Der neue Camoranesi und ein Ribery-Schreck

Von Christian Bernhard
Ezequiel Schelotto (l.) ist Italiens neuer Camoranesi. Sein Spitzname: "Der Windhund"
© Imago

Italiens Nationalcoach Cesare Prandelli beklagte sich zuletzt, dass die Serie A ihm nicht viele junge Spieler zur Verfügung stellen würde. SPOX stellt die fünf größten italienischen Talente vor. Mit dabei: Eine atomare Ameise, der neue Camoranesi und ein Ribery-Schreck.

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Cesare Prandelli hat nach der äußerst enttäuschenden WM in Südafrika das Kommando bei der italienischen Nationalmannschaft übernommen. Mit Mario Balotelli, Antonio Cassano und Leonardo Bonucci vollzog er sofort einen Umbruch.

Balotelli ist das Sinnbild dieses Wandels, auf den ManCity-Spieler hält Prandelli große Stücke. Doch der 20-Jährige ist momentan verletzt und "einen anderen Mario kann ich nicht einberufen, weil es ihn nicht gibt".

"Wir müssen nur Geduld haben"

Prandelli hätte sich für die Nationalmannschaft "auf der ein oder anderen Position positivere Nachrichten gewünscht. Die Meisterschaft ist an sich sehr aufregend, leider aber nicht für mich."

Prandelli fehlen "Jungs zwischen 20 und 22 Jahren, die jetzt schon bereit für den Sprung zu uns sind."

Italiens Problem sind aber nicht die mangelnden Talente, sondern die fehlende Spielpraxis der Youngster in der Serie A. "Es gibt nicht viele junge Italiener, die in der Serie A spielen. Die Talente fehlen allerdings nicht, wir müssen nur Geduld haben", sagt U-21-Nationalcoach Pierluigi Casiraghi.

SPOX stellt die fünf heißesten Kandidaten für Prandelli vor.

Andrea Ranocchia: Der 22-Jährige sorgte bereits im Vorjahr an der Seite von Leonardo Bonucci (23) in Bari für Furore. Bonucci spielt jetzt bei Juve und bildet mit Klubkollege Giorgio Chiellini die Innenverteidigung der Azzurri.

Ranocchia kehrte im Sommer zu seinem Stammverein Genua zurück, unterschrieb aber bereits einen Fünf-Jahres-Vertrag bei Inter. Zur kommenden Saison wird er nach Mailand wechseln. Die vorläufige Krönung von Ranocchias kometenhaftem Aufstieg. Vor etwas mehr als einem Jahr spielte er noch bei Arezzo in der Serie B.

"Würde die U 21 nicht um die EM-Quali spielen, wäre er jetzt schon hier", sagte Prandelli vor wenigen Tagen. "Er kommt das nächste Mal zu uns, denn er ist bereit für diesen Schritt." Ranocchia zeichnet sich trotz seiner 1,90 Meter durch Schnelligkeit und Spielstärke aus. Mit seiner eleganten Spielweise tritt er oft als kreativer Spieleröffner auf und leitet die eigenen Angriffsaktionen mit dem Ball am Fuß ein.

Lorenzo De Silvestri: Mittwoch, 17. Februar 2010: Miroslav Klose beschert dem FC Bayern mit seinem Abseitstor einen 2:1-Last-Minute-Sieg im Champions-League-Achtelfinale gegen den AC Florenz. In der SPOX-Analyse heißt es: "Im Spiel nach vorne gab es keine Struktur. Ribery war komplett abgemeldet." Das lag vor allen Dingen an Lorenzo De Silvestri.

Der Rechtsverteidiger nahm Ribery nahezu komplett aus dem Spiel und hatte den Franzosen auch im Rückspiel gut im Griff. Eine Sternstunde für den heute 22-Jährigen, der als Kapitän der U 21 mit seinem Team auf dem Sprung zur EM-Endrunde ist.

Der gebürtige Römer hat auch abseits des Rasens eine solide Ausbildung vorzuweisen: Er ging in eine deutsche Schule, spricht fünf Sprachen und studiert Jura. Doch der Fiorentina-Spieler hat auch schon die Schattenseiten des Fußballgeschäfts am eigenen Leib erlebt.

Der 2007 auf einem Parkplatz durch Schüsse getötete Lazio-Fan Gabriele Sandri war ein guter Freund De Silvestris. "Gabbo begleitet mich immer auf das Feld", sagte De Silvestri vor seinem A-Nationalmannschaftsdebüt im September. De Silvestri hat heute noch Sandris Namen auf seinen Fußballschuhen stehen.

Andrea Poli: Der 21-Jährige mauserte sich vergangene Saison zum Stammspieler auf Sampdorias Doppelsechs neben Kapitän Angelo Palombo. "Prandelli ist sehr angetan von ihm", sagt Paolo Giampieri, Nationalmannschafts-Redakteur von "Il secolo XIX", Genuas größter Tageszeitung, im Gespräch mit SPOX.

In dieser Saison kam Poli aufgrund einer hartnäckigen Bauchverletzung noch fast gar nicht zum Zug, doch seine Leidenszeit scheint vorbei zu sein: Im U-21-Playoffspiel gegen Weißrussland feierte er vergangene Woche sein Comeback.

Poli ist ein vielseitiger Spieler, der so gut wie jede Position im Mittelfeld besetzen kann und mit großem taktischem Feingefühl ausgestattet ist. Inter und Milan haben ihre Fühler nach dem Samp-Youngster bereits ausgestreckt.

Blog: Andrea Poli, eines der größten Mittelfeld-Talente des italienischen Fußballs

Ezequiel Schelotto: Der neue Camoranesi - und das nicht nur seines Aussehens und seiner argentinischen Wurzeln wegen. Der 21-jährige Cesena-Spieler ist ein klassischer rechter Flügelspieler, wie es heute nicht mehr viele gibt. Er ist antrittsschnell, laufstark und kann gute Flanken schlagen. In Argentinien wird er aufgrund seiner Größe, seiner langen Beine und seiner Eleganz "El galgo" - der Windhund - genannt.

"Er geht nicht mit Dribblings, sondern dank seiner langen Schritte am Gegenspieler vorbei. Er hat das Laufen einfach in seiner DNA", sagte Pier Paolo Bisoli, sein letztjähriger Trainer, über ihn. "Er hat das Potenzial, bei Milan, Juve oder Inter zu spielen." Mit Cesena gelang ihm der Durchmarsch von der 3. Liga in die Serie A, Juventus soll ihn schon lange auf dem Zettel haben. Schelottos Traum heißt aber Inter: "Dort zu spielen wäre wunderbar, denn Javier Zanetti ist ein Idol und Vorbild."

Sebastian Giovinco: Spitzname: "La formica atomica" - die atomare Ameise. Giovinco ist ein klassischer Spielmacher, kann aber auch im Sturm spielen, so wie momentan in Parmas 4-3-3. Dorthin hat ihn Juventus Turin im Sommer samt Kaufoption für den FC verliehen. Für Genua-Coach Gian Piero Gasperini ist er "einer der besten Jungen, die wir in Italien haben".

Giovincos Talent ist unbestritten, allerdings hat er bisher noch nicht bewiesen, über einen längeren Zeitraum konstant gute Leistung bringen zu können - vor allen Dingen nicht bei einem Topklub. Bei Juve kam der 23-Jährige in der vergangenen Saison auf 15 Serie-A-Spiele, davon machte er aber nur vier von Beginn an und schoss dabei ein Tor.

Auch deshalb hat Giovinco im Sommer einen Neuanfang in Parma gestartet. Der Saisonstart war sehr vielversprechend, allerdings verletzte er sich am 4. Spieltag an der Wade und kann erst Ende Oktober wieder ins Spielgeschehen eingreifen.

Auf Juve ist Giovinco momentan nicht sehr gut zu sprechen: "Ich wurde in Turin nicht mehr gut behandelt, das ist eine ganz persönliche Sache. Ich hoffe, dass sie mir nachweinen werden." Sein Vorteil: Prandelli steht auf kreative und dribbelstarke Angreifer.

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