Als PSG-Held Eric Maxim Choupo-Moting wegen eines kaputten Fax-Gerätes beim HSV festsaß

Von Stanislav Schupp
Beim HSV erlebte Eric Maxim Choupo-Moting viele frustrierende Momente.
© imago images/Oliver Hardt

Vergangenen Mittwoch schoss Eric Maxim Choupo-Moting Paris Saint-Germain ins Halbfinale der Champions League. Einst scheiterte sein Wechsel nach Köln extrem kurios.

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Im Januar 2011 war der Plan von Eric Maxim Choupo-Moting klar: Der Offensivspieler, damals gerade 21 Jahre alt, wollte den Hamburger SV verlassen, sah keine gute Perspektive mehr bei den Rothosen.

Schweren Herzens wahrscheinlich, da er in Hamburg geboren wurde und aufwuchs, da er mit 15 zum HSV kam und mit 18 unter Huub Stevens in der Bundesliga debütierte. Aber es schien einfach die beste Lösung zu sein.

Denn nach seiner erfolgreichen Leih-Saison 2009/10 in Nürnberg wollte er sich eigentlich beim HSV als Stammkraft etablieren. Doch nach ein paar ordentlichen Spielen zu Saisonbeginn lief es nicht mehr, seit Ende Oktober 2010 hatte er magere 74 Bundesliga-Minuten absolviert. Die damals beim HSV noch namhafte Konkurrenz in der Offensive erhielt den Vorzug, ob nun Mladen Petric, Paolo Guerrero, Heung-Min Son, Ruud van Nistelrooy oder Jonathan Pitroipa.

Zudem gab es ein Hin und Her wegen seines Vertrages: Erst kündigte der HSV an, die Option auf eine Verlängerung um ein weiteres Jahr bis Sommer 2012 zu ziehen. Dann wollte der Klub plötzlich doch nicht mehr, da Choupo-Motings Gehalt ab Sommer 2011 zu hoch wäre.

Choupo-Moting sollte vom HSV an Köln verliehen werden

Choupo-Moting wollte also weg, notfalls auch per Leihgeschäft. Und genau das schien kurz vor Ende des Transferfensters am 31. Januar 2011 dann auch sicher: Beim 1. FC Köln wollte man den heutigen PSG-Star, der die Pariser am vergangenen Mittwoch gegen Atalanta ins CL-Halbfinale schoss, als Backup für seinen damaligen Torjäger Milivoje Novakovic.

Choupo-Moting sollte verliehen werden, der HSV sich offenbar die Option offen halten, ihn im Sommer zurückzuholen und den Vertrag doch noch zu verlängern. Aus England zeigte auch West Bromwich Interesse, ein Wechsel in die Domstadt schien allerdings die Lösung zu sein.

"Für mich war der Transfer eigentlich eingetütet. Ich hatte den Deal mit der Überzeugung, dass es ein guter Transfer für Köln ist, so vorangetrieben, dass sowohl der Spieler als auch sein Vater, der sein Berater war, positiv gestimmt waren. Mit der Zusage war das Ganze für mich erledigt. Daher kam ich am letzten Transfertag mit bester Laune in die Geschäftsstelle", erinnert sich Volker Finke, seinerzeit Sportlicher Leiter beim Effzeh, im Gespräch mit SPOX und Goal an die Verhandlungen.

Der mittlerweile 72-Jährige ahnte am besagten Deadline Day noch nicht, was sich im weiteren Verlauf des Tages ereignen sollte.

Eric Maxim Choupo-Moting gab unter Huub Stevens 2007 sein Bundesliga-Debüt.
© getty
Eric Maxim Choupo-Moting gab unter Huub Stevens 2007 sein Bundesliga-Debüt.

Finke: "Dort waren lauter schwarze Balken"

"Plötzlich hieß es, dass es am Vorabend zusätzliche Uneinigkeiten gab, weshalb sich die Verhandlungen weiter gezogen haben", berichtet Finke. Und zwar so weit gezogen, dass sich der eigentlich schon sicher geglaubte Wechsel zu einem Wettlauf gegen die Zeit entwickelte.

Um 17.49 Uhr, also elf Minuten, bevor um 18 Uhr das Transferfenster schloss, schickte Choupo-Moting senior schließlich den unterschriebenen Vertrag per Fax nach Köln. Jedenfalls dachte er, dass er das tat. Denn mitten in der Übertragung streikte das Gerät, auch ein weiterer Versuch scheiterte. Erst um 18.03 Uhr erreichte das Fax die Kölner - doch es gab Probleme. "Die endgültige Fassung des Fax mit allen Unterschriften, die zur DFL musste, kam unleserlich an. Dort waren lauter schwarze Balken", sagt Finke. Die Uhr tickte weiter.

Bei der DFL in Frankfurt waren die Unterlagen schließlich erst um 18.14 Uhr, also 14 Minuten nach Ablauf der Frist. Köln legte noch Beschwerde ein, pochte darauf, für die technischen Probleme ja nichts zu können. Doch am späteren Abend hatten dann alle Gewissheit: "Kurz nach Fristende kam es einwandfrei an, allerdings war es aufgrund der zeitlichen Überschreitung bereits ein hinfälliger Wechsel", fasst Finke die kuriosen Ereignisse zusammen.

Auch Choupo-Motings Plan B war dahin

Besonders bitter: Auch dafür, beim ebenfalls interessierten West Bromwich Albion anzuheuern, war es zu spät. "Wir hatten schon bei West Bromwich abgesagt, es gab jetzt auch da keine Möglichkeit mehr", sagte Choupo-Motings Vater damals. So musste sein Sohn das kommende halbe Jahr weiterhin beim HSV bleiben, machte nach dem Transfer-Fiasko aber in der Rückrunde kein einziges Bundesligaspiel mehr, stand nicht einmal mehr im Kader und durfte lediglich ab und an in der Regionalliga-Mannschaft ran.

Immerhin konnte er im Sommer 2011 dann ablösefrei wechseln, heuerte bei Mainz 05 an. Unter Thomas Tuchel avancierte Choupo-Moting dort zum gestandenen Bundesligaspieler und erzielte in seiner ersten Saison bei den 05ern zehn Tore. 2014 wechselte er zu Schalke, 2017 weiter zu Stoke City.

In Köln hingegen trauerte man dem geplatzten Transfer nach. "Er ist technisch sehr gut, beidfüßig und kann sowohl auf den Außen als auch in der Mitte oder als hängende Spitze spielen. Das ist eine sehr gute Mischung. Er bewegt sich gut in den Zwischenräumen und kann das Spiel lesen. Außerdem ist er im zwischenmenschlichen Bereich ein sehr guter Teamplayer, der zu bestimmten Aspekten eine klare Haltung hat, was auch von vielen Trainern sicherlich gern gesehen wird", schwärmt Finke auch Jahre später von den Fähigkeiten des kamerunischen Nationalspielers.

Finke: Choupo-Moting nicht wie Neymar oder Kylian Mbappe

Letzteres sieht Finke mitunter als Grund dafür, dass ihn Tuchel 2018 als Sommertransfer bei Paris Saint-Germain aus dem Hut zauberte. "Dass er bei PSG gelandet ist, kam sicherlich überraschend. Aber Thomas Tuchel und er kannten sich ja schon aus gemeinsamen Mainzer Zeiten", erklärt Finke und fügt an: "Choupo-Moting kann über seine sportlichen und zwischenmenschlichen Stärken hinaus in der Kommunikation eine Hilfe für den Trainer sein. Er spricht mehrere Sprachen, unter anderem Französisch. Außerdem weiß er, dass bei der enormen Pariser Konkurrenz ein Platz auf der Bank auch Teil des Jobs ist. Er ist neugierig, offen und interessiert. Das sind alles Dinge, die ihm neben seinem fußballerischen Talent weiterhelfen."

Der Angreifer gehöre "sicherlich nicht zur Kategorie eines Neymar oder Kylian Mbappe". "Er ist gut, aber nicht so gut, dass es unbedingt PSG sein müsste. Sein Standing innerhalb der Mannschaft scheint dennoch gut zu sein, sonst wäre er nicht in dem Maße beliebt und respektiert", führt der langjährige Trainer des SC Freiburg aus.

In der kamerunischen Nationalmannschaft war Choupo-Moting dagegen trotz namhafter Konkurrenz um Superstar Samuel Eto'o unter Finke (2013-2015) gesetzt. "Er kann mehrere Positionen spielen, daher kam für mich nie die Frage auf, ob er oder ein anderer Spieler auf dem Platz steht. Im afrikanischen Fußball ist der Konkurrenzgedanke ohnehin ein anderer als wir ihn in Europa kennen. Da geht es darum, wer als Anführer im Team vorangeht und von welcher Ethnie man abstammt", begründet Finke seine Entscheidungen.

"Sein Standing innerhalb der Mannschaft scheint dennoch gut zu sein, sonst wäre er nicht in dem Maße beliebt und respektiert", sagt Volker Finke über Eric Maxim Choupo-Moting.
© imago images/PanoramiC
"Sein Standing innerhalb der Mannschaft scheint dennoch gut zu sein, sonst wäre er nicht in dem Maße beliebt und respektiert", sagt Volker Finke über Eric Maxim Choupo-Moting.

Choupo-Moting: CL-Halbfinale mit PSG gegen RB Leipzig

Heute darf der inzwischen 31-Jährige sogar vom Henkelpott träumen: In der Runde der letzten Vier treffen die Franzosen auf Bundesligist RB Leipzig (Dienstag, 21 Uhr LIVE auf DAZN). Nach dem Finalturnier läuft sein Vertrag in Paris aus.

Wie es danach weitergeht, ist aktuell noch offen. Finke traut ihm jedenfalls zu, sein Können nochmals auf hohem Niveau unter Beweis stellen zu können. "Choupo-Moting hat bereits in der Premier League und Bundesliga gespielt. Womöglich hängt er sogar noch ein Jahr in Paris dran, wenn sie die Champions League gewinnen sollten und er sportlich dazu beigetragen hat. Er ernährt sich bewusst, achtet auf seinen Körper. Er ist so gut, dass er noch einmal bei Mannschaften wie Mainz und Schalke eine Rolle spielen könnte", betont er.

Etwa zwei Jahre will der Rechtsfuß nach dem Finalturnier in Lissabon noch auf Top-Niveau spielen - und nach der Karriere trotz seines unglücklichen Abschieds vom HSV vor neun Jahren definitiv zurück in seine Heimatstadt. "Meine Frau ist in der Schanze groß geworden, ich in Altona. Das hier ist unser Zuhause. Die Welt ist groß. Aber Hamburg ist das Größte", sagte er kürzlich der Hamburger Morgenpost.

Eric Maxim Choupo-Moting im Steckbrief

geboren23. März 1989 in Hamburg
Größe1,91 m
Gewicht84 kg
PositionStürmer, Linksaußen
starker Fußrechts
StationenOttensen Jugend, Altona 93 Jugend, HSV Jugend, HSV, 1. FC Nürnberg, Mainz 05, Schalke 04, Stoke City, PSG
Spiele/Tore für PSG49/9