BVB - Kommentar zur Niederlage von Borussia Dortmund beim FC Bayern München: Kein einziges Defizit

Borussia Dortmund
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Borussia Dortmund hat zum neunten Mal in Folge ein Auswärtsspiel beim FC Bayern München verloren, dabei stets mindestens zwei Treffer kassiert und ein desaströses Torverhältnis von 8:37 angehäuft. Dass sich viele Male der Spielverlauf ähnelt, ist mittlerweile mehr Trauma als Zufall. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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"Technisch, taktisch, mental - ein einziges Defizit", sagte Thomas Tuchel als Trainer von Borussia Dortmund im November 2016. Unter Tuchel hatte der BVB mit 1:5 und 1:4 gegen den FC Bayern München verloren. Der neue Coach des FCB reihte sich also ein in die mittlerweile neun Spielzeiten lange Negativserie, in der die Dortmunder Partien in München nicht mehr gewinnen konnten.

Tuchel wählte seine polternden Worte jedoch nicht nach einer der beiden Pleiten beim Rekordmeister, sondern nach einer 1:2-Niederlage bei Eintracht Frankfurt. Die stete Chancenlosigkeit, die die Borussia bei Auftritten in Bayerns Landeshauptstadt umgibt, erinnert jedoch - besonders diesmal, mit Tuchel als gegnerischem Coach - sehr an seine damalige Kritik.

Der BVB in München ist jedoch vielmehr kein einziges Defizit, sondern ein nun neun Spiele andauerndes. Dortmund war in diesen neun Begegnungen nie wirklich auf Augenhöhe mit dem Branchenprimus, stattdessen kassierte man jedes Mal mindestens zwei Treffer und häufte ein desaströses Torverhältnis von jetzt 8:37 Treffern an.

Natürlich ließe sich jede der Partien einzeln bewerten und kommentieren, was an dieser Stelle ja auch getan wurde - zum Beispiel hier. Und doch ähnelt sich der Spielverlauf nicht zum ersten Mal, er scheint mittlerweile mehr als bloßer Zufall zu sein.

FC Bayern München, Borussia Dortmund
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BVB-Niedergang in München ist Regel statt Ausnahme

BVB-Kapitän Marco Reus äußerte im Vorfeld die Hoffnung, dass "wir bereit sein werden". "Wir wollen beweisen, dass wir anders sind, als wir in den letzten Jahren dort aufgetreten sind", hatte sein Trainer Edin Terzic gesagt. Dabei wollte Terzic gar nicht so sehr auf die Vorjahre in München blicken, sondern einen Lernprozess bei seiner aktuellen Mannschaft sehen.

Diese hatte in vergleichbaren Duellen beim FC Chelsea (0:2) oder in der Hinrunde bei RB Leipzig (0:3), als mit Marco Rose ein anderer Dortmunder Ex-Trainer erstmals an der Seitenlinie stand, weit unter ihrem Niveau agiert und jeweils völlig verdient verloren. Terzic nannte die - allerdings am Ende auch verlorene - Partie in der Champions League bei Manchester City (1:2) ein gutes Beispiel, als der BVB gegen ein stärker besetztes Team über lange Zeit die bessere Mannschaft war.

Doch der erhoffte Lernprozess blieb aus. So wie er ausbleibt, wenn es für die Borussia nach München geht - selbst die personelle Besetzung ist dabei egal. Unerheblich auch, ob der BVB gut ins Spiel gekommen ist oder wie vor zwei Jahren mit 2:0 führte. Dass Dortmund bei den Bayern beim ersten Rückschlag wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, ist Regel statt Ausnahme.

BVB beim FC Bayern wie ein traumatisches Phänomen

Der BVB verliert dann vollständig die Orientierung, verlässt als Mannschaft den Matchplan, irrt individuell außerhalb der Positionen umher und geht im Momentum-Wirbel des FCB als gesamtes Team unter. Gewiss, der FC Bayern hat die nötige Qualität in seinen Reihen, um solche Phasen auszunutzen. Dazu auch die Gier, dem größten Rivalen der vergangenen Jahre genau dann noch weiter wehzutun.

In diesen Momenten mutet es an, als handele es sich beinahe schon um ein traumatisches Phänomen: Der BVB will den Negativlauf durchbrechen, versagt dabei jedoch und befreit sich erst dann allmählich aus dem Dilemma, wenn die Partie ohnehin schon längst entschieden ist. Die Bayern dagegen wissen um diese Schwäche und attackieren mit großem Selbstbewusstsein zum genau richtigen Zeitpunkt.

"Dieses Wort werden wir in der Vorbereitung definitiv nicht benutzen", hatte Terzic am Freitag auf der Pressekonferenz geantwortet, als er bezogen auf Dortmunds Pleitenserie mit dem Begriff "Trauma" konfrontiert wurde. Am Samstagabend sagte der BVB-Trainer, es sei enttäuschend gewesen, dass "wir aufhören, uns dagegen zu wehren", nachdem das 0:1 fiel.

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BVB: Selbst als Tabellenführer kein anderes Gesicht

Dass selbst die Energie, die Zuversicht und Euphorie, die die Schwarzgelben durch die erfolgreichen Wochen im Jahr 2023 angesammelt haben, nicht dabei halfen, bei den Bayern ein anderes Gesicht zu zeigen, ist bedenklich. Auch die Rückkehr von verletzten Leistungsträgern sowie die fast einmalige Gelegenheit, als Tabellenführer den FCB auf vier Punkte zu distanzieren, führte nicht zu einem essentiell anderen Auftritt als in den Vorjahren.

Die Meisterschaft ist an diesem 26. Spieltag nicht entschieden worden. Vielleicht hat er ja sogar die Dortmunder dabei bestätigt, auf was es beim weiteren Kader-Umbruch, den man im vergangenen Sommer eingeleitet hat, ankommt: Nämlich darauf, langfristig eine widerstands- und leidensfähige sowie hierarchisch homogen strukturierte Truppe zusammenzustellen, die in der Lage ist, Rückschläge gemeinschaftlich abzuschütteln - nicht nur, aber auch in München.

BVB vs. FC Bayern München: Das Restprogramm in der Bundesliga

SpieltagBVBFC Bayern
27Union Berlin (H)SC Freiburg (A)
28VfB Stuttgart (A)TSG Hoffenheim (H)
29Eintracht Frankfurt (H)Mainz 05 (A)
30VfL Bochum (A)Hertha BSC (H)
31VfL Wolfsburg (H)Werder Bremen (A)
32Borussia M'Gladbach (H)Schalke 04 (H)
33FC Augsburg (A)RB Leipzig (H)
34Mainz 05 (H)1. FC Köln (A)