Lautaro Martinez steht für Argentiniens XXL-Umbruch: Das neue Licht in Messis Schattenland

Lautaro Martinez und Lionel Messi jubeln bei der Copa America.
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Lautaro Martinez ist Hoffnungsträger einer Fußball-Nation, die im Schatten von Lionel Messi steht. Das klingt paradox, in Anbetracht des XXL-Umbruchs in der argentinischen Nationalmannschaft aber auch plausibel.

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Angespannt und unerfreulich ist die Lage beim DFB-Team. 13 Ausfälle - so etwas hat es laut Joachim Löw "noch nie gegeben". Sein Gegenüber, Lionel Scaloni, kann davon ein Lied singen. Denkt man an Argentinien, denkt man an Stars. Ein Blick in den Kader der Albiceleste wirft jedoch Fragen auf. Vor allem: Wo sind die Stars?

Am Mittwoch tritt Argentinien im Testspiel gegen Deutschland (20.45 Uhr im LIVETICKER) ohne Lionel Messi, Mauro Icardi, Gonzalo Higuain, Angel Di Maria und Sergio Agüero an. Dazu fehlen alle Spieler der heimischen Top-Klubs Boca Juniors und River Plate, denn der anstehende Superclasico im Copa-Libertadores-Halbfinale Ende Oktober wird als wichtiger erachtet.

Die großen Namen in der argentinischen Seleccion sind am Mittwoch Paulo Dybala, Leandro Paredes und Lautaro Martinez. Letzterer gilt als Hoffnungsträger der Albiceleste, spätestens nach seinem Hattrick innerhalb von 13 Minuten beim 4:0-Sieg über Mexiko im September.

Lautaro Martinez und Lionel Messi jubeln bei der Copa America.
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Lautaro Martinez und Lionel Messi jubeln bei der Copa America.

Lautaro Martinez: Nationaltrikot trägt man nicht jeden Tag

Martinez steht für den Umbruch, den Trainer Scaloni unübersehbar einleiten will. Martinez ist jung, hungrig und bis in die Haarspitzen motiviert. "Ich bin immer noch aufgeregt, weil man dieses Trikot nicht jeden Tag trägt", sagte er nach seiner Gala im vergangenen Monat.

Der Stolz, für die Albiceleste spielen zu dürfen, schien in den vergangenen Jahren nach bitteren Niederlagen und erfolglosen Turnieren geschwunden zu sein. Phlegmatisch und undynamisch wirkten die Auftritte der Argentinier.

Mit Scaloni soll das Spiel der Südamerikaner wieder kraftvoller und zielstrebiger werden. Dabei verzichtet er auf alternde Stars (Messi ausgenommen) und setzt stattdessen auf die nächste Generation. Auf Spieler wie Lautaro "El Toro" (der Stier) Martinez.

Lukaku passt besser zu Martinez als Kumpel Icardi

Der 22-Jährige ist auf dem besten Weg, seinem Status als Youngster zu entwachsen. Er spielt aktuell seine zweite Saison bei Inter Mailand, seine zweite im europäischen Spitzenfußball. Martinez brauchte Anlaufzeit, um sich an den schnelleren und anspruchsvolleren Fußball zu gewöhnen.

Mittlerweile ist er in Mailand zu 100 Prozent angekommen. "Er wird von den Fans sehr geliebt, er ist fast ein Idol", sagt Inter-Experte Renato Maisani von Goal. Das läge vor allem an der vorbildlichen Arbeitseinstellung des Angreifers. Scaloni bezeichnete ihn einst als Tier.

Die veränderten Umstände in Mailand tragen ihren Teil zu Martinez' Entwicklungssprung in dieser Saison bei. Trainer Antonio Conte ist ein großer Fan des Youngsters und baut im 3-5-2-System auf ihn. Plus: Icardi ist weg. Das klingt erstmal nach einem Nachteil, denn der ehemalige Inter-Kapitän ist eng mit Martinez befreundet, er nahm seinen Landsmann in Mailand an die Hand. Doch der Abgang bedeutete auch mehr Verantwortung und Spielanteile für Martinez.

Auch spielerisch ergänzen sich Martinez und Romelu Lukaku besser - der Belgier als klassischer Stoßstürmer und der Argentinier als hängende Spitze mit Spielmacher-Qualitäten. "Lukaku und Lautaro sind das perfekte Duo", meint auch Maisani. Icardi und Martinez ähneln sich zu sehr, auch wenn Icardi weniger in den Spielaufbau involviert war.

Romelu Lukaku und Lautaro Martinez - Inters neues Traum-Duo.
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Romelu Lukaku und Lautaro Martinez - Inters neues Traum-Duo.

Lautaro Martinez - der mitspielende Wandspieler

Martinez lässt sich ähnlich wie Roberto Firmino beim FC Liverpool tief fallen, beteiligt sich am Aufbau und ist immer gut für einen besonderen Moment, etwa einem unerwarteten Schnittstellenpass mit dem ersten Kontakt.

Genauso agiert er aber auch als Wandspieler in vorderster Linie. Er mag mit 1,74 Meter wie ein Spielball für Abwehr-Berge wie Virgil van Dijk wirken, ist physisch aber stark genug, um Bälle zu halten. Gerade bei flachen Anspielen kann er den Angriff gewinnbringend verzögern und dann seine Mitspieler in Szene setzen. Oder aber er legt sich den Ball mit dem ersten Kontakt am Gegner vorbei und kreiert selbst. Dank seines tiefen Körperschwerpunkts ist diese Bewegung sehr schwer zu verteidigen und schon beinahe zum Markenzeichen von Martinez geworden.

Wie bei jedem Stürmer seines Typs gibt es genügend Kritiker, die nur die vergleichsweise geringe Torausbeute sehen. In 44 Spielen für Inter traf er "nur" zwölf Mal. "Es heißt, er könnte seinen Killerinstinkt noch verbessern, aber er spielt oft weit vom Tor weg, also ist es das nicht wirklich eine Schwäche", erklärt Maisani.

Lautaro Martinez im Steckbrief

geboren22. August 1997 in Bahia Blanca
Größe1,74 m
Gewicht72 kg
PositionSturm
starker Fußrechts
StationenRacing Club Jugend, Racing Club, Inter Mailand
Serie-A-Spiele/Tore44/12

Gesamtpaket bei Lautaro Martinez stimmt

Bei der Nationalmannschaft wird Martinez meist als Sturmspitze eingesetzt. Und siehe da: 13 Spiele, neun Tore. Die Kritik ist haltlos. Nicht grundlos war der FC Barcelona im Sommer um Martinez bemüht. Nicht grundlos wollten Real Madrid, Atletico und der BVB schon bedeutend früher beim damaligen Racing-Club-Talent zuschlagen. Das heißt jedoch nicht, dass Martinez der vollkommende Heilsbringer der Albiceleste ist.

Er ist immer noch erst 22 Jahre alt, was man seinem Spiel schon anmerkt. Hier und da ist er ein wenig zu verspielt, zu ballverliebt. Auch wenn das Tempodribbling zu seinen Stärken zählt, wählt er mit Ball am Fuß oft noch die falsche Entscheidung.

Doch Talent, Einstellung und die aktuelle Situation bei Inter passen zusammen, sodass Martinez vom Jungbullen zum echten El Toro werden kann.

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