Die rätselhafte Situation von Mesut Özil beim FC Arsenal

In dieser Saison kam Mesut Özil lediglich beim Premier-League-Spiel beim FC Watford (2:2) zum Einsatz.
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Erst wird er überfallen, dann fehlt er krank, dann spielt er gut - und wird trotzdem aus dem Kader gestrichen. Was hat Trainer Unai Emery vor? Die Situation von Mesut Özil (30) beim FC Arsenal ist rätselhaft.

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"Kannst Du Mesut Özil in seinem eigenen Spiel bezwingen?", heißt es im Vorstellungs-Artikel auf der Apple-Homepage. Ja, Özil hat tatsächlich ein Handy-Spiel herausgebracht, vor rund zwei Wochen wurde es präsentiert. Um ihn zu bezwingen, sind 412 Punkte erforderlich, das ist Berichten zufolge Özils bisheriger Highscore.

"The Longest Kick" heißt das Spiel und das macht durchaus Sinn: es geht schließlich darum, den Ball so weit wie möglich nach vorne zu befördern. Grüne und gelbe Flaggen sind dabei förderlich, so lernt man es in der Anleitung zumindest, blaue dagegen hinderlich. Und die roten, die beenden das Spiel. "Du musst schnell und clever agieren", wird Özil zitiert. "Ich finde, der Spaß am Spiel steht an erster Stelle."

Mesut Özil: Turbulenter Sommer 2018, furchteinflößender Sommer 2019

Und damit vom App-Betreiber Mesut Özil zum Fußballprofi Mesut Özil. Bei dem steht der Spaß am Spiel nämlich schon seit geraumer Zeit nicht mehr an erster Stelle. Kurz: Es ist kompliziert.

Auf den turbulenten WM-Sommer 2018 (tosendes Vorrunden-Aus, noch tosenderer DFB-Rücktritt) folgte eine turbulente Saison mit dem FC Arsenal (enttäuschende Mannschaftsleistungen, noch enttäuschendere persönliche Leistungen). Mal war Özil krank, mal verletzt, mal auf der Bank und zwischendurch spielte er auch hin und wieder. Er tat das aber nicht so frei und locker wie früher.

Die vermeintliche Krönung der Saison wurde dann zum tatsächlichen Tiefpunkt: das Europa-League-Finale gegen den FC Chelsea. Arsenal verlor mit 1:4, Özil enttäuschte und wurde ausgewechselt. Dann der furchteinflößende Sommer 2019: Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Sead Kolasinac wurde Özil in London auf offener Straße überfallen, es kam zu Festnahmen vor seinem Haus, Özil stand unter Personenschutz.

Mesut Özil gegen Watford: "Boy, he didn't disappoint"

Spaß am Spiel durfte Özil beim Saisonauftakt gegen Newcastle United deshalb nicht haben. Wegen Sicherheitsbedenken stand er nicht im Kader. Dann war er wieder krank, hatte Trainingsrückstand und dann kam der vergangene Sonntag, dann kam sein Saisondebüt: Premier-League-Spiel gegen den FC Watford, Özil stand in der Startelf - und überzeugte.

"ALL eyes on the German", schrieb das englische Boulevardblatt Sun. "And boy, he didn't disappoint." Junge, er enttäuschte nicht! Özil spielte einige tolle Pässe, der tollste führte zum zwischenzeitlichen 2:0. Annahme mit rechts, perfekter Schnittstellenpass mit links auf Ainsley Maitland-Niles. Der legt den Ball dann in die Mitte, wo Pierre-Emerick Aubameyang einschoss.

Es war ein bisschen wie früher, als Özil der entscheidende Mann im System von Trainer Arsene Wenger war. Als er in der Premier-League-Saison 2015/16 unübertroffene 19 Assists lieferte. "We've got Özil, Mesut Özil ...", sangen die Fans damals - wie am Sonntag. Sie haben ihn immer noch, sie haben ihn wieder! Dachten sie.

Mag Unai Emery Mesut Özil? Oder mag er ihn nicht?

Trainer Unai Emery aber wechselte Özil Mitte der zweiten Halbzeit aus, wenig später kassierte Arsenal den Ausgleich. Über Özil sagte Emery danach nichts. Erst wieder bei der Pressekonferenz vor dem Europa-League-Spiel bei Eintracht Frankfurt, für das er ihn aus dem Kader gestrichen hatte. Für Özil wäre es seit seinem Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft das erste Spiel auf deutschem Boden gewesen.

Özil brauche "eine Pause", erklärte Emery. Nach nur einem Spiel? "Ja, das ist nötig." Özil soll "am Sonntag beim nächsten Spiel helfen", da geht es gegen Aston Villa (17.30 Uhr im LIVETICKER). Es erscheint aktuell völlig unklar, was Emery mit Özil plant. Mag er ihn? Oder mag er ihn nicht? Braucht er ihn? Oder braucht er ihn nicht? Womöglich kennt nicht einmal Emery selbst die Antworten.

In den vier Premier-League-Spielen vor Özils Saisondebüt ließ Emery zweimal im 4-2-3-1 und je einmal im 4-3-1-2 und 4-3-3 spielen. Gab es einen Zehner, spielten dort Dani Ceballos oder Joe Willock. Ein Emery-Transfer oder ein Eigengewächs. Zwei, die für einen Neuanfang stehen.

Mesut Özil geht in seine siebte Saison mit Arsenal

Auch für Özil deutete im Sommer zunächst einiges auf einen Neuanfang hin, einen persönlichen. Als er mit einem Abschied in Verbindung gebracht wurde, sagte Emery aber: "Wir brauchen ihn." Vielleicht aber muss er ihn auch brauchen, weil es keinen Verein gab, der Özils Gehalt von rund 400.000 Euro pro Woche übernehmen will. Özil ist schließlich der bestbezahlte Spieler in Arsenals Vereinsgeschichte und sein Vertrag läuft bis 2021.

Sein Gehaltsniveau verhinderte beispielsweise einen Wechsel zu Fenerbahce Istanbul. Der Klub sah sich deshalb sogar zu einem offiziellen Statement genötigt. Freundlich hieß es darin: "Mesut Özil, der unser Land mit seiner Karriere und seiner Haltung repräsentiert, hat für Fenerbahce einen besonderen Wert." Bestimmt aber auch: "Angesichts der ökonomischen Bedingungen ist es für beide Seiten nicht möglich, einen Schritt in diese Richtung zu unternehmen."

Laut der Washington Post weilte Özils Vater im August in Washington, um mit dem MLS-Klub DC United zu verhandeln. Ein Wechsel scheiterte aber, und so spielt er nun eben seine siebte Saison mit Arsenal, wo sein ehemaliger Teamkollege Per Mertesacker mittlerweile als Akademie-Leiter fungiert. Dem Guardian gab er neulich ein Interview, in dem er sagte: "Zuallererst liebt es Mesut, Fußball zu spielen. Das kommt nicht oft genug rüber."

Die Leistungsdaten von Mesut Özil in der Premier League

SaisonSpieleToreAssist
2013/1426510
2014/152246
2015/1635619
2016/1733810
2017/182649
2018/192452
2019/201--