Nach Beinahe-Karriereende: Die sagenhafte Wiederauferstehung des Santi Cazorla

Von Gianluca Fraccalvieri
Santi Cazorla erlebt beim FC Villareal aktuell seinen dritten Frühling.
© getty

Santi Cazorlas Karriere schien nach seiner schlimmen Verletzung im Dress des FC Arsenal bereits gelaufen. Die Ärzte prophezeiten ihm das Schlimmste, doch der Edeltechniker gab nie auf - und spielt mit 34 Jahren sogar wieder in der spanischen Nationalmannschaft.

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Die Buchstaben "I, n, d" trägt Santi Cazorla auf dem Unterarm, "i, a" zieren seine Ferse. Was einst den Namen seiner Tochter für ewig auf seinem Arm symbolisieren sollte, steht heute sinnbildlich für seine lange und beinahe aussichtslose Leidenszeit. Und das kam so:

Ende 2016 zog sich Cazorla bei einem Champions-League-Spiel mit dem FC Arsenal gegen Ludogorez Rasgrad eine folgenschwere Verletzung zu. In der 20. Minute bekam er einen Schlag auf den Knöchel, spielte unter Schmerzen weiter und riskierte damit seine gesamte Karriere. 636 Tage stand er daraufhin nicht auf dem Platz.

Cazorla musste zehn Operationen über sich ergehen lassen - im Zuge dessen wurde ihm Haut vom Unterarm an die Ferse transplantiert, weil eine Infektion dort große Teile seines Gewebes aufgefressen hatte und fast für eine Amputation gesorgt hätte. Haut, auf der der Name seiner Tochter steht. "Ich bin wie ein Puzzle", erklärte er 2018 in einem Interview mit dem Guardian. Und tatsächlich grenzt es an ein Wunder, dass Cazorla heute über jene Verletzung scherzen kann, die sein ehemaliger Trainer Arsene Wenger als die schlimmste bezeichnete, die er je gesehen habe.

Oft wollte Cazorla aufgeben: "Ich sagte zu meiner Familie: 'Es ist vorbei. Morgen sage ich Juancar, dem Physio, dass ich nicht mehr kann.'" Er gab aber nie auf, obwohl die Ärzte wenig Hoffnung hatten. "Vergiss das Fußballspielen! Konzentriere dich lieber darauf, zurück in ein normales Leben zu finden, um irgendwann wieder mit deinen Kindern spazieren oder spielen zu können", sagten sie. Doch er vergas das Fußballspielen nie und das sollte sich lohnen.

Nun ist Cazorla 34 Jahre alt, Stammspieler bei seinem Heimatverein FC Villarreal, für den er in dieser Saison bereits vier Tore, darunter ein traumhaftes gegen den FC Barcelona, und drei Assists verzeichnete. Und er ist sogar zurück in der spanischen Nationalmannschaft, mit der er am Samstag auf Norwegen trifft (20.45 Uhr live auf DAZN). Er glänzt wieder mit all den Fähigkeiten, die ihn vor seiner Verletzung ausgezeichnet hatten.

Santi Cazorla: Fanliebling beim FC Arsenal

Cazorla entsprach nie dem klassischen Prototypen eines echten Weltstars: Als zu klein, zu schmächtig und zu langsam wurde er in seinen Jugendjahren oft gescholten. Was er aber an körperlichen Attributen vermissen ließ, machte er mit Raffinesse, Übersicht und Spielverständnis wieder wett.

Nach vielen erfolgreichen Jahren bei Villarreal kehrte Cazorla 2011 seinem Heimatverein den Rücken und schloss sich dem neureichen FC Malaga an, wo er sich mit starken Leistungen in den Fokus der großen Klubs der Welt spielte. Eine Saison später wechselte er zu Arsenal und stieg dort sofort zum Fanliebling auf. Er begeisterte mit filigraner, beinahe mühelos wirkender Ballbehandlung. "Seine Fähigkeiten am Ball sind absolut unglaublich anzusehen, aber an seiner Seite zu stehen, ist noch viel besser", schwärmte Ex-Teamkollege Per Mertesacker.

Doch dann die Verletzung. Arsenal unterstützte seinen Fanliebling zwar so gut es ging, verlängerte zwischenzeitlich gar seinen Vertrag, doch er sollte niemals mehr für Arsenal spielen. Nach der Saison 2017/18 verließ er den Klub und kehrte heim zu Villarreal.

Santi Cazorla bei Villareal: Die Magie kehrt zurück

Tausende Fans strömten ins Stadion, um seine Rückkehr live mitzuerleben - und sie wurden nicht enttäuscht. Ein Zauberer brachte eine riesige Glasröhre inmitten des Madrigal zum Blitzen und Rauchen, ehe sich unter tosendem Applaus der Masse Cazorla aus den Rauchschwaden erhob. "Ich musste mich 45 Minuten schwitzend in diesem engen Gefäß verstecken. Mein Rücken hat höllisch wehgetan", erinnerte sich Cazorla im Guardian. "Die Präsentation war zwar großartig, aber ich dachte mir, dass ich Samstag trotzdem nicht spielen kann."

Denkste! Cazorla stand bei der folgenden Partie in der Startelf, absolvierte in der gesamten vergangenen Saison 47 Pflichtspiele, kam dabei auf sieben Tore sowie elf Assists und mauserte sich zum Leistungsträger und Kapitän. Die Verlängerung des ursprünglich nur ein Jahr geltenden Vertrages war Formsache. Bis 2020 läuft sein aktueller Kontrakt, doch dabei soll es nicht bleiben. Cazorla hat schließlich einige Monate als Fußballer nachzuholen.

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