Christian Pulisic und sein Start beim FC Chelsea: Der Musik hinterher

Christian Pulisic ist beim FC Chelsea derzeit keine Option für die Startelf.
© getty

Trainer Maurizio Sarri wusste in der vergangenen Saison laut eigener Aussage nichts davon, dass der 64-Millionen-Wechsel von Christian Pulisic zum FC Chelsea abgeschlossen worden war. Nun ist Sarri bei den Blues Geschichte - und unter seinem Nachfolger Frank Lampard hat der ehemalige BVB-Spieler einen schweren Stand.

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Ob Jürgen Klopp am vergangenen Sonntag ein paar Tränchen verdrückte, bleibt ungewiss. Angesichts des sechsten Siegs im sechsten Premier-League-Spiel der Saison wahrscheinlich nicht, beim Blick auf die Bank von Liverpools Gegner FC Chelsea dagegen schon eher. Dort saß nämlich sein ehemaliger Schützling Christian Pulisic - 90 Minuten lang.

Schließlich war es Klopp, der 2015 am Tag seiner Vertragsauflösung bei Borussia Dortmund folgenden Satz äußerte: "Ich könnte heulen, wenn ich sehe, was für Jungs hier in der Jugend rumlaufen, die ich aber nicht mehr trainieren werde."

Gemeint war unter anderem Pulisic. Beide verbindet seit jeher eine enge Beziehung, denn es war Klopp, der den damals 16-Jährigen ins Training mit den BVB-Profis eingliederte. Und es ist kein Geheimnis, dass Klopp mehrere Versuche unternahm, den US-Amerikaner zu den Reds zu holen. Beispielsweise gleich in seinem ersten Sommertransferfenster in England, doch die Liverpooler Offerte lehnten die Dortmunder rigoros ab.

Pulisic bei Chelsea zuletzt dreimal 90 Minuten auf der Bank

Dass der LFC in diesem Jahr auf einen Pulisic-Transfer verzichtete, liegt in erster Linie am mittlerweile hochkarätig besetzten Kader. Einen Pulisic hat es schlichtweg nicht gebraucht. So erhielt Chelsea kurz vor Beginn der eigenen Transfersperre den Zuschlag und entgegen den gewohnten Gepflogenheiten verriet der BVB auch stolz die Summe, die die Blues für den mittlerweile 21-Jährigen überwiesen: 64 Millionen Euro.

In Anbetracht dieser Dimension muss man als erstes Zwischenfazit konstatieren, dass Pulisic bei seinem neuen Klub noch der Musik hinterherläuft. Der Mittelfeldspieler saß zuletzt, es war die erste englische Woche für Chelsea, dreimal in Folge die gesamte Spieldauer draußen. Zwei dieser Partien gingen vor heimischem Publikum verloren (0:1 gegen Valencia in der Champions League, 1:2 gegen Liverpool), doch Trainer Frank Lampard sah keinen Grund, Pulisic einzuwechseln.

Lampard über Pulisic: "Seine Chancen werden kommen"

Überhaupt, die Trainer: Das Timing hätte für den Ex-Dortmunder in dieser Hinsicht kaum ungünstiger sein können. Unter Maurizio Sarri wurde Pulisic verpflichtet, und als der italienische Kettenraucher erstmals nach dem neuen Mann gefragt wurde, antwortet der: "Ich wusste nichts von Christian Pulisic. Der Klub hat mich vor gut einem Monat nach meiner Meinung über ihn gefragt, und sie war positiv. Ich habe heute erfahren, dass der Deal abgeschlossen wurde, aber ich wusste davon nichts."

Als Pulisic, der nach Bekanntgabe des Wechsels im Winter direkt bis Saisonende an den BVB zurückverliehen wurde, schließlich zu seinem neuen Team stieß, hatte Sarri London bereits verlassen. "Ich bin wirklich glücklich. Ich glaube, er kann ein sehr wichtiger Spieler für uns werden", ließ Sarri zuvor noch ausrichten, doch diese Aussage scheint aktuell nicht die Meinung von Neu-Coach Lampard abzubilden.

Der baut im Moment vor allem auf den formstarken Mason Mount - und dieser hat mit drei Toren in sechs Ligaspielen nun den Shootingstar-Status inne, der eigentlich für Pulisic angedacht war. Was für Pulisic noch zum Problem werden könnte: Mount und Lampard haben vergangene Saison bei Derby County in der Championship zusammengearbeitet. Der 20-Jährige wurde von Chelsea für eine Saison verliehen und hinterließ Eindruck bei seinem Trainer: In 44 Pflichtspielen war er an 17 Toren beteiligt (elf Treffer, sechs Vorlagen).

Lampard hatte mit der Pulisic-Verpflichtung also nichts zu tun und präferiert derzeit einen Spieler, der letzte Saison noch in der zweiten Liga kickte. Das Vertrauen in Mount scheint somit größer zu sein als jenes in Pulisic.

"Ich muss meine Entscheidungen treffen. Es gibt noch andere Leute auf der Bank. Christian ist auch ein junger Spieler. Seine Chancen werden kommen, er ist Teil meiner Planungen", versicherte Lampard zuletzt, nachdem er immer häufiger mit Fragen gelöchert wurde, weshalb der teure Neuzugang derzeit außen vor ist.

Pulisic schweigt - Hudson-Odoi scharrt mit den Hufen

In der vergangenen Woche hätte sich beinahe eine Tür für Pulisic aufgetan, auch wenn es sich um die Verletzung eines Konkurrenten handelte. Mount nämlich verstauchte sich im CL-Match gegen Valencia den Knöchel und musste nach 16 Minuten ausgewechselt werden. Statt Pulisic kam jedoch der 32-jährige Pedro in die Partie. Die Erfahrung in der Königsklasse habe den Ausschlag für die Einwechslung des Spaniers gegeben, argumentierte Lampard.

"Ich dachte, es würde eine Langzeitverletzung werden", sagte Mount zu seiner Blessur. "Dann aber behandelte ich es mit Eis und merkte, dass es nicht so schlimm war, wie ich zuerst dachte." Fünf Tage später stand Mount gegen Liverpool erneut in der Startelf. Und auch Willian hat die Nase vor Pulisic.

Was der über diese Entwicklungen und seinen momentanen Status denkt, erfährt man leider nicht. Der Kapitän der US-Nationalelf schweigt, weil er weiß, dass Aussagen von ihm den Konflikt vermutlich nur anheizen würden.

Die Wahrscheinlichkeit ist zumindest hoch, dass er am Mittwoch im League Cup gegen Grimsby Town (20.45 Uhr live auf DAZN) eine weitere Chance erhalten wird. Pulisic dürfte gut beraten sein, einen guten Auftritt hinzulegen. Schließlich scharrt mit Callum Hudson-Odoi, der nach einem Achillessehnenriss kürzlich sein Comeback in Chelseas U23 gab, bereits ein weiterer Konkurrent mit den Hufen.

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