Real Madrid gewinnt glücklich beim FC Bayern: Und das quasi ohne Cristiano Ronaldo

Cristiano Ronaldo überzeugte gegen den FC Bayern München nicht.
© getty

Real Madrid hat das Hinspiel im Champions-League-Halbfinale beim FC Bayern knapp mit 2:1 gewonnen. Die gnadenlose Effizienz der Königlichen zeigte, weshalb Real ein absolutes Spitzenteam ist. Dass der Sieg nahezu ohne Zutun von Cristiano Ronaldo gelang, sorgt für Sorgenfalten bei den Münchnern.

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Und dann dreht Cristiano Ronaldo doch zum Jubeln ab. Einen langen Ball von Luka Modric hat er stark mitgenommen und unten rechts eingeschweißt. Zum 3:1 für Real Madrid auswärts beim FC Bayern. Irgendwie klappt es eben immer, egal wie es läuft.

So ganz klappt es an diesem Abend jedoch nicht. Denn ein Pfiff ertönt. Schiedsrichter Björn Kuipers gibt den Treffer nicht. Ronaldo hat den Ball strafbar mit dem Arm mitgenommen.

Eine richtige Entscheidung, doch der Superstar schimpft wie ein Rohrspatz. Sein 16. Saisontor hätte er ausladend gefeiert. Jetzt reklamiert er ausladend.

Cristiano Ronaldo gegen den FC Bayern abgemeldet

Dass der Treffer nicht zählte, passte zu Ronaldos Auftritt in München. Es war ein gebrauchter Abend. Ronaldo war als einzige Spitze völlig isoliert vom Rest der Mannschaft, auch weil er als einziger nicht defensiv mitarbeitete. Er bekam kaum Bälle und wenn er sie bekam, wusste er nur wenig damit anzufangen. Ein Abschluss kurz nach der Halbzeit war bezeichnend, als er den Ball nicht richtig traf und ihn nicht ins Tor-, sondern ins Seitenaus beförderte. Höhnischer Applaus hallte durchs weite Rund.

Letztlich kam Ronaldo nur auf 28 Ballaktionen und zwei Torschüsse (in den zehn Saisonspielen zuvor waren es insgesamt 72). Folgerichtig blieb er zum ersten Mal in dieser CL-Saison und erstmals seit dem Halbfinal-Rückspiel der vergangenen Saison ohne eigenes Tor.

Toni Kroos: "Durchschnittliche Leistung" von Real Madrid

Derjenige, auf den sich Real immer verlassen kann, war abgemeldet. Das stand stellvertretend für beinahe alle Königlichen, die nur wenig zustande brachten. "Ich glaube, ich habe selten so ein schwaches Real Madrid in München gesehen", sagte Bayerns geknickter Niklas Süle.

Das gab auch Reals Toni Kroos zu: "Es war im Endeffekt eine durchschnittliche Leistung von uns. Wir mussten viel arbeiten, viel laufen. Sie haben uns vor eine große Aufgabe gestellt."

Das belegen die Zahlen: Die Bayern hatten 60 Prozent Ballbesitz, gaben 17:7 Torschüsse ab, schlugen 10:3 Ecken und 17:3 Flanken. Eigentlich waren die Hausherren besser. Eigentlich.

FC Bayern stärker, Real Madrid effizienter

Die gefühlte Wahrheit hatte an diesem Abend jedoch wenig mit der Realität zu tun. De facto zeigte die Videowand nämlich am Ende ein anderes Resultat: Real schlug die Bayern wie bereits im Vorjahr auswärts mit 2:1.

"Das Ergebnis ist mit Sicherheit glücklich", räumte Kroos ein, um dann den entscheidenden Satz nachzuschieben: "Aber am Ende musst du im Europapokal eben die Tore schießen. Und das haben wir getan."

Real Madrid: Sieg der radikalen Effizienz

Der Erfolg der Madrilenen im Halbfinal-Hinspiel war ein Sieg der radikalen Effizienz. Während die Bayern Chancen um Chancen liegen ließen, stachen die Gäste eiskalt zu. Aus dem Nichts, per Zufall und nach individuellen Fehlern.

Neben den beiden Treffern scheiterte nur noch Karim Benzema aus kürzester Distanz an Sven Ulreich und dann war da noch das Abseitstor durch Ronaldo. Sonst ging herzlich wenig nach vorne beim Champions-League-Sieger.

Defensiv ließ Real zahlreiche Möglichkeiten zu, die die Bayern jedoch auf teils hanebüchene Art und Weise verstreichen ließen. All das war am Ende geschenkt. Denn es reichte eben.

"Wenn man das Spiel analysiert, ist es das beste Ergebnis, das wir hier erreichen konnten", sagte ein sichtlich zufriedener Kroos.

Real Madrid unterstreicht Ausnahmestellung in der Champions League

Real unterstrich einmal mehr die Ausnahmestellung, die der Verein in der Gegenwart auf europäischer Ebene einnimmt. Speziell in dieser Saison sind es weniger herausragende Leistungen als vielmehr die Ausstrahlung, dass dem Klub in der Champions League eigentlich nichts passieren kann. Die Selbstverständlichkeit des Siegens.

Die Königlichen sind in diesem Jahr spielerisch keine Übermannschaft. Sie spielen nicht alles an die Wand. Das zeigte sich in der Gruppenphase, als sie nur Platz zwei hinter Tottenham Hotspur erreichten. Das zeigte sich im Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain, als sie das Hinspiel trotz klarer Unterlegenheit irgendwie mit 3:1 gewannen. Das zeigte sich im Viertelfinale, als sie gegen Juventus trotz eines 3:0-Auswärtssiegs im Hinspiel im heimischen Santiago Bernabeu beinahe noch ausschieden.

Real Madrid schlägt den FC Bayern zum sechsten Mal in Folge

Doch sie schieden eben jeweils nicht aus. Sie setzten sich durch und festigten ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit in diesem Wettbewerb. Ein Riese, der wankt, aber nicht fällt.

Mit dem Hinspielsieg wird Real immer mehr zum Schreckgespenst für den FC Bayern. Die Bestia Negra ist längst Geschichte, am Mittwochabend gewann Real zum sechsten Mal in Folge (!) gegen die Münchner. Seit dem Bundesliga-Aufstieg 1965 hatten die Bayern nie eine solche Negativserie gegen einen Kontrahenten vorzuweisen.

In Ekstase verfallen wollte bei Real aufgrund der exzellenten Ausgangssituation für das Rückspiel jedoch niemand.

Zu frisch sind die Erinnerungen an das Vorjahr, als die Madrilenen im Viertelfinale das Hinspiel in der Allianz Arena ebenfalls mit 2:1 gewonnen hatten, dann zu Hause allerdings zunächst 1:2 verloren und sich erst mit einem 4:2 nach Verlängerung durchsetzten. Zu frisch sind die Erinnerungen an das diesjährige Viertelfinale gegen Juventus.

Zinedine Zidane: "Es ist ein gutes Resultat, aber es ist nicht vorbei"

"Es ist ein gutes Resultat, aber es ist nicht vorbei. Das darf man im Fußball nie sagen", warnte Trainer Zinedine Zidane: "Wir wissen, dass wir das Rückspiel anders angehen müssen als gegen die Juve zuletzt, sonst wird es sehr schwierig."

Im Vorjahr hatte Kroos nach dem Hinspielsieg noch vor einem heißen Tanz gewarnt. Diesmal sah er sich dazu nicht veranlasst, "weil heute jeder gesehen hat, wie gut sie sind. Wir brauchen nächste Woche 100 Prozent, um ins Finale einzuziehen."

So richtig schlau wird die internationale Konkurrenz aus der Champions-League-Saison der Königlichen nicht. Auch für die Bayern wird die Einordnung schwerfallen.

Einerseits können sie Mut aus der durchwachsenen Leistung des Gegners ziehen, andererseits wieselt sich Real bislang immer irgendwie durch - und zwar mit PSG und Juve in der K.o.-Runde bislang nicht gerade gegen Laufkundschaft.

Hat Real Madrid Glück oder ist es Effizienz?

Manche könnten es Glück nennen, andere gnadenlose Effizienz. Deswegen ist Real die Übermannschaft, die in den letzten Jahren ein Abonnement auf den Henkelpott abgeschlossen hat.

Besonders alarmierend ist aus Bayern-Sicht, dass sich Real in München quasi ohne Cristiano Ronaldo durchsetzte. Der Ausnahmekicker ist ein Joker für das Rückspiel. Er könnte zum X-Faktor werden, falls es eng wird. Wie letztes Jahr gegen die Bayern oder vor zwei Wochen gegen Juventus.

Das torlose Spiel wird für Ronaldo nur zusätzliche Motivation sein. Zumal er seinen eigenen Torrekord in der Champions League jagt. Um diesen einzustellen, muss er noch zweimal treffen. Also wird Ronaldo noch drei Tore schießen wollen. Tore, die auch zählen...

Die Torjägerliste der Champions League

PlatzSpielerVereinTore
1.Cristiano RonaldoReal Madrid15
2.Roberto FirminoLiverpool FC10
Mohamed SalahLiverpool FC10
4.Wissam Ben YedderSevilla FC8
Sadio ManeLiverpool FC8
6.Edinson CavaniParis Saint-Germain7
Edin DzekoAS Roma7
Harry KaneTottenham Hotspur7
9.Lionel MessiFC Barcelona6
NeymarParis Saint-Germain6

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