Als Emmanuel Adebayor vom eigenen Bruder mit einem Messer bedroht wurde und sich selbst umbringen wollte

Von Filip Knopp
Emmanuel Adebayor während seiner Zeit bei Tottenham Hotspur.
© Imago Images/Hochzwei

Emmanuel Adebayor kann auf eine große Karriere zurückblicken, der Stürmer spielte unter anderem beim FC Arsenal, Manchester City, Real Madrid, Tottenham Hotspur. Privat hatte der Togolese aber oft Probleme, die eigene Familie nutzte ihn schamlos aus. Die Geldgier seiner Verwandten trieb den Stürmer in depressive Phasen.

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17.809 Zeichen mit 3560 Wörtern auf Englisch, 18.882 Zeichen mit 3405 Wörtern auf Französisch: Es war fast schon ein halbes Buch, das Emmanuel Adebayor einst auf Facebook postete, um der Welt von seinem privaten Leid zu erzählen.

Bis zu diesen Nachrichten im Jahr 2015 hatte Emmanuel Adebayor in der Öffentlichkeit immer den Eindruck gemacht, als wäre in seinem Leben alles Friede, Freude, Eierkuchen. Bei Arsenal, Manchester City, Real Madrid oder Tottenham Hotspur wurde der togolesische Stürmer nicht nur wegen seines sportlichen Könnens geschätzt, sondern auch wegen seines Naturells. In der Kabine war er nie jemand, der sich still in die Ecke zurückzog.

Adebayor, heute 36 Jahre alt und seit dem Ende seines letzten Engegements bei Olimpia Asuncion in Paraguay vereinslos, galt abseits des Platzes immer als Meister darin, gute Laune zu verbreiten. "Super Typ", beschrieb Mesut Özil ihn zu gemeinsamen Zeiten in Madrid einmal.

Emmanuel Adebayor: "War oft bereit, Selbstmord zu begehen"

Doch wie es nicht selten der Fall ist, sieht es in fröhlichen Menschen auch mal ziemlich düster aus. Es waren drei Postings in zwei Sprachen, mit denen Adebayor im Mai 2015 ausführlich über die Schattenseite seines Lebens schrieb: über die eigene Familie. "Oft wollte ich aufgeben. Fragen Sie meine Schwester Yabo, wie oft ich angerufen habe und bereit war, Selbstmord zu begehen", schrieb er unter anderem. Doch der Reihe nach.

Adebayor war keine 16 Jahre alt, als kurz vor der Jahrtausendwende absehbar war, dass er es im Fußball weit bringen könnte. Ab diesem Moment sah der Großteil seines Umfelds in ihm augenscheinlich nur noch eine Person, die viel Geld besitzt. Seine Eltern und sechs Geschwister erwarteten, dass er sie unterstützte. Man sei ja schließlich eine Familie und trage denselben Namen.

Laut eigener Aussage kaufte Adebayor seiner älteren Schwester Yabo für 1,2 Millionen Dollar ein Haus mit etwa 15 Zimmern, in dem auch Halbbruder Daniel leben durfte. Yabo schmiss Daniel aber raus und vermietete die Villa, um aus ihr fortlaufendes Kapital zu schlagen. Adebayor erfuhr von all dem nichts - bis er während eines Urlaubs zu seinem Entsetzen feststellte, dass etliche fremde Fahrzeuge in der Einfahrt standen. Er stellte seine Schwester zur Rede, wurde am Telefon aber 30 Minuten lang nur beschimpft - genauso wie anschließend von der eigenen Mutter.

Adebayor zu Brüdern: "Tötet mich und nehmt das Geld"

Kola, ein in Deutschland lebender Bruder, habe ihn derweil um Geld gebeten, um ein Unternehmen zu gründen. Ein Unternehmen, das scheinbar nie oder zumindest nicht lange existierte. Adebayor bekam davon zumindest nichts mit - und musste sich von ihm Jahre später, im Sommer 2013, anhören, er sei schuld an dem Tod des schwerkranken Bruders Peter, da er ihm keine besseren Lebensumstände ermöglicht habe.

Adebayor wies diese Vorwürfe zurück. Und behauptete im Gegenzug, dass Kola und Peter ihn hattten töten wollen. Des Geldes wegen. Sie hätten sich in der Automobilbranche selbstständig machen wollen, erhielten von dem Fußball-Star zu dessen Zeit bei der AS Monaco zwischen 2003 und 2006 aber nicht umgehend die dafür notwendigen finanziellen Mittel.

"Wir hatten Streit. Einen Tag später wachte ich nach einem Nickerchen auf und ein Messer wurde an meine Kehle gehalten. Als ich meine Augen öffnete, waren meine beiden Brüder da. Sie schrien und meinten, ich würde ihre Zeit verschwenden. Ich fragte sie: 'Ist das der einzige Weg, um dieses Problem zu lösen? Wenn ja, dann tötet mich und nehmt das Geld.' Erst in diesem Moment legten sie das Messer weg", so Adebayor.

Adebayor: Sein jüngerer Bruder klaute Uhr und Zidane-Trikot

Weil ihn seine Brüder mit Sprüchen wie "Blut ist dicker als Wasser" an die familiäre Verbindung erinnerten, brach Adebayor selbst nach diesem erschütternden Vorfall den Kontakt nicht ab. Die Wogen glätteten sich aber nicht. Nicht auf kurze Sicht, nicht auf lange Sicht. "Sie schickten auch einen Brief an meinen Klub, als ich in Madrid war, damit ich gefeuert werde", verriet der Torjäger.

Peter soll demnach "einen offiziellen Brief der Familie an den Klub" geschickt haben, "um zu sagen, dass man mich nicht halten soll", behauptete Adebayor, der von Januar bis Juni 2011 als Leihgabe von ManCity bei Real Madrid unter Vertrag stand.

Ein jüngerer Bruder, Rotimi, soll schon während Emmanuels Zeit in Metz von 2001 bis 2003 eine Cartier-Uhr im Wert von 45.000 Euro, die der Ältere an seine Mutter geschenkt hatte, geklaut und für etwa 800 Euro verkauft haben. Auch ein signiertes Trikot von Zinedine Zidane soll Rotimi geklaut und verkauft haben.

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Adebayor: "Sie gaben mir einige Male Lust, mich umzubringen"

Schon 2005 - in dem Jahr verstarb sein Vater Shadrack - war Adebayor darum bemüht, Frieden und Ordnung in die zerrüttete Familie zu bringen. Bei einem von ihm organisierten Treffen bekam er aber bloß neue Wünsche und Forderungen zu hören: Für jeden ein eigenes Haus, für jeden ein monatlicher Geldbetrag. "Heute bin ich noch immer am Leben und sie haben für den Fall, dass ich sterbe, erblich schon all meine Andenken verteilt", schilderte Adebayor 2015 die traurigen Verhältnisse.

"Sie gaben mir einige Male die Lust, mich umzubringen", gestand er 2017 in einem Interview mit dem französischen Magazin So Foot. "Es ist schwer zu ertragen, wenn du hart arbeitest, um eine Familie aus der Armut zu holen, aber sie immer noch gegen dich ist. Ich wechsle oft meine Telefonnummer, damit meine Familie mich nicht kontaktieren kann. Meine Fußballkarriere wird enden. Mein Familienname wird bleiben - zusammen mit diesen Leuten."

Emmanuel Adebayor: Seine Karrierestationen:

JahreVerein
2001 - 2003FC Metz
2003 - 1/2006AS Monaco
1/2006 - 6/2009FC Arsenal
7/2009 - 1/2011Manchester City
1/2011 - 6/2011Real Madrid
7/2011 - 6/2015Tottenham Hotspur
1/2016 - 7/2016Crystal Palace
1/2017 - 8/2019Istanbul BB
8/2019 - 12/2019Kayersispor
2/2020 - 7/2020Olimpia Asuncion