Uli Hoeneß im Interview: "Ich glaube nicht, dass die Ultras über Markus Söder stehen"

Von Alex Schlüter
Uli Hoeneß
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Vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League des FC Bayern gegen den FC Chelsea am Samstag spricht Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß im Interview mit DAZN und SPOX über die Chancen des FCB in der Königsklasse (VIDEO: Die besten Szenen aus dem Hinspiel gegen Chelsea), die Münchner Dominanz in der Liga und die Bedeutung der Ultras. Außerdem hat er einen Rat für David Alaba.

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Dazu erklärt Hoeneß, warum eine andere Verteilung der Fernsehgelder nichts bringt und äußert sich aus gesellschaftlicher Sicht zur Corona-Pandemie.

Herr Hoeneß, wie häufig sind Sie noch an der Säbener Straße?

Uli Hoeneß: Im Schnitt einmal in der Woche für einen halben Tag. Der Kontakt ist nach wie vor vorhanden.

Die UEFA Champions League und die UEFA Europa League sind zurück. Die Fans erwartet ein ganz besonderer August: mit 23 Spiele in 19 Tagen live auf DAZN!

Vor und während des Wechsels Ihres Neffen Sebastian Hoeneß als Trainer zur TSG Hoffenheim haben Sie sich ebenfalls zurückgehalten. Müssen Sie sich aktiv heraushalten oder wollen Sie das?

Hoeneß: Seit ich mein Amt zur Verfügung gestellt habe, habe ich das konsequent gemacht. Ich war Ratgeber, wenn ich gebraucht wurde und habe mich nie in etwas hineingedrängt. Im Fall von Sebastian war ich schon bei seiner Verpflichtung gar nicht beteiligt. Im Gegenteil: Ich war eher der Bremser. Hermann Gerland hat sich aber durchgesetzt, weil er ihn unbedingt haben wollte. Und genauso war es auch jetzt. Ich habe Hasan Salihamidzic und Karl-Heinz Rummenigge keinen Ratschlag gegeben. Das wäre sehr delikat, wenn ich mich als Onkel da eingemischt hätte.

Der Neffe von Uli Hoeneß ist neuer Trainer der TSG Hoffenheim.
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Der Neffe von Uli Hoeneß ist neuer Trainer der TSG Hoffenheim.

Wenn Sie am Tegernsee sitzen und die Zeitung lesen, schlagen Sie dann immer noch als Erstes den Sportteil auf oder haben Sie die Prioritäten inzwischen anders gesetzt?

Hoeneß: Das kommt darauf an. Ich lese den Sport-, Wirtschafts- und Politik-Teil. Da wir den Münchner Merkur zu Hause haben, lese ich auch den regionalen Teil. Ich will wissen, was am Tegernsee passiert.

Hoeneß: "Ich habe so eine Zeit noch nie erlebt"

In Bezug auf die Corona-Pandemie: In welcher Zeit leben wir gerade?

Hoeneß: Ich bin kein junger Mensch mehr und habe so eine Zeit auch noch nie erlebt. Wenn Sie etwas älter werden, müssen Sie sich eingestehen, dass das Leben viele Varianten bietet - und das ist jetzt eine für uns alle. Sowohl für die Alten als auch für die Jungen. Eine Herausforderung, die man nur bestehen kann, wenn man vernünftig mit der Situation umgeht. Dann können wir das schaffen. Wir haben die erste Phase, wie ich finde, sensationell geschafft. Dass es Rückschläge geben wird, war ziemlich klar und das bekommen wir auch in den Griff, wenn wir uns konsequent an die Regeln halten.

Ist es in solch einer Krisensituation normal oder frustrierend, dass sich manche Menschen nicht mehr an die Regeln halten?

Hoeneß: Ob das normal ist oder nicht, weiß ich nicht. Wir haben wie gesagt alle so eine Situation noch nicht erlebt. Aber die Jüngeren müssen lernen, dass es ihre Zukunft ist. Und die, die glauben, dass es nur um Ältere geht, die geschützt werden müssen und selbst nichts damit zu tun hätten, werden sich noch wundern. Gerade die Jüngeren müssen jetzt besonders darauf achten, dass ihre Zukunft durch die Folgen der Krankheit nicht durch Inkonsequenz kaputt gemacht wird.

Bleiben aus dem Jahr 2020 trotz der Krise auch positive Dinge hängen?

Hoeneß: Wie immer im Leben werden Leute, die einen guten Charakter haben, die dankbar und demütig sind, auch diese Zeit gut überstehen. Sie werden neue Freundschaften schließen und feststellen, dass, wenn man einen guten Zusammenhalt hat und sich an die Regeln hält, am weitesten kommt. Den Leuten, die denken, dass sie mit dem Kopf durch die Wand können, wird die Krankheit zeigen, dass man so keine Chance hat.

Kommen wir zum Sport: Wie blicken Sie auf das Blitzturnier der Champions League in Lissabon? In Portugal sind die Corona-Zahlen zuletzt auch noch einmal angestiegen.

Hoeneß: Zunächst einmal müssen wir ja Chelsea aus dem Weg räumen. Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen. Der DFB und die DFL haben bereits bewiesen, dass mit so einer Sache mit dem passenden Hygienekonzept gut umgegangen werden kann. Und ich hoffe sehr, dass die UEFA die Angelegenheit ähnlich gut managt. Beim FC Bayern wird, bei allen Dingen, die in seiner Verantwortung sind, hervorragend gearbeitet. Und deshalb bin ich mir sicher, dass die Veranstaltung - leider ohne Zuschauer - ein Erfolg wird.

Werden Sie vor Ort sein?

Hoeneß: Wenn der FC Bayern ins Halbfinale kommt, was ich hoffe, werde ich nach Lissabon reisen und die letzten zwei Spiele hoffentlich miterleben.

Der FC Bayern gewann zuletzt ein Testspiel gegen Marseille.
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Der FC Bayern gewann zuletzt ein Testspiel gegen Marseille.

Hoeneß: "Eine andere Verteilung der Fernsehgelder bringt relativ wenig"

Ärgert Sie es, dass die achte Meisterschaft in Folge in der Öffentlichkeit als fast schon normal angesehen wird?

Hoeneß: Ärgern nicht. Auf den Gedanken kann man nur kommen, wenn man nicht beim FC Bayern beschäftigt ist. Soll der FC Bayern jetzt eine 24-Stunden-Woche einführen, etwas weniger arbeiten oder weniger kreativ sein? Das wird es hier nicht geben. Eine andere Verteilung der Fernsehgelder bringt relativ wenig. Man würde dem ein oder anderen Verein zwar zwei oder drei Millionen mehr in die Kassen spülen und den großen 30, 40 Millionen wegnehmen, aber spätestens, wenn die deutschen Vereine dann international keine Chance mehr haben, weil es dort eben nicht so gehandhabt wird, wird das große Wehklagen kommen. Wenn die Verteilung geändert werden soll, muss das überregional gemacht werden. Sonst wird die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Mannschaften verschlechtert.

Würden Sie trotzdem gerne mehr Spannung in der Liga haben?

Hoeneß: Natürlich würden wir uns auch etwas mehr Spannung wünschen, aber die kann nur dann gewährleistet sein, wenn unsere Chancen im internationalen Geschäft nicht gemindert werden. Der Ansatz für Veränderungen ist nur dann gegeben, wenn europaweit Lösungen gefunden werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Es ist nicht nur in Deutschland so, dass der FC Bayern vorne steht. In Spanien mit Real Madrid und dem FC Barcelona, in Italien mit Juventus und in Frankreich mit Paris Saint-Germain ist es genauso. In England ist es ein bisschen anders. Da sind es mehr Vereine. Solange es keine Änderung europaweit gibt - und da sehe ich zurzeit wenig Chancen - wird das wohl vorderhand so bleiben.

Hätten Sie diesbezüglich konkrete Ideen für die Umsetzung?

Hoeneß: Man müsste die Gelder, die die UEFA generiert, möglicherweise auf alle Vereine in Europa besser verteilen. Alle Länder müssen aber gleichmäßig davon betroffen sein. Wenn die Vereine in den einzelnen Ligen dadurch gestärkt würden und die Wettbewerbsfähigkeit in der Spitze nicht verändert würde, könnte ich mich damit anfreunden.

Hoeneß über Chelsea-Hinspiel: "Selten wurde ein englisches Team so an die Wand gespielt"

Wie ist Ihr Eindruck zur Bayern-Mannschaft, die sich in der Champions League noch keine Blöße gegeben hat?

Hoeneß: Das Hinspiel gegen Chelsea war unglaublich. Ich war selbst vor Ort und habe selten eine deutsche Mannschaft gesehen, die ein englisches Team so an die Wand gespielt hat. Dieses Spiel war von der ersten bis zur letzten Minute eine Demonstration der Stärke. Unsere Mannschaft macht einen sehr hungrigen Eindruck und es herrscht auch Harmonie innerhalb der Gruppe. Alle Spieler arbeiten gut zusammen. Der Trainer hat es geschafft, die Stärken der Mannschaft zu verbessern und das Team zu einer Einheit zu machen. Man sieht, mit welcher Akribie und Leidenschaft bis zur letzten Minute gespielt wird. Die Spieler haben eine unglaubliche Saison gespielt.

Wie schafft es der FC Bayern im Vergleich zu Manchester City und PSG, die zusätzlich finanziert werden, oben mitzuspielen?

Hoeneß: Leidenschaft und Erfolgshunger gibt es in Manchester und Paris auch, aber hier ist ein großer Gemeinschaftskreis entstanden. Das hat nichts mit den verschiedenen Ländern zu tun, sondern liegt an der Kooperation zwischen Mannschaft und Trainer.

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