Alternative Liste der Champions League - 1. Spieltag: Ein gutes Zebra springt nur so oft, wie es muss

Von David Kreisl
Die Alternative Liste kann auch Photoshop.
© imago images / Panthermedia & PanoramiC

Schnallt euch an und stellt die (Hafer-)Milch kalt: Die Alternative Liste ist nach sieben Jahren zurück bei SPOX und Goal! Und dann auch ab sofort immer nach der Champions League. Wird das gutgehen? Vermutlich nicht. Aber wenn Donezk mit einer C-Elf bei Real gewinnen kann, scheint irgendwie alles möglich. Also auf geht's: Rabauken, Grätschmasse, Qualitätsoffensive - go!

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1. Eins vorweg: Die Champions Edition von FIFA 21 kostet zwischen 80 und 90 Tacken und ihr müsst euch dabei noch unsägliche Marketingphrasen von - vermutlich - Kylian Mbappe in seinem - definitiv - Scheißenglisch anhören. "Wien ass wann". Die Alternative Liste in der Champions Edition kostet euch lediglich die üblichen Nerven, die es braucht, um auf SPOX und Goal rumzucybern. Ist das geil oder was?

2. The Chaaaampiooooons: Es wird ja gerne genölt, dass die Bundesliga a) stinklangweilig und b) ein bisschen elend ist. Danke Merkel. Zum Glück gibt's jetzt wieder Champions League! Oder um es mit Toni Tomic zu sagen, der als Gute-Laune-Beauftragter von Sky die 37 Minuten junge Saison mit diesen Worten bedachte: "Das ist wirklich schwer zu ertragen." Immerhin rissen sich jene schwer zu ertragenden Mannschaften, namentlich Zenit St. Petersburg und Club Brügge, in der Folge zusammen und servierten unter anderem: Ein Flippertor über neun Körperteile, das nur fiel, weil ein Verteidiger den Ball ins Spiel zurückbaggerte und ein Eigentor vom Rücken des Keepers nach Pfostentreffer. Auch geil: Im immerjungen Klassiker Stade Rennes gegen Krasnodar machten Serhou Guirassy (ehemals 1. FC Köln und 1. FC Köln, Reserve) sowie Cristian Ramirez (ehemals Fortuna Düsseldorf und 1. FC Nürnberg) die Hütten. UEFA Champions League - die beste zweite Liga aller Zeiten.

3. Hey Google, wer bin ich: Wer kennt es nicht: Champions-League-Auswärtsspiel. Schuhe, Schienbeinschoner, Flasche Wasser, Handy, negativer Corona-Test - alles dabei. Nur das Bauchtäschle mit Geldbeutel und Perso liegt natürlich noch daheim. Oh Mann! Viel entspannter als Marcus Thuram kann man so eine Situation nicht lösen.

4. Wer sind wir und wenn ja, wie viele: "Viele Spieler waren gut, aber viele Spieler waren nicht gut", befand BVB-Cheftrainer und -philosoph Lucien Favre nach dem Auftritt in Rom. Weil die vielen Spieler, die nicht gut waren, am Ende doch um einiges vieler waren als die vielen Spieler, die gut waren, war's am Ende dann eher nicht so gut. Da half's auch nicht, dass Erling Haaland standesgemäß einen unters Dach büffelte und wieder irgendeinen Rekord brach. 1:3 gegen Lazio, mit neun 14-Jährigen in der Startelf, abgeschossen vom eigenen Jahrhundertfehleinkauf Ciro Immobile. Wer ein Sinnbild für den BVB 2020 braucht, bitteschön.

5. Nach Informationen von SPOX und Goal: Serge Gnabry, Achraf Hakimi, Ina Aogo und der zukünftige Bundestrainer Jens Spahn - die Liste der prominenten Corona-Ausfälle am ersten Spieltag war schmerzlich lang. Immerhin scheint Kollege Gnabry innerhalb der Bayern-Mannschaft derart isoliert zu sein (exklusiv!), dass sich keiner seiner Mitspieler für ein paar Minuten in seiner Nähe aufhalten will. So durften die virusfreien Bayern gegen Atletico tatsächlich spielen. Man of the Match Kingsley Coman gab im Anschluss ein Interview, welches die Spannung, die aktuell in allen Wettbewerben mit bayerischer Beteiligung herrscht, sehr akkurat widerspiegelte: "Wir haben sehr gut gespielt und ich habe zwei Tore gemacht. Ich bin sehr glücklich. Wir haben eine sehr gute Mannschaft." Affengeil.

6. Unter Grobianen: Thomas Müller fand am Mittwoch in Schiri Michael Oliver übrigens einen neuen besten Freund. Oliver - seit dem Wochenende dafür bekannt, auch vorsätzliche Körperverletzung leger ohne Konsequenzen durchzuwinken - zeigte dem besten Spielmacher der Welt ganz untypisch eine Gelbe Karte. Für einen Pass. "Yellow Card for this? Das kann doch nicht wahr sein hier!", griff Müller in der Analyse der Szene tief in die bilinguale Trickkiste. Wirklich überzeugen lassen wollte sich der Referee aber weder von Müllers Sprachmansche, noch von der Denunzierung der Gäste als größte Grobiane des Kontinents. "Wir spielen gegen Atletico Madrid, die größte Raubaukentruppe im europäischen Fußball und dann gibt das Gelb!" Aber guter Punkt, hätte er mal auf Englisch versuchen können. Oder zumindest halb.

7. Jackpot: Das muss man sich mal reinziehen: Da beginnt der Champions-League-Mittwoch sowieso schon mit dem 18.55-Doppel-Burner Real gegen Donezk und Red Bull gegen Lok Moskau, und dann kommt einem beim Abchecken der Termine auch noch HSV gegen Wismut entgegen. Quasi zeitgleich! Erst mal schauen, wie viele internetfähige Endgeräte hier rumliegen. Manchmal ist Sportjournalist schon ein geiler Job.

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8. Hippotigris unitedi: Auch die in sich ruhendsten Fans des gepflegten RasenBallsports kommen hier und da an die Grenzen ihrer Toleranz. Wenn zum Beispiel Uniteds Kapitän Bruno Fernandes im duisburg'esquen Zebra-Dress zum Elfmeter anhopst und ihn per eingesprungenem Kackschuss verballert, kann einem durchaus die Safari-Buchse in der Hose losgehen. Schlimmer ist da nur, wenn der völlig verdient verschossene Elfmeter wiederholt und im zweiten Anlauf verwandelt wird. Man kann jetzt natürlich sagen, ein gutes Zebra springt nur so oft, wie es muss; oder dass der MSV Paris Saint-Germain am Ende ja sogar noch geschlagen hat. Und überhaupt: Wer einen Aaron Wan-Bissaka im Team hat, der sich einem Leben als Grätschmasse verschrieben hat und Feingeistern wie Mbappe oder Neymar mit seinem Kreisliga-Vorstopper-Charme und einem Monstertackling nach dem anderen erfolgreich den letzten Nerv weggrätscht, hat den Sieg auch irgendwie verdient. Wien ass Wan-Bissaka.

9. Galaktisch schlecht: Reden müssen wir freilich auch über Real Madrid. Wer zuhause gegen Donezk verliert, hat sich ohnehin einen Platz auf der stillen Treppe der Alternativen Liste verdient. Die Tatsache, dass es sich um das wirklich allerallerletzte Aufgebot der Ukrainer, ohne Profis auf der Ersatzbank und mit Corona- und seuchenbedingten Ausfällen in zweistelliger Höhe handelte, das da nach gut 40 Minuten mit 3:0 gegen die Königlichen führte, macht's nicht unbedingt besser. 2:3 gegen ein halbtotes Donezk fühlt sich auf jeden Fall weder galaktisch, noch nach weißem Ballett an. Eher nach Luka Jovic im Sturm, so die Richtung.

10. Tränen und Nadelstreifen: Ein Hauch von Zürich 1960 wehte am Mittwoch durchs Estadio Alfredo die Stefano: Der eingewechselte Vinicius Junior netzte 16 Sekunden nach seiner Einwechslung, was kurz darauf auf 15 Sekunden runterkorrigiert wurde - und uns den neuen Rekord für das schnellste Jokertor der Champions-League-Geschichte bescherte! Ein bisschen wie damals bei Armin Hary, der brauchte auch ein paar mehr Stoppuhren in zittrigen Händen, um bei mindestens einer auf seine zehn Sekunden über 100 Meter zu kommen. Wir weinen auf jeden Fall eine kleine Träne in unsere Lars-Ricken-Nadelstreifen-Kutte und finden das alles irgendwie doof. Bis zum legendären "Lupfen, jetzt!" anno 1997 waren's damals 16 Sekunden.

11. Der Taktik-Move des Spieltags: Geht klar an Ferencvaros Budapest, das beim Spiel in Barcelona lässig in einem weißen Trikot mit großem Telekom-T auf der Brust auflief. Vermutlich, um mal die postbayerische Belastungsstörung der Gastgeber etwas auszuloten. Wir erinnern uns: das letzte Champions-League-Spiel von Barca war nicht gut. Das Manöver triggerte immerhin in der ersten halben Stunde ein paar katalanische Flashbacks, und Ferencvaros darf von sich behaupten, den FCB fast eine halbe Stunde lang im Camp Nou hergespielt zu haben. Doch - sehr zum Leidwesen der Ungarn (und von Lionel Messi) - spielt bei Barcelona ja immer noch: Lionel Messi.

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