Julian Brandt beim DFB-Team: Der Hochbegabte leidet

Julian Brandt ist beim DFB-Team nur ein Ergänzungsspieler.
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Julian Brandt gilt seit Jahren als einer der Hoffnungsträger der deutschen Nationalmannschaft, kommt unter Joachim Löw aber nicht über die Rolle des Jokers hinaus. Ein Umstand, der ihn allmählich auch selbst nervt.

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Joachim Löw war drauf und dran, die am nächsten liegende Option zu verwerfen. Er wisse nicht, ob er den nach einem verheißungsvollen Saisonstart mit RB Leipzig auf Wolke sieben schwebenden Timo Werner aufstellen solle, sagte der Bundestrainer vor dem Klassiker gegen die Niederlande am vergangenen Freitag. Schließlich gebe es ja auch noch Julian Brandt, eine weitere wirkungsvolle Waffe für die Offensive. Der 23-Jährige mache sich nach seinem Wechsel von Bayer Leverkusen zu Borussia Dortmund "sehr gut" im schwarz-gelben Trikot und trainiere ohnehin engagiert wie eh und je, sagte der Bundestrainer.

Löw entschied sich am Ende trotzdem für Werner. Und enttäuschte Brandt sehr. Wie sehr, das wurde nach der 2:4-Niederlage gegen die Elftal deutlich, als sich der erst in der 84. Minute für Matthias Ginter eingewechselte Rechtsfuß mit einer dunklen Kappe vor mehreren Kameras postierte und seine Unzufriedenheit über seine kurze Einsatzzeit zum Ausdruck brachte. "Nur zehn Minuten zu spielen", sagte Brandt, "ist nicht mein Anspruch."

Julian Brandt: Letzter DFB-Startelf-Einsatz zwei Jahre her

Worte, die verdeutlichen, dass der gebürtige Bremer allmählich mit seiner Situation hadert. Obwohl der Erbe von Mesut Özils Rückennummer 10 schon seit mehr als drei Jahren ein Teil der Nationalelf ist, kommt er gerade einmal auf 894 Spielminuten. In 17 von 26 Länderspielen wurde er nur eingewechselt, zuletzt in einem Pflichtspiel in der Startelf stand Brandt gar vor fast zwei Jahren, beim WM-Qualispiel gegen Aserbaidschan (5:1) im Oktober 2017.

"Julian hat tolle Akzente und eine positive Entwicklung genommen. Er gehört zu den Spielern, die den nächsten großen Schritt machen müssen", sagte Oliver Bierhoff, der Direktor der Nationalmannschaften, zu Beginn der Länderspielpause. Dazu braucht Löw aber einen konkreten Plan mit dem hochbegabten Techniker. Brandt gilt zwar als variabel einsetzbar, am wohlsten fühlt sich er sich nach eigenen Angaben aber auf der Zehner-Position. "Wenn man außen spielt, ist man an der Position gebunden und hat weniger Raum", erklärte er schon in der vergangenen Bundesliga-Rückrunde, als er bei seinem Ex-Klub unter Peter Bosz als Freigeist hinter Kevin Volland aufblühte und maßgeblich dazu beitrug, dass sich die Leverkusener für die Champions League qualifizierten.

Julian Brandt gemeinsam mit Kai Havertz gegen Nordirland?

Das Problem: Die neuen Löw'schen Systeme 3-5-2 und 4-3-3 lassen anders als zu Özil-Zeiten keinen klassischen Spielmacher zu. Für die Außenbahnen hat er schnellere Spieler als Brandt, zum Beispiel Timo Werner oder Serge Gnabry. Und wenn sich der Bundestrainer einmal doch für eine Variante mit einem Zehner entscheidet, bevorzugt er eher Brandts Kumpel Kai Havertz. Ein Dilemma.

Im fünften EM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland (heute ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) sind die Chancen allerdings groß, dass beide, Brandt und Havertz, von Anfang an zum Einsatz kommen. Während Ilkay Gündogan aufgrund einer Magen-Darm-Grippe ausfällt, konnte Werner im Duell mit Oranje nicht unbedingt ein Empfehlungsschreiben für eine weitere Startelf-Berufung einreichen. "Ich muss dranbleiben und gut trainieren", sagte Brandt nach dem Spiel gegen die Niederlande. "Dann hoffe ich, dass ich meine Chance bekomme."

DFB-Team in der EM-Quali: Die Tabelle der Gruppe C

PlatzNationSpieleTorePunkte
1Nordirland47:212
2Deutschland415:69
3Niederlande310:56
4Weißrussland53:103
5Estland41:140
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