EM

Starke Belgier schießen Ungarn heim

Kevin De Bruyne bereitete mit seinem Freistoß den Treffer zum 1:0 vor
© getty

Belgien hat sich durch einen 4:0 (1:0)-Sieg gegen Ungarn im Achtelfinale der EM 2016 in Frankreich für das Viertelfinale qualifiziert. Dort trifft das Team um den Ex-Wolfsburger Kevin De Bruyne auf Wales.

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Vor 28.921 Zuschauern im Stadium Municipal von Toulouse brachte Toby Alderweireld die Belgier nach einem Freistoß von Kevin De Bruyne per Kopf früh in Führung (10.). In der Folge vergab Belgien einige hochkarätige Chancen, ehe Michy Batshuayi kurz nach seiner Einwechslung zum 2:0 traf (78.). Eden Hazard stellte auf 3:0 (79.), Yannick Ferreira-Carrasco besorgte schließlich das 4:0 (90+1.).

Durch den Sieg baute Belgien seine beeindruckende Serie gegen Ungarn aus. Letztmals konnten die Magyaren die Roten Teufel in einem Freundschaftsspiel 1958 besiegen. Seitdem setzte es sieben Niederlagen und zwei Remis.

Belgien trifft nun im Viertelfinale am Freitag um 21 Uhr in Lille auf Wales, das sich in seinem Achtelfinale gegen Nordirland durchsetzen konnte. Dabei müssen die Roten Teufel auf Thomas Vermaelen verzichten, der gegen Ungarn seine zweite Gelbe Karte sah und gesperrt fehlen wird.

Die Reaktionen:

Bernd Storck (Trainer Ungarn): "Ich möchte gar nicht über das Spiel sprechen - wir wussten, dass wir gegen einen ganz starken Gegner spielen. Ich möchte meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Es war ein Spiel auf Messers Schneide. Aber der Sieg ist natürlich verdient - aber trotzdem bin ich sehr glücklich über die Leistung, die mein Team hier gezeigt hat. Wir verlassen die EURO mit erhobenem Kopf. Wir wurden leider nicht belohnt."

Marc Wilmots (Trainer Belgien): "Es gibt immer Dinge, die zu verbessern sind. Wir brauchen nach wie vor zu viele Chancen. Ich habe meinen Spielern gesagt, dass sie ruhig bleiben sollen. Allerdings haben wir den Ungarn zu viele Chancen ermöglicht."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Der deutsche Trainer Bernd Storck stellt seine Ungarn im Vergleich zum abschließenden Gruppenspiel gegen Portugal (3:3) auf zwei Positionen um. Links hinten beginnt Kadar statt Korhut, im defensiven Mittelfeld Nagy statt Elek. Eigentlich hätte auch Kleinheisler in die Mannschaft rücken sollen, doch der Neu-Bremer verletzte sich beim Aufwärmen. Für ihn startet Pinter.

Auf Seiten Belgiens gibt es nach dem 1:0-Sieg gegen Schweden nur einen einzigen Wechsel in der Startformation. Marc Wilmots schickt auf dem rechten Flügel statt Ferreira-Carrasco Mertens ins Rennen.

10., 1:0, Alderweireld: De Bruyne bringt einen Freistoß aus dem linke Halbfeld hoch in den Strafraum. Dort lässt Lovrencsics Alderweireld entwischen, der völlig unbedrängt einköpft.

15.: Bei einem schnellen Konter der Belgier schickt Lukaku auf der rechten Seite De Bruyne in die Tiefe. Er zieht in den Strafraum, scheitert mit seinem Abschluss aber an Kiraly, der den Winkel gut verkürzt.

17. Courtois will einen Rückpass von Vertonghen direkt weiterspielen, rutscht aber im Sechzehner aus. Die Kugel kullert an ihm, aber auch knapp rechts neben dem Tor vorbei. Riesen-Glück für Belgien!

25.: Mertens bekommt den Ball über rechts in die Tiefe und zieht in den Strafraum. Hazard und De Bruyne lauern auf den Querpass, die Hereingabe von Mertens kommt aber viel zu nah vors Tor und landet in den Armen von Kiraly.

35.: De Bruyne schießt einen Freistoß aus halbrechter Position, etwa einen Meter außerhalb des Strafraums direkt. Kiraly ist mit den Fingerspitzen dran und lenkt die Kugel an den Querbalken.

39.: Nagy schirmt die Kugel in halblinker Position für Lovrencsics ab. Der Mittelfeldmann visiert mit seinem Gewaltschuss das rechte Kreuzeck an. Der Ball zischt aber einen knappen Meter über das Tor.

41.: Nach einer zu kurzen Kopfballabwehr aus dem Strafraum nimmt Dzsudzsak den Ball zentral vor dem Kasten runter und probiert's mit links flach Richtung rechtes Eck - Zentimeter vorbei!

42.: Hazard bekommt in zentraler Position vor dem Strafraum viel zu viel Platz, rechts winkt Mertens und bekommt die Kugel auch. Kiraly verkürzt geschickt den Winkel und pariert den wuchtigen Schuss mit einer Hand.

46.: Hazard spielt Lang auf der rechten Abwehrseite schwindelig und visiert aus spitzem Winkel das kurze Eck an - Kiraly reißt eine Faust hoch und wehrt zur Ecke ab.

54.: Nach einer herrlich getimten Flanke von Dzsudzsak steigt Szalai am ersten Pfosten hoch, wird beim Abschluss aber von Vermaelen gestört, der den Ball in höchster Not zur Ecke abfälscht.

66.: Pinter lässt in zentraler Position vor dem Strafraum Witsel mit einem simplen Haken ins Leere laufen und zieht mit links ab. Alderweireld bringt noch den Fuß dazwischen und fälscht die Kugel ab, sodass Courtois zwei Schritte nach hinten machen muss und das Leder gerade noch so mit einer Hand über die Latte lenkt.

68.: Eine Freistoß-Hereingabe aus halblinker Position rutscht bis an den zweiten Pfosten durch, wo Juhasz die Kugel in aller Seelenruhe verarbeiten kann und flach draufhält - Zentimeter links vorbei!

78., 2:0, Batshuayi: Kurz nach seiner Einwechslung sticht Joker Batshuayi! Mindestens die Hälfte des Treffers gehört aber Hazard, der sich den Ball im Anschluss an eine Ecke über links in den Strafraum vorlegt und in der Mitte Batshuayi findet. Der eingewechselte Angreifer muss nur noch den Fuß hinhalten und trifft zum 2:0 für Belgien!

79., 3:0, Hazard: Hazard krönt seine überragende Leistung mit einem eigenen Treffer und besorgt die endgültige Entscheidung! Belgien kontert blitzschnell über drei Stationen und die Kugel landet bei Hazard, der von links parallel zur Strafraumgrenze in die Mitte zieht und den Ball flach rechts unten ins Eck setzt - keine Chance für Kiraly!

90+1., 4:0, Ferreira-Carrasco: Gnadenlos effizient spielt Belgien auch den letzten Angriff der Partie zu Ende: Nainggolan steckt bei einem Konter aus dem Zentrum nach halbrechts für Ferreira-Carrasco durch und der eingewechselte Mittelfeldmann trifft flach ins kurze Eck zum 4:0!

Fazit: Belgien begann äußerst druckvoll und drängte Ungarn von Beginn an in die Defensive. Nach dem Seitenwechsel blieb das Spiel ähnlich ereignisreich wie im ersten Durchgang, wobei die Ungarn nun deutlich mehr Spielanteile verzeichneten - die sie jedoch nicht in Zählbares ummünzen konnten. Als den Ungarn die Luft ausging, entschied Belgien mit einem Doppelschlag das Spiel.

Der Star des Spiels: Eden Hazard. Der Mittelfeldspieler präsentierte sich stets anspielbar und ballsicher. Er war der prägende Akteur der Belgier. Den Treffer zum 2:0 bereitete der Chelsea-Spieler sehenswert vor, das 3:0 erzielte er selbst. Für einen offensiven Mittelfeldspieler gewann Hazard beeindruckende knapp 90 Prozent seiner Zweikämpfe.

Der Flop des Spiels: Adam Lang. Der ungarische Rechtsverteidiger hatte mit den quirligen belgischen Offensivspielern viele Probleme. Lang gewann nicht einmal 20 Prozent seiner Zweikämpfe. Beim 0:3 attackierte er Hazard nicht konsequent genug, beim abschließenden Treffer zum 0:4 ließ er Ferreira-Carrasco entwischen.

Der Schiedsrichter: Milorad Mazic (Serbien). Der Unparteiische hatte mit der äußerst fairen Partie kaum Probleme. Strittige Szenen oder bösartige Fouls gab es eigentlich keine.

Das fiel auf:

  • Während Belgien im Offensivspiel in einem 4-2-3-1-System agierte, stellten die Roten Teufel in der Rückwärtsbewegung auf ein 4-4-2 um. An vorderster Front attackierte stets Lukaku gemeinsam mit einem der drei offensiven Mittelfeldakteuren das Aufbauspiel der Ungarn.
  • Die ständigen Rochaden der vorderen vier Spieler - sowohl in der Vorwärts- als auch in der Rückwärtsbewegung - waren eines der Erfolgsrezepte für die äußerst überzeugende erste Halbzeit der Belgier. De Bruyne, Hazard, Mertens und sogar der bullige Stoßstürmer Lukaku, der sich ab und an fallen ließ, agierten äußerst flexibel. Fast bei jedem Angriff attackierte das Quartett mit einer unterschiedlichen Raumaufteilung.
  • Ungarn stellte dieses flexible Offensivspiel vor allem in der ersten Halbzeit vor gewaltige Probleme. Ob der eher mannorientierten Spielweise der Magyaren gab es immer wieder Zuteilungsprobleme zu beobachten. Die Belgier schafften es regelmäßig, sich durch die teils zu weit auseinander stehenden und nicht optimal verschiebenden ungarischen Defensivspieler zu kombinieren.
  • Im Offensivspiel agierte Ungarn in einer Mischung aus 4-2-3-1 und 4-1-4-1. Den Posten des Antreibers übernahm dabei meist Nagy, der sich zwischen die Innenverteidiger fallen ließ und von dort das Spiel aufbaute. Gera, der zur Halbzeit ausgewechselt wurde, agierte meist auf der Acht, Pinter etwas weiter vorne auf der Zehn. Der Spielaufbau der Ungarn war aber äußerst fehleranfällig. Immer wieder kamen die Belgier zu einfachen Ballgewinnen, die ihnen schnelle Gegenangriffe ermöglichten. Diese Konter spielte Belgien aber viel zu inkonsequent zu Ende.
  • Anders als ursprünglich erwartet, agierte Dzsudzsak über rechts und Lovrencsics über links. Somit hatten die beiden Flügelspieler ihren jeweiligen starken Fuß auf der Innenseite. Dies führte dazu, dass wenige brauchbare Flanken in den Strafraum segelten. Stattdessen zogen Dzsudzsak und Lovrencsics oftmals in die Mitte, um sich dann mit Distanzschüssen zu probieren.
  • In der zweiten Halbzeit kämpfte Ungarn aufopferungsvoll und hatte Chancen auf den Ausgleich. Belgien machte jedoch nicht den Fehler, sich ausschließlich aufs Verteidigen zu konzentrieren, sondern spielte weiter zielstrebig nach vorne. Diese Taktik wurde mit den drei späten Treffern belohnt.

Ungarn - Belgien: Die Statistik zum Spiel