Auswärtsspiel - die SPOX-Kolumne: Häme von Özil, historischer Fehlstart - Arsenal schießt nur noch mit Wasserpistolen

Von Fatih Demireli
FC Arsenal, International
© getty

Der FC Arsenal ist historisch schlecht in die Premier League gestartet und angeführt von Edel-Fan Mesut Özil wächst die Wut auf Trainer Mikel Arteta. Der Spanier hat einen Prozess eingeschlagen, den aber andere längst viel besser praktizieren. Arsenal fehlt nicht nur der Erfolg, sondern inzwischen auch eine klare Identität.

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Ob Mikel Amatriain Arteta aus San Sebastian je in seinem Leben Tischfußball gespielt hat, hat die Menschheit noch nicht erfahren. Es ist aber nicht auszuschließen, dass der 39 Jahre alte Spanier die verschiedenen Variationen der analogen Fußballsimulation kennt. Ob der klassische Tischkicker, Tipp-Kick oder Subbuteo - irgendetwas davon wird Arteta schon mal gesehen oder gar ausgeübt haben.

Dem oftmals in sehr vielen Bereichen bestens informierten Independent aus London wurde neulich gesteckt, dass Artetas Trainingseinheiten beim FC Arsenal "wie Subbuteo" wirken. Für die Informanten ist das Training "viel zu sauber" und nicht "schmutzig" genug.

Wem Subbuteo kein Begriff ist: Auf einem grünen Microfaser-Tuch, das 80 Zentimeter breit und 120 Zentimeter lang ist, wird in dieser englischen Variante des Tisch-Fußballs mit je zehn frei beweglichen Plastikfiguren und einem an einer Stange angebrachten Keeper der Sieger ausgespielt. Über fünf Millionen aktive Subbuteo-Spieler soll es weltweit und vor allem in England geben. Um sich dabei dreckig zu machen, müssten schon der Tee oder besser noch die Limo am Beistelltisch mit dem Ellbogen getroffen werden. Mehr Schmutz ist nicht drin.

Die subjektive Streuung der Beobachtung, wonach Artetas Trainingseinheiten das Niveau eines Microfaser-Fußballspiels mit Plastikfiguren haben sollen, erzeugt natürlich die Wirkung, die man erzielen will, wenn man über eine Fußballmannschaft urteilen will, die mit null Punkten und 0:9-Toren in die Saison gegangen ist und damit den schlechtesten Start der Klub-Geschichte hatte. Wer so trainiert, kann ja gar nicht erfolgreich sein. Das ist die Message.

Wer Arsenal beim jüngsten 0:5 bei Manchester City sah, könnte gar davon ausgehen, dass in Hertfordshire, wo sich das Arsenal-Trainingsgelände befindet, gar nicht trainiert wird. Die Londoner ergaben sich ihrem Schicksal und verschlossen sich gegen jegliche Art von Gegenwehr. Unwahrscheinlich, dass die Arsenal-Spieler Arbeitsverweigerung praktizierten. Sie waren einfach der Aufgabe nicht gewachsen. Nun kann man sagen, dass das gegen City schon mal passieren kann - und das stimmt sogar.

Aber auch gegen Aufsteiger Brentford, das am 1. Spieltag dieser Saison sein erstes Spiel in Englands höchster Klasse seit 74 Jahren bestritt, hatte Arsenal keinen blassen Schimmer, wie man sich wehren soll. Brentford, eine Mannschaft - so kreativ wie eine Steuererklärung - hatte keine spielerischen Mittel. Es reichte, körperliche Präsenz zu zeigen und Arsenal war schon am Ende seines Repertoires. Subbuteo?

FC Arsenal: 58,8 Millionen Euro für Ben White

Bei den Menschen, die es mit Arsenal gut meinen, wächst schon seit geraumer Zeit die Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Klubs. Das Arsenal der Gunners besteht derzeit aus Wasserpistolen. Man verbreitet Schrecken, aber der Schaden hält sich in Grenzen. Festgemacht wird der aktuelle Misserfolg vor allem an Trainer Mikel Arteta, der seit Dezember 2019 im Amt ist und Arsenal aus der Nichtigkeit in der Premier League führen sollte.

Das Profil passte eigentlich perfekt: Junger, innovativer Trainer, der zuletzt drei Jahre Pep Guardiola bei ManCity assistiert hatte und bei Arsenal Stallgeruch hatte. Arteta spielte fünf Jahre für den Klub und beendete dort als Liebling der Fans seine Karriere. Nach ewigen Jahren Arsene Wenger und dem Fehlversuch mit Unai Emery war eine neue Idee einfach wichtig.

Hört man in den Klub rein, sprechen sie hinter vorgehaltener Hand vom "Mini-Arsene". Das mag sich erst einmal ganz gut anhören, war Wenger der erfolgreichste Trainer der Klub-Geschichte, doch im Flurfunk ist nicht das Erfolgsgen des Franzosen gemeint, sondern dessen Manie, die totale Kontrolle haben zu wollen. Der Spanier hat ein außergewöhnliches Talent dafür, seine Vorstellungen durchzusetzen. Die Klubchefs lassen Arteta gewähren und erfüllen ihm jeden Wunsch. Allein in diesem Sommer gab Arsenal 147 Millionen Euro für neue Spieler aus. Kein Premier-League-Klub investierte mehr.

Der Ertrag liest sich wie folgt: Ben White kam für 58,5 Millionen Euro von Brighton & Hove, Martin Ödegaard wurde für 35 Millionen Euro von Real Madrid fest verpflichtet, Aaron Ramsdale kam für 28 Millionen Euro als Ersatztorhüter aus Sheffield, Albert Sambi Lokonga wurde in Anderlecht lange gesichtet und war Arteta 17,5 Millionen Euro wert. Nuno Tavares, geholt für die Position links hinten, war mit acht Millionen Euro vergleichsweise ein Schnäppchen. Doch Arsenal wirkt trotz der neuen Spieler nicht verstärkt. Es ist zwar bitter, dass Königstransfer White mit einer Corona-Erkrankung raus ist - die Einbrüche gegen Chelsea und ManCity erklärt die Abwesenheit des zweifelsfrei talentierten Abwehrspielers dennoch nicht.

Premier League: Die schlechtesten Saisonstarts nach drei Spieltagen

PlatzKlubSaisonTorePunkte
1FC Portsmouth09/101 : 6-9 (9 Punkte Abzug wg Lizenzverstößen)
2Middlesbrough96/974 : 5-1 (3 Punkte Abzug wg Lizenzverstößen)
3Leicester City01/020 : 100
4FC Arsenal21/220 : 90
5Wolverhampton03/041 : 100
6Norwich City21/221 : 100
7Swindon Town93/941 : 90
8West Ham Utd.10/111 : 90
9West Ham Utd.17/182 : 100
10Middlesbrough01/020 : 70
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