FC Bayern München: In Belgrad kam Hansi Flicks nächste Fähigkeit zum Vorschein

Philippe Coutinho und Thiago überzeugten gegen Belgrad in der Startelf.
© getty

Der FC Bayern hat auch das vierte Pflichtspiel unter Trainer Hansi Flick eindrucksvoll gewonnen. Beim 6:0-Sieg bei Roter Stern Belgrad kam eine weitere Fähigkeit von ihm zum Vorschein.

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Vor dem Spiel bei Roter Stern Belgrad wusste man bereits, dass Hansi Flick eine konfuse Mannschaft innerhalb kürzester Zeit richtig aufstellen und ihr einen taktischen Plan vermitteln kann, der sofort funktioniert. Das bewiesen die drei vorherigen Spiele des FC Bayern unter seiner Regie: drei Siege, dominanter Fußball, viele Tore, keine Gegentore.

Man wusste darüber hinaus auch, dass Hansi Flick seine von Vorgänger Niko Kovac verärgerten Spieler zwischenmenschlich erreicht. Das bewiesen die Aussagen aller Spieler über seine Person, die fast schon schrien: Wir haben unseren Hansi sehr, sehr lieb. Gegenteiliges äußerte bisher keiner.

Und nun, in Belgrad, kam Flicks nächste Fähigkeit zum Vorschein. Man vermutete es zwar schon nach dem 4:0-Sieg bei Fortuna Düsseldorf, jetzt weiß man es aber sicher: Flick kann auch Kadermoderation mit dem Stilmittel der Rotation ohne gleichzeitigem Leistungsabfall. Als Kurzzeittrainer ist das egal, als Mittel- oder Langzeittrainer, der er nun ist beziehungsweise werden könnte, dagegen sehr wichtig.

Hansi Flicks erstes großes Rotationsmanöver

Flicks erstes großes Rotationsmanöver las sich so: Statt David Alaba, der wegen der bevorstehenden Geburtes seines Kindes in München geblieben war, begann in der Innenverteidigung Jerome Boateng, im Mittelfeld spielten Thiago und Leon Goretzka statt Joshua Kimmich und Thomas Müller, auf dem Flügel Kingsley Coman statt Serge Gnabry.

Es war die Fortsetzung der Umstellungen vom 4:0-Sieg bei Fortuna Düsseldorf, als Flick bereits Tolisso und Philippe Coutinho in die Mannschaft rotierte. Bei den ersten beiden Spielen unter seiner Regie (2:0 gegen Olympiakos Piräus und 4:0 gegen Borussia Dortmund) hatte er noch jeweils auf die identische Startelf gesetzt.

"Der Trainer findet da aktuell eine ganz gute Mischung", lobte Goretzka und die Spieler nehmen diese Mischung an. Kapitän Manuel Neuer sagte: "Die, die reingekommen sind, haben sich nahtlos eingefügt." Im Fokus standen dabei vor allem zwei: Thiago und Coutinho. Diese überragenden Techniker, die unter Kovac stets gesetzt und von Flick zunächst auf die Bank befördert wurden.

Thiago und Philippe Coutinho empfahlen sich für mehr

Vor allem Thiago spielte, passte und verteidigte in Belgrad als einziger Sechser von Beginn an engagiert. "Ich habe ihm genau gesagt, was ich von ihm erwarte: Sich in der Defensive in die Kette reinfallen lassen und auch hinten absichern", erklärte Flick. "Außerdem muss er der Anspielpunkt sein, um zu verlagern." Und der war er, seine 132 Ballaktionen und 117 Pässe waren jeweils Bestwert.

Coutinho (schon in Düsseldorf Torschütze) durfte zwar nicht auf seiner Lieblingsposition hinter Robert Lewandowski spielen, weil es diese Position im 4-3-3-System nicht gibt. Er überzeugte aber auch auf dem Flügel - mal auf dem linken, mal auf dem rechten. Das 1:0 von Goretzka bereitete er mit einer starken Flanke vor, das 3:0 von Lewandowski leitete er mit einem Tänzchen samt folgender Hereingabe ein. Zwischendurch zeigte Coutinho auch das eine oder andere nette Dribbling und seine vier Torschussvorlagen waren Bestwert beim FC Bayern.

Genau wie Thiagos Leistung war auch Coutinhos eine Empfehlung für mehr. Doch das hatten die beiden nicht exklusiv, das vollbrachten eigentlich alle Rotationsspieler. Boateng, der defensiv zwar nicht gefordert wurde, im Aufbauspiel aber mit einigen guten Diagonalpässen auffiel. Goretzka, der immer wieder mit Läufen in die Tiefe gefiel, das 1:0 selbst köpfelte und wenig später mit einem sehenswerten Volley beinahe das 2:0 erzielte. Tolisso (schon in Düsseldorf Torschütze), der Lewandowskis 3:0 vorbereitete und das 6:0 selbst erzielte. Und sogar Coman, der zwar ohne Scorerpunkt blieb, dafür aber immer wieder seine Geschwindigkeit und Dribbelstärke aufblitzen ließ.

Hansi Flick weckt Erinnerungen an Jupp Heynckes

Flick scheint sie alle zu erreichen - und das weckt unweigerlich Erinnerungen an seinen bei allen so beliebten Vor-Vor- sowie Vor-Vor-Vor-Vor-Vorgänger (und noch zwei weitere Versionen des Vorgängertums) Jupp Heynckes. "Er nimmt jeden mit und das ist wichtig. In der Hinsicht setzt er das fort, was Jupp Heynckes immer gemacht hat", sagte Neuer. Ob Flick ihn denn ebenfalls an Heynckes erinnere, wurde auch der Viererpacker Lewandowski gefragt, und er erwiderte: "Ich denke schon."

Der Unterschied ist lediglich, dass Flick in Belgrad gewinnen kann. In seiner Funktion als dessen Vor-(...)-Vorgänger traf Heynckes mit seinem FC Bayern einst ebenfalls auf Roter Stern, im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister in der Saison 1990/91 war das. Auf ein 1:2 in München folgte ein 2:2 in Belgrad. Der FC Bayern schied aus, Roter Stern holte später den Titel.

Bis Flick aber auch in so ein Halbfinale kommt, muss er einerseits das Vertrauen bis zum Saisonende bekommen und andererseits seine Fähigkeit als Kadermoderator über längere Zeit beweisen. Schon bei der Aufstellung beim kommenden Bundesligaspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen gilt es, schwierige Entscheidungen zu treffen. "Man kann es so sehen", sagte Flick dazu nur: "Oder man kann sagen: Man kann wenig falsch machen."

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