Gareth Bale entscheidet das CL-Finale für Real Madrid: Rückkehr ins Rampenlicht

Von Jonas Rütten
Stand im Champions-League-Finale gegen den FC Liverpool womöglich zum letzten Mal für Real Madrid auf dem Platz: Matchwinner Gareth Bale.
© getty

Gareth Bale hat das Finale der Champions League für Real Madrid entschieden. Nicht Cristiano Ronaldo, nicht Mohamed Salah, sondern der Waliser, der sowohl bei Zinedine Zidane als auch bei den eigenen Fans nicht unumstritten ist, drückte dem Spiel seinen Stempel auf. Real feiert durch seine Tore den Titel-Hattrick, Bale selbst nutzte seine Rückkehr ins Scheinwerferlicht für klare Ansagen.

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Das Bild, auf dem Sergio Ramos inmitten der feierwütigen Madridista die Champions-League-Trophäe zum dritten Mal in Folge in die Höhe reckt, geht am Tag nach dem Finale um die Welt. So oder so hat es Symbolcharakter. Das Bild illustriert die Dominanz der Königlichen in Europa. Es ist ein neuerlicher Beweis dafür, dass Real Madrid, so schlagbar es in dieser Saison auch schien, immer noch Real Madrid ist und einfach keine europäischen Finalspiele verliert.

Doch es ist auf merkwürdige Art und Weise auch Symbol für die unterschiedlichen Rollen, die Gareth Bale und Cristiano Ronaldo bei Real Madrid spielen. Während Ronaldo den Titelgewinn Arm in Arm mit Trainer Zinedine Zidane zelebrierte, stand Bale im Schatten der ganzen Mannschaft. In der letzten Reihe, dort wo man ihn kaum sieht, verdeckt von Ramos' Armen, die die 8,5 Kilo schwere Trophäe in den Nachthimmel von Kiew stemmten.

Dabei war es eigentlich der Abend des Walisers Bale, der Real den Titel-Hattrick mit einem Doppelpack nach seiner Einwechslung erst ermöglicht hatte. Doch selbst im Moment des größten Triumphes, als Matchwinner den Champions-League-Sieg zu feiern, wirkte er wie ein Fremdkörper im Star-Ensemble der Königlichen.

Traumtor von Gareth Bale im Finale: schöner als Zidanes

Den gleichen Eindruck erweckte Bale noch mehr auf dem Platz in den vergangenen beiden Spielzeiten. Der 28 Jahre alte Waliser wurde für seine Leistungen scharf kritisiert, von den eigenen Fans sogar ausgepfiffen und zuletzt selbst von Fürsprecher Zidane in den wichtigen Spielen auf die Bank gesetzt. Während der ebenfalls in die Kritik geratene Benzema jedoch wieder regelmäßig in Reals Startfromation stand, wurde Bale in Kiew erneut lediglich die Rolle als Joker zugestanden.

Isco erhielt den Vorzug - wie schon so oft in den vergangenen Wochen und Monaten. "Ich hätte mir einen Platz in der Startelf verdient, meiner Meinung nach. Aber es war eine Trainer-Entscheidung", gab Bale nach dem Finale zu Protokoll und wagte damit auch einen Seitenhieb in Richtung Zidane.

Dieser war seinerseits in die Kritik geraten, weil er lange Zeit den formschwachen und von Verletzungen geplagten Bale anstelle von Talenten wie Isco oder Marco Asensio spielen ließ. Im Finale war es dann Bale, der alle Kritiker für einen goldenen Moment verstummen ließ. Ein Moment, der in die Champions-League-Geschichte eingehen wird. Sein Fallrückzieher zum 2:1 war das vielleicht schönste Tor in der Final-Historie der Königsklasse.

Diesen inoffiziellen Titel hatte bis dahin eigentlich Zidane mit seinem Tor gegen Bayer Leverkusen anno 2002 inne. "Der Ball hatte eine perfekte Höhe und dann probiert man solche Sachen eben instinktiv aus und glücklicherweise hat es sich ausgezahlt", kommentierte Bale seinen Treffer zum 2:1 nach dem Finale gegenüber der UEFA. Es sei eine gute Bühne für ein derartiges Tor gewesen.

Verlässt Gareth Bale Real Madrid? "Vielleicht bleibe ich, vielleicht nicht"

Die Bühne, die sich Bale nach seinem Geniestreich und der Wahl zum "Man of the Match" bot, nutzte der Waliser für eine klare Ansage: "Ich muss Woche für Woche spielen", sagte er gegenüber BT Sports. Das sei in dieser Saison nicht der Fall gewesen, weil er am Anfang fünf Wochen lang verletzt gewesen sei: "Ich muss mich im Sommer mit meinem Berater zusammensetzen. Vielleicht bleibe ich bei Real Madrid, vielleicht nicht."

So deutlich wie an diesem Abend in Kiew hatte Bale noch nie über einen möglichen Abschied gesprochen. Seine scharfen Aussagen - auch in Richtung des Trainers - sind einerseits Ausdruck für seine Unzufriedenheit bei den Königlichen, andererseits aber auch Bestätigung für Bales Platz in der vereinsinternen Rangordnung.

Dort steht Cristiano Ronaldo ganz oben - und dieser ist auf der Lieblingsposition von Bale gesetzt. Statt auf Linksaußen, kommt der Waliser bei Real nur auf dem rechten Flügel zum Einsatz. Während Spieler wie Arjen Robben es sogar vorziehen, auf der "falschen" Seite zu spielen, wirkt Bale dadurch immer wieder gehemmt.

"Er steht viel, beteiligt sich unheimlich wenig am Spiel. Er braucht nach seiner Verletzung noch Zeit. Er ist keiner wie etwa Robben, der nach sechs Wochen Verletzung von null auf hundert durchstartet", sagte der ehemalige Real-Trainer Bernd Schuster über Bale gegenüber der Welt.

Gareth Bale: Leistungsdaten in der Saison 2017/2018 für Real Madrid

WettbewerbEinsätzeToreAsssits
Insgesamt39218
LaLiga26164
Champions League732
FIFA Klub-WM210
Copa del Rey211
UEFA Supercup101
Supercopa100

Bales Probleme bei Real Madrid: Ablöse als Handicap

Tatsächlich warfen Bale immer wieder Verletzungen zurück. Zuletzt gab er zu, er hätte Blessuren in der Vergangenheit besser auskurieren sollen, anstatt unter Einnahme von Schmerzmitteln zu früh wieder auf den Rasen zurückzukehren. So habe er zum einen seine Gesundheit und andererseits seinen Ruf als Fußballer aufgrund durchwachsener Leistungen gefährdet.

In den vergangenen Wochen zeigte seine Formkurve in der Liga wieder nach oben. Fünf Tore erzielte Bale in den letzten fünf Spielen der Saison. Es ist ein Beleg dafür, wozu er immer noch in der Lage ist, wenn er gesund ist. Allerdings wurde Bale in Kombination mit seinen Verletzungen auch seine damalige Rekordablöse in Höhe von rund 100 Millionen Euro zum Verhängnis.

"Das ist ein Preisschild, das er mit sich rumträgt", sagte der ehemalige Real-Präsident Jorge Valdano gegenüber spanischen Medien. Nichts, was Bale tue, sei 100 Millionen Euro wert. Dabei ist das Finale von Kiew nicht das erste Mal, dass Bale in einem großen Endspiel zum X-Faktor für die Königlichen wird.

Im Finale 2016 gegen Atletico bereitete er das 1:0 vor und verwandelte im Elfmeterschießen souverän. Im Finale 2014 erzielte er in der Verlängerung den Türöffner zum 2:1. Unvergessen darüber hinaus sein entscheidendes Tor nach dem Sprintduell mit Marc Bartra im Pokalfinale 2014 gegen den Erzrivalen Barcelona.

Cristiano Ronaldo und Gareth Bale bei Real: Kann es nur einen geben?

"Unvergessen" ist leicht gesagt in einem Team, in dem Cristiano Ronaldo das Zepter schwingt und mit immer neuen Rekorden aller Aufmerksamkeit auf sich zieht. Da verblassen selbst großartige Leistungen.

Der ehemalige irische Nationalspieler Johnny Giles schrieb im Irish Independent über das Verhältnis der beiden zueinander, dass es für Bale schwierig sei, sein Können in einem Team zu zeigen, das von Ronaldos "gigantischem Ego" kontrolliert werde: "Bale hat die Klasse, der Superstar zu sein, doch nicht, solange er mit Ronaldo zusammenspielt."

Das könnte sich in der kommenden Saison ändern. Denn neben Bale gab auch CR7 mit einem Kommentar nach dem Finale Rätsel auf: "Es war sehr schön, für Real Madrid zu spielen", sagte Ronaldo unmittelbar nach der Siegerehrung im NSK Olimpijskyj in Kiew: "Ich werde die Fans in den kommenden Tagen wissen lassen, wie meine Entscheidung aussieht."

Sollte Ronaldo tatsächlich einen Wechsel im Sommer anstreben, wäre ein Abgang von Bale wohl so gut wie vom Tisch. Einerseits würde Real Bale dann kaum ziehen lassen, andererseits hätte Bale plötzlich die Gelegenheit, nicht nur einem Finale, sondern auch dem Verein Real Madrid seinen Stempel aufzudrücken. Fraglich ist jedoch, ob Bale bei Zidane auch im Falle eines Ronaldo-Abgangs gesetzt wäre.

Sollte das nicht der Fall sein, wird Bale Real eher früh als spät verlassen. Dann wäre sein Final-Auftritt in Kiew die letzte Rückkehr ins königliche Rampenlicht gewesen.

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