" ersetzte.

FC Südtirol seit elf Spielen ohne Niederlage

Bis heute wehren sich einige Fans. "Der Name Südtirol steht nicht für uns", schrieben die Ultras der Gradinata Nord Bolzano zu Saisonbeginn. Am Zaun hängt bei jedem Spiel eine Fahne mit der Aufschrift "Avanti Alto".

Während die Politik ein schwieriges Feld bleibt, läuft es immerhin auf dem Rasen: In den elf Spielen des Kalenderjahres 2023 ist der Klub unbesiegt.

Zu den beiden direkten Aufstiegsplätzen fehlen zwar fünf Punkte, doch die Teilnahme an den Play-offs hat Südtirol schon fast sicher. "Wenn wir die Play-offs erreichen, werden wir feiern", sagt Trainer Bisoli: "Alles was danach kommt, ist Zugabe."

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