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Martin Hinteregger im Interview: "Ich gehe auch mal mit einer Jagdjacke in die Kabine"

Von Daniel Herzog
Martin Hinteregger posiert neben einer Ritterrüstung.
© getty
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Huub Stevens hat Sie zum Profi gemacht. Können Sie sich noch an das erinnern, was er Ihnen vor Ihrem ersten Spiel gesagt hat?

Hinteregger: "Junge, du kannst keinen Fehler machen. Wenn du einen Fehler machst, dann war das mein Fehler." Dieser Satz war so wichtig für mich. Er war einer der wichtigsten Trainer für mich und das wird er immer bleiben. Ich gehe für einen Trainer durchs Feuer, wenn die Chemie stimmt.

Martin Hinteregger im Steckbrief

geboren07. September 1992 in Sankt Veit an der Glan
Größe1,86 m
Gewicht78 kg
PositionInnenverteidiger
starker Fußlinks
StationenSGA Sirnitz Jugend, Salzburg Jugend, RB Salzburg, Borussia Mönchengladbach, FC Augsburg, Eintracht Frankfurt
Bundesligaspiele/-tore123/12

Martin Hinteregger: "Salzburg war ein toter Verein"

Wie beurteilen Sie also das RB-Modell?

Hinteregger: Salzburg war ein toter Verein und jemand hat Geld reingesteckt. Wie dort gearbeitet wird, ist ein Vorbild für viele Vereine in Europa. Ich beschäftige mich immer noch mit Salzburg, dort spielen noch einige Freunde.

Jetzt stehen die Europa-League-Spiele gegen Ihren alten Klub an.

Hinteregger: Ich dachte im ersten Moment: Oh nein, bitte nicht! Im Herbst waren sie in einer brutalen Verfassung, da wäre es richtig schwer für uns geworden. Das ist jetzt immer noch so, aber ohne Haaland und Minamino sind sie schon etwas geschwächt. Aber das Kollektiv ist immer noch fantastisch. Der Trainer und ich müssen unserer Mannschaft beibringen: Das ist zwar Österreich, aber die sind verdammt gut!

Von Salzburg ging es dann für Sie nach Gladbach. War das die schwierigste Zeit Ihrer Karriere?

Hinteregger: Nein, es gab sehr viel Vertrauen in mich, speziell von Max Eberl. Ich bin nicht fit nach Gladbach gekommen, war zuvor drei Monate verletzt und konnte meine Leistung nicht bringen. Dieses halbe Jahr ist nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe und das wurmt mich noch heute. Es tut mir immer noch weh und leid.

In Augsburg lief es zuerst sehr gut und am Ende dann nicht mehr für Sie.

Hinteregger: Wir hatten eine gute Mannschaft und konnten an den Europa-League-Plätzen kratzen. In Augsburg ist das Ziel immer erst der Klassenerhalt. Aber ein Fußballerleben ist kürzer als das eines Vereins. Ich wollte in den Europapokal - das habe ich mit der Eintracht geschafft. Der Verein möchte sich stetig weiterentwickeln. Zu so einem Verein passe ich, denn das möchte ich auch.

Waren Sie denn schon immer so ambitioniert?

Hinteregger: Jetzt wird es viele geben, die sagen: "Dem war schon immer alles scheißegal". Aber das stimmt nicht. Ich bin sehr ehrgeizig. Vielleicht gehe ich nicht so oft in den Kraftraum, aber ich weiß, was ich brauche, um Leistung zu bringen.

Martin Hinteregger bejubelt seinen Treffer gegen den FC Bayern.
© imago images
Martin Hinteregger bejubelt seinen Treffer gegen den FC Bayern.

Martin Hinteregger plagten Schlafstörungen

Sind Sie selbstkritisch?

Hinteregger: Ich bin sehr selbstkritisch und nehme mich selbst sehr hart ran. Auch nach gewonnenen Spielen bin ich oft genug schlaflos.

Sie hatten Schlafstörungen.

Hinteregger: Es gab Phasen, da habe ich einen Monat lang vielleicht eine oder zwei Stunden am Tag geschlafen. Das war reinstes Kopfkino im Bett, das macht einen fertig. So konnte es nicht weitergehen. Ich war nicht zu feige, mir diesbezüglich Hilfe zu holen. Die Gespräche mit einer Psychologin haben mir gutgetan. Jetzt habe ich wieder ein normales Schlafverhalten. Das ist aber nicht nur mein persönliches Problem. Es gibt viele Fußballer oder generell Menschen, die in ähnlichen Drucksituationen sind und denen es genauso geht.

Kann man über so ein sensibles Thema offen in der Kabine sprechen?

Hinteregger: Es gibt diese ein, zwei Freunde, mit denen man viel unternimmt. Mit denen kann man schon darüber reden. Aber generell kommt Schwäche zeigen im Fußball-Business eher selten vor.

Wie haben Sie es geschafft, mit dem Druck umzugehen?

Hinteregger: Ich habe Druck, aber ich bin kein Top-Star. Wie geht einer wie Cristiano Ronaldo mit Druck um? Oder Toni Kroos? Oder die Spieler vom FC Bayern? Dann beruhige ich mich wieder. Ich spiele bei Frankfurt, das ist gut so, aber ich bin kein Star. Es gibt so viele Sportler, die zehn Mal so viel Druck haben wie ich. Das hilft mir dann.

Warum läuft es in Frankfurt so gut?

Hinteregger: Ich fühle mich hier zu Hause, ich mag die Leute, die Mannschaft und den Trainer. Es gibt ein riesiges Vertrauen vom Verein. Das alles beeinflusst die Leistung. Ich bin ein extremer Kopfmensch. Wenn es dem Kopf gut geht, kannst du auch deine Leistung bringen.

Hinteregger: "Du kannst nicht drei Tage vor dem Spiel feiern"

Seit Sommer arbeiten Sie mit einem neuen Berater zusammen. Wollten Sie damit auch Ihr Image wechseln?

Hinteregger: Ich habe keinen neuen Berater. Und es geht auch nicht um mein Image, das ist, glaube ich, gut. Vielleicht nicht in den Medien, aber den Leuten da draußen gefällt's.

Bereuen Sie nichts?

Hinteregger: Doch. Du kannst nicht drei Tage vor dem Spiel Geburtstag feiern gehen. Das geht nicht, das war vielleicht nicht die beste Aktion. Aber andererseits: Ich habe niemanden niedergeschlagen oder weh getan. Ich war Geburtstag feiern. Aber in Österreichs Zeitungen schien es der größte Skandal oder das größte Problem der Welt zu sein. Wenn das das größte Problem ist, das wir haben, dann geht es uns ziemlich gut.

Auch Österreich ist politisch sehr aufgeheizt, Leute gehen auf die Straße. Würden Sie auch für etwas auf die Straße gehen?

Hinteregger: Das Fußballgeschäft ist schon schwer, aber Politik ist noch spezieller. Überall, wo viel Geld und viel Macht im Spiel ist, ist das so. Und in der Politik geht es noch mehr um Geld und Macht. Ich habe nicht so die Ahnung davon, aber vielleicht ist es auch besser, wenn man nicht so viel darüber weiß. Ich bin jedenfalls froh, dass ich damit nichts zu tun habe.

Sie besitzen jetzt immerhin ein Smartphone.

Hinteregger: Das musste ich mir beim Wechsel nach Frankfurt zulegen, wir nutzen damit eine App, die unsere Termine koordiniert. Da gab es kein Pardon. Ich habe immer noch ein iPhone 4. Meine Teamkollegen belächeln mich deswegen, aber das passt schon so.

Sie verweigern sich aber weiterhin den sozialen Medien. Warum finden Sie die so gefährlich?

Hinteregger: Ich bin nicht neugierig und möchte mich nicht in Szene setzen. Wenn ich ein Spiel verliere, setze ich mich lieber mit zwei Freunden hin und trinke ein Bier, statt auf einen meiner Posts 100.000 Kommentare durchzulesen. Das ist doch verrückt. Sollte ich irgendwann das Verlangen danach haben, dann nutze ich vielleicht auch die sozialen Medien. Vielleicht mache ich mal eine Fan-Page oder so. Aber derzeit habe ich daran kein Interesse.

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