Kolumne Auswärtsspiel: Steven Gerrard bei Aston Villa und der "beste Rat" von Jürgen Klopp

Trainer Steven Gerrardist neuer Trainer bei Aston Villa.
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Steven Gerrard startet seine Karriere als Premier-League-Trainer bei Aston Villa. Den Weg in die beste Liga der Welt ging er behutsam und er hatte in Jürgen Klopp einen wichtigen Ratgeber. Nur in Glasgow sind sie etwas sauer auf ihn.

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So ein Video ist schon eine feine Sache. Lässt das Erinnerungsvermögen mal nach, hilft es einem auf die Sprünge. Ende Oktober besiegten die Rangers aus Glasgow in der Europa-League-Gruppenphase den dänischen Vertreter Brondby IF mit 2:0 und erarbeiteten sich somit eine gute Ausgangsposition für das Weiterkommen in der Gruppe.

BT-Reporterin Emma Dodds konfrontierte Rangers-Trainer Steven Gerrard daraufhin mit den Spekulationen, wonach er bei Newcastle United als Trainer gehandelt werde. Gerrard, der bis zur Newcastle-Frage gewohnt entspannt und gekonnt über den Sieg sprach, wurde patzig: "Sehe ich glücklich aus? Sehe ich seßhaft aus? Also stellen Sie mir bitte keine dummen Fragen!"

Knapp 21 Tage später wurde Gerrard als neuer Trainer von Aston Villa vorgestellt.

"Steve hat einen schlechten Nachgeschmack in den Mündern einiger Rangers-Fans hinterlassen", sagte die Rangers-Legende Ally McCoist daraufhin. "Seine Antwort auf eine berechtigte Frage implizierte uns eindeutig: 'Ich gehe nirgendwo hin!' Jetzt ist er eindeutig weg."

Steven Gerrard ist keine Abschiede gewohnt

Man mag es Gerrard verzeihen, der Mann aus Whiston ist Abschiede einfach nicht gewohnt. Er wechselte einmal als Spieler (nach 26 Jahren beim FC Liverpool ging er 2015 noch mal für ein Jahr in die MLS zu LA Galaxy) und jetzt einmal als Cheftrainer den Verein. Letzteres jedoch schon nach 3,5 Jahren.

Womöglich hatte er damals auch wirklich nicht daran gedacht, zu Newcastle zu gehen. Ein Klub, dessen Möglichkeiten und Erwartungen mit den Gegebenheiten aktuell nicht im Einklang stehen. Es ist fast unmöglich, in Newcastle als Trainer zu glänzen. Viel zu viel Geld, aber viel zu wenig Qualität in der Mannschaft, um in kürzester Zeit den Anschluss an die Topklubs zu finden. Und viel zu nervöse neue und alte Chefs, die Ausreden nicht so gerne hören. Das wird Gerrard auch wissen und es war aus seiner Sicht wohl wirklich "dumm" zu glauben, dass er sich das antun würde.

Dass er nun bei Aston Villa anheuerte, mag auf dem ersten Blick auch überraschend sein.

Er verlässt die Glasgow Rangers als Tabellenführer der schottischen Premier League, als League-Cup-Halbfinalist und vor dem Einzug in die nächste Europapokal-Runde und wechselt zu einem Abstiegskandidaten in der englischen Premier League, der seit fünf Spielen verliert und bis Ende des Jahres ein üppiges Programm mit Gegnern wie Manchester City, Leicester City und Gerrards große Liebe Liverpool vor sich hat.

Aber das ist nur der erste Blick. Sieht man genauer hin, ergibt der Wechsel Sinn. Beide Seiten passen in das Beuteschema des anderen. Aston Villa bringt eine ungeheure Tradition, große, aber fundierte Erwartungen sowie die Möglichkeiten mit, diese Erwartungen auch mittelfristig zu erfüllen.

Gerrard bekam den "besten Rat" von Jürgen Klopp

Es ist der perfekte, nächste Schritt für Gerrard, der sich nach 18 Jahren Profifußballer in der Premier League nun erstmals auch als Cheftrainer dort beweisen darf. In Schottland hat sich Gerrard zum Erfolgstrainer entwickelt, der die Celtic-Hegemonie durchbrach und damit die blaue Seite der schottischen Stadt wieder hoffähig machte. Dass er sich nun als Premier-League-Trainer probieren wird, ist verständlich. Und es ist die nächste Episode einer bis hierhin strukturiert durchgeplanten Trainerkarriere, die nie von Eile geprägt war.

Gerrard reihte sich nicht in die Liste von Ex-Fußballern an, die sofort und gleich in der obersten Schublade ihre neue Karriere als Trainer starteten. Er arbeitete erst in der Jugendakademie des FC Liverpool, wechselte dann nach Schottland, um 3,5 Jahre für die Rangers zu arbeiten. In einem Umfeld ohne Druck, sofort Meister werden zu müssen, weil Celtic übermächtig war. Gerrard ging diese Schritte aus gutem Grund, denn eine großartige Spielerkarriere reichte aus seiner Sicht nicht aus, um automatisch ein guter Trainer zu werden. Andrea Pirlo, der bei Juventus überhaupt keinen Fuß auf den Boden bekam, diente da als abschreckendes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit.

Das Wichtigste sei, "beim Übergang von Spieler zu Trainer von vorne anzufangen", sagt Gerrard. Weg vom Spielerstatus, weg von den Kameras. Auch Letzteres war "sehr wichtig", so die Liverpool-Legende. Ein wichtiger Ratgeber war dabei Jürgen Klopp, wie Gerrard verrät: "Wir hatten mal ein mehrstündiges und sehr ehrliches Gespräch und das Wichtigste, was er mir mit auf den Weg gab, war: 'Gehe diesen Weg nicht mit dem Namen Steven Gerrard im Rücken an.' Ich sollte zurück zum Anfang. Wie als würde ich das Autofahren neu erlernen."

Klopps Worte kamen an und Gerrard merkte auch schnell, was der Deutsche meinte: "Ich habe als Rangers-Trainer einige Fehler gemacht. Und ich denke, es war elementar, aus diesen Fehlern zu lernen, um sie nicht noch einmal zu machen." Auch eine Klopp-Weisheit: "Er sagte: ‚Hole dir das Selbstverständnis. Probiere verschiedene Taktiken und Formationen aus. Probiere Dinge, mache Fehler. Mach große Fehler, liege mal komplett daneben." Alles für den Lerneffekt. Deswegen ist Gerrard heute auch sehr dankbar, mit Klopp gesprochen zu haben: "Das war der beste Rat, den ich je bekam. Einen besseren Rat werde ich wohl nie bekommen."

Steven Gerrard und Jürgen Klopp
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Steven Gerrard und Jürgen Klopp

Steven Gerrards Vertrag bei Villa läuft so lange wie Klopps in Liverpool

So spürt man auch das Selbstvertrauen Gerrards, wenn er nun seine neue Aufgabe bei Aston Villa angeht. Es scheint auch, dass sich Gerrard in dieser Zeit vom FC Liverpool emanzipiert hat. Unbestritten ist die Liebe zu seinem Stammverein groß - und die Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Aber Gerrard macht nicht den Eindruck, wonach Aston Villa ein schneller Seitensprung auf dem Weg nach Hause ist. "I'm all in", sagt Gerrard, wenn er nach seinen Zielen mit Aston Villa gefragt wird: "Ich kann den Fans, den Spielern und allen Mitarbeitern hier garantieren, dass ich, wenn ich mich zu etwas verpflichte, alles geben werde."

Nachgefragt über das Duell mit Liverpool am 11. Dezember, sagt er: "Ich will die maximale Punktzahl, die ich erreichen kann. Wir werden nach Anfield fahren, um zu gewinnen und drei Punkte zu holen. Das ist unser Maßstab und unsere Mentalität - wie in jedem anderen Spiel auch." Der Prozess von der Fußball-Legende zum Premier-League-Trainer ordnete auch die Emotionen und so kann er mit klarem Kopf seine schwierige Aufgabe angehen. Dass er irgendwann dann doch zum FC Liverpool wechselt? Stark anzunehmen.

Der Vertrag bei Aston Villa läuft bis 2024. Wie der eines wichtigen Ratgebers auch ...

Premier League: Tabelle nach dem 11. Spieltag

PlatzTeamSpieleTorePunkte
1FC Chelsea1127:426
2Manchester City (M)1122:623
3West Ham United1123:1323
4FC Liverpool1131:1122
5FC Arsenal1113:1320
6Manchester United1119:1717
7Brighton & Hove Albion1112:1217
8Wolverhampton Wanderers1111:1216
9Tottenham Hotspur119:1616
10Crystal Palace1115:1415
11FC Everton1116:1615
12Leicester City (P)1116:1815
13FC Southampton1110:1214
14FC Brentford (N)1113:1412
15Leeds United1111:1811
16Aston Villa1114:2010
17FC Watford (N)1112:1910
18FC Burnley1111:178
19Newcastle United1112:245
20Norwich City (N)115:265
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