Russland-Sanktionen: Doping-Experte Fritz Sörgel kritisiert Sonderrolle des Fußballs

Von Martin Volkmar
Fritz Sörgel hat einen wichtigen Teil des WADA-Beschlusses gegen Russland kritisiert
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Der bekannte Doping-Experte Fritz Sörgel hat im Gespräch mit SPOX und Goal einen wichtigen Teil des WADA-Beschlusses gegen Russland kritisiert. Er befürchtet zudem die Einflussnahme von IOC-Präsident Thomas Bach.

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"Es ärgert mich, dass der Fußball wieder eine Sonderrolle spielt. Ich bin gespannt, welche Argumente die FIFA noch parat hat, um Russland dann doch bei der WM 2022 in Katar starten zu lassen. Etwa analog der russischen Eishockey-Nationalmannschaft, die statt ausgeschlossen zu werden unter neutraler Flagge bei den Olympischen Winterspielen 2018 die Goldmedaille gewonnen hat", sagte Sörgel.

"Noch gravierender ist ja, dass die EM im nächsten Jahr in St. Petersburg überhaupt nicht betroffen ist. Das ist typisch für den Fußball, dass hier alles versucht wird, um Sanktionen zu umgehen."

Die Welt-Anti-Doping-Agentur hatte die UEFA und deren Wettbewerbe von ihrem Vierjahres-Bann gegen alle russischen Sportverbände ausgeschlossen, da es sich dabei nur um kontinentale und somit regionale Ereignisse handele. Somit kann sowohl die EM-Vorrunde 2020 mit Gastgeber Russland in St. Petersburg als auch das Champions-League-Finale 2021 an gleicher Stelle stattfinden.

Sörgel: Hätte Argumente für Acht-Jahres-Bann gegen Russland gegeben

Generell begrüßte Sörgel aber die Entscheidung der WADA. "Es hätte natürlich Argumente gegeben, dass man Russland analog zur Einzelbestrafung bei Doping aufgrund des Wiederholungsfalls für acht Jahre sperrt. Ich finde das Urteil aber jetzt schon drastisch, da eine Sportnation für vier Jahre von den wichtigsten Ereignissen ausgeschlossen wird. Wenn das Urteil Bestand hat."

Was der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg meint: Russland wird den Beschluss vermutlich vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anfechten. "Auch vor dem CAS gilt der Spruch: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Russland wird natürlich versuchen, das Urteil abzuschwächen", sagte er und befürchtet in diesem Zusammenhang auch eine Einflussnahme von IOC-Präsident Thomas Bach.

"Ich bin skeptisch, ob es bis zu den Sommerspielen in Tokio eine Entscheidung des CAS gibt. Zumal es sich hierbei ja um ein Schiedsgericht handelt, das von beiden Seiten besetzt wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch eine Entscheidung pro Russland und damit ganz im Sinne von Thomas Bach ermöglicht wird. Bach ist in solchen Sachen gewieft", meinte Sörgel, der generell die hoch komplexe Beweislage als größte Schwierigkeit bei der Urteilsfindung ausgemacht hat: "Das Hauptproblem beim CAS sehe ich darin, dass es in einer Sache urteilen muss, die Kenntnisse im Bereich der Informationstechnologie erfordert, für die man sicher nicht leicht kompetente Gutachter bekommen wird. Denn die zentrale Frage ist doch, wie wurden digitale Daten wiederholt manipuliert und zwar auf höchstem Geheimdienst-Niveau."

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