Javi Martinez als Feuerlöscher des FC Bayern: Einer wie keiner

Von Kerry Hau, Dennis Melzer
Javi Martinez war einer der Schlüssel zum Remis beim FC Liverpool.
© getty

Als wunder Bayern-Punkt gegen die schnellen Mopeds von der Mersey ausgemacht, trumpfte der für den angeschlagenen Leon Goretzka kurzfristig in die Startelf gerutschte Javi Martinez in Anfield auf wie zu seinen besten Zeiten. Mit seiner beispiellosen Kampfeslust bewarb sich der baskische Feuerlöscher für eine Zukunft beim Rekordmeister über den Sommer hinaus - wenngleich keineswegs als unangefochtene Stammkraft.

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Javi Martinez schritt breitgrinsend durch die Katakomben des Liverpooler Fußballtempels, nach dem 0:0 im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales unterhielt sich der Spanier noch mit einem Freund per Videochat. "Es war ein gutes Spiel, wir können zufrieden sein", sagte er den Journalisten nur im Vorbeigehen.

Ein gutes Spiel, das war es tatsächlich. Von der Mannschaft, aber auch von Martinez selbst. Wobei der Ausdruck "gut" in Bezug auf die Leistung des Routiniers aus der baskischen Kleinstadt Estella-Lizarra nach diesem kalten und verregneten Dienstagabend eher untertrieben daherkam. "Richtig gut", "hervorragend" oder "fantastisch" schon eher. So nannte beispielsweise Hasan Salihamidzic den Vortrag von Martinez an der Anfield Road. "Wenn man jemand heraus nehmen kann", lobte der Sportdirektor des Rekordmeisters, "dann Javi."

Ausgerechnet Javi. Der, der sein Dasein in letzter Zeit hauptsächlich auf der bayerischen Ersatzbank gefristet hatte. Der, der die Allianz Arena in letzter Zeit oft wortlos und mit finsterer Miene verlassen hatte. Das Spiel gegen die Reds war tatsächlich sein erstes von Beginn an seit dem 27. Januar. Vier Partien lang musste sich der 30-Jährige mit der Rolle des Reservisten begnügen. Leon Goretzka erhielt neben Thiago und James Rodriguez zumeist den Vorzug im Dreier-Mittelfeld von Trainer Niko Kovac.

Großer Kampf in Liverpool: Goretzka-Ersatz Martinez überzeugt

Diese Konstellation wäre wahrscheinlich auch in Liverpool zu sehen gewesen, hätte sich eben jener Goretzka nicht kurzfristig mit einer Reizung im rechten Knöchel außer Gefecht gemeldet. Und da sich das Experiment mit Joshua Kimmich auf der Sechs und Rafinha hinten rechts zuletzt gegen Bayer Leverkusen nicht gerade als erfolgsversprechend erwiesen hatte und das Risiko zu hoch war, den jungen Renato Sanches in einem Hexenkessel wie Anfield ins kalte Wasser zu werfen, schlug die Stunde von Martinez.

Eine glückliche Fügung für die Münchner. Denn der Goretzka-Ersatz überzeugte trotz seiner Defizite in puncto Schnelligkeit und Spieleröffnung auf Knopfdruck wie zu seinen besten Zeiten. Er bestritt die meisten Zweikämpfe seiner Mannschaft (18), von denen er bis zur 70. Minute 70 Prozent für sich entschied. Danach schlichen sich noch ein, zwei Ungenauigkeiten ein, doch insgesamt war es ein runder, weil beherzter Auftritt des Mannes mit der Nummer 8. Das befand auch Mats Hummels.

"Er hat unglaublich viel weggeräumt, hat sich in jeden Ball hineingeworfen und viele brenzlige Situationen gelöscht. Das war ein Spiel, das wie für ihn gemacht war. Er war heute enorm wertvoll für uns", schwärmte der Innenverteidiger von seinem Vordermann.

Kovac und Klopp schwärmen von Martinez

Martinez stand sozusagen sinnbildlich für die in dieser Saison ungewohnte Mentalität der Bayern, den eigenen Schweinehund zu überwinden und jeden noch so nervigen Laufweg anzunehmen. Nicht kopflos, sondern klug. Der Rechtsfuß eroberte dank starker Antizipationen die meisten Bälle seiner Mannschaft (9), leitete damit allen voran in Hälfte eins sogar den ein oder anderen gefährlichen Gegenstoß ein.

"Die letzte Linie der Bayern war stark. Und wenn du dann noch den Martinez davor hast, hilft das durchaus", sagte Liverpool-Coach Jürgen Klopp. Sein Gegenüber Kovac hob die "Persönlichkeit" des spanischen Weltmeisters von 2010 hervor. An solch heiklen Europapokalabenden benötige man "Spieler, die das schon einmal erlebt haben".

Gerade deshalb würden die Bayern gut daran tun, den 2012 für 40 Millionen Euro von Athletic Bilbao verpflichteten Martinez in ihre Zukunftsplanungen mit einzubeziehen und ihn dazu zu bewegen, seinen bis 2021 datierten Vertrag zumindest zu erfüllen anstatt eine vorzeitige Rückkehr gen Heimat ins Auge zu fassen.

Martinez: Alternativer Spielertyp für alternative Anlässe

Er wird nicht schneller, er wird nicht kreativer - aber seine kämpferische Präsenz, die in der jüngeren Vergangenheit nur Mark van Bommel oder Arturo Vidal verkörperten, kann in Spielen wie in Liverpool ohne viel Ballbesitz Gold wert sein.

Corentin Tolisso besitzt die Anlagen, um in die Martinez-Rolle hineinzuwachsen, braucht nach seiner schweren Knieverletzung aber noch viel Zeit. In den meisten Fällen werden Martnez' Stärken aber nicht so gefragt sein wie in Liverpool. In der Bundesliga, wenn sich für gewöhnlich mehr als zwei Drittel der Bayern-Gegner hinten reinstellen, braucht es mehr Fantasie. Die Fantasie eines Goretzka oder Thiago.

"Man kann eine Partie nicht auf eine andere übertragen", betonte daher auch Hummels, "es werden verschiedene Spielertypen für verschiedene Aufgaben benötigt." Der kommende Gegner am Samstag in der Bundesliga, Hertha BSC, wird dem baskischen Feuerlöscher wohl nicht so gelegen kommen.

Die nächsten fünf Pflichtspiele des FC Bayern

GegnerWettbewerbDatumAnstoßzeit
Hertha BSC (H)Bundesliga23. Februar15.30 Uhr
Borussia Mönchengladbach (A)Bundesliga2. März18.30 Uhr
VfL Wolfsburg (H)Bundesliga9. März15.30 Uhr
FC Liverpool (H)Champions League13. März21 Uhr
Mainz 05 (H)Bundesliga17. März18 Uhr
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