BVB - Kommentar zur sportlichen Situation bei Borussia Dortmund: Das Licht im Leuchtturm ist aus

BVB-Boss Hans-Joachim Watzke stärkte Trainer Edin Terzic den Rücken.
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Die Aufbruchstimmung zu Saisonbeginn ist bei Borussia Dortmund Ernüchterung gewichen. Der BVB strahlt unter Edin Terzic nichts aus und ist drauf und dran, seinen langjährigen Status im deutschen Fußball einzubüßen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Vielversprechend klingende Transfers, eine Identifikationsfigur als neuer Trainer, die damit einhergehende Aufbruchstimmung - nach dem verheißungsvollen Sommer ist durch sechs Niederlagen in 15 Bundesligaspielen bei Borussia Dortmund längst Ernüchterung angesagt. Statt dem Markenkern des Vereins entsprechend emotional und energiegeladen Fußball zu spielen, strahlt die Mannschaft des BVB unter Edin Terzic nichts aus. So ist man drauf und dran, den langjährigen Status im deutschen Fußball zu verlieren.

Den hatte man sich ohnehin selbst angedichtet, als Hans-Joachim Watzke seinen Klub vor Jahren als "zweiten Leuchtturm des deutschen Fußballs" bezeichnete. Mit Blick auf die sportlichen und finanziellen Leistungen sowie die Strahlkraft lag der Dortmunder Geschäftsführer damit gewiss nicht falsch. Doch das Licht im Leuchtturm wurde mit den Jahren nicht stärker. Im Gegenteil: Es verblasste vielmehr unter den immer gleichen Problemen und unzureichend behobenen Mängeln.

Nun überwintert der BVB auf Platz sechs und kann sich glücklich schätzen, gegen Freiburg, Bayern und Frankfurt sieben alles andere als souverän eingefahrene Punkte auf der Habenseite zu verbuchen. In der Vorsaison, die wie die laufende Spielzeit und einige zuvor von sportlichen Wellenbewegungen geprägt war, hatte die Borussia sechs Zähler mehr auf dem Konto. Und ohne Gregor Kobels Sahnetag in Hannover wäre man wie bereits 2021/22 in der zweiten DFB-Pokalrunde ausgeschieden.

Seit Watzke auf dem Zenit der Ära Jürgen Klopp das Leuchtturm-Ziel ausrief und es später als erreicht deklarierte, zeigt der Trend trotz dreier zweiter Plätze in den vergangenen fünf Jahren - in denen man fünf Mal den Trainer austauschte - merklich nach unten. Bei der Auswahl der Trainer divergierte man zwischen den Spielstilen, was regelmäßige Wiederanfänge und Kaderumbrüche bedeutete und zunehmenden Identifikationsverlust auf Seiten der Anhänger mit sich brachte.

BVB-Boss Hans-Joachim Watzke fordert Zeit

Dies setzt sich aktuell unter der neuen sportlichen Führung um Terzic und Sportdirektor Sebastian Kehl fort. Die Neugestaltung fiel großflächig aus und betraf auch zahlreiche Ebenen abseits des Platzes. Das benötigt zweifelsfrei Zeit, die Watzke am Freitag auch öffentlich einforderte: "Wir haben einen neuen Trainer und einen neuen Sportdirektor. Wir haben also eine komplett neue sportliche Leitung, der wir auch Vertrauen geben müssen. Du kannst nicht im August sagen 'Ihr habt unser Vertrauen' und dann im November nach ein paar Rückschlägen sagen 'Richtig toll ist das auch nicht'. Wir müssen uns entwickeln und wir müssen dem Edin die Zeit geben."

Allerdings liegt genau bei dieser Zeit-Frage der Hund begraben: Der komplexe Erneuerungsprozess des BVB bringt gleichermaßen Chancen wie Risiken mit sich. Einerseits bleibt es der Anspruch, sich für die Champions League zu qualifizieren und der hohen Erwartungshaltung auch auf internationalem Terrain (was bislang geklappt hat) gerecht zu werden.

Andererseits könnten die Rückschritte der vergangenen Jahre auch dargelegt haben, dass wirklich profunde Umwälzungen innerhalb des Klubs und der Mannschaft möglicherweise nur dann eine Chance auf Erfolg haben, wenn man die eigenen Ansprüche etwas herunterschraubt. Das bedürfte jedoch einer gut abgestimmten Strategie und Kommunikation nach außen, um für Geduld zu werben - doch in der Beziehung hat sich der BVB zuletzt nicht mit Ruhm bekleckert.

BVB-Trainer Edin Terzic wird in den Fokus rücken

Abgesehen davon ist die aktuelle Dortmunder Mannschaft schlichtweg nicht gut genug, um die Rolle als Jäger des FC Bayern konstant auszufüllen. Dafür mangelt es ihr weiterhin an Homogenität, Führung und der nötigen Qualität. Sie steht in ihrer Komposition allenfalls am Anfang einer Entwicklung und es wird weitere Transferperioden benötigen, um ihr eine bessere Haltung und größere Stärke einzuimpfen.

Wenngleich er weiterhin die Rückendeckung des Vereins genießt, rückt dabei künftig auch Terzic enorm in den Fokus. "Sein" BVB trat in der Mehrzahl der Partien harmlos und ohne Esprit auf. Eine klare Spielidee war bislang noch nicht auszumachen. Hinzu kommt die trotz prominenter Verstärkung regelmäßig irrlichternde Defensive.

Dass Borussia Dortmund derzeit nur Mittelmaß ist, lässt sich nun auch 72 Tage lang an der Tabelle ablesen. "Wir starten nicht bei Null, wir starten bei Minus", sagte Terzic hinsichtlich 2023. Es wird eines großen Aufwands bedürfen, nicht nur diesen Zustand zu verändern.

BVB: Borussia Dortmund unter Trainer Edin Terzic in der Saison 2022/23

WettbewerbSpieleSUNToreDiff.Punkte
Bundesliga1581625:21425
DFB-Pokal22--5:05-
Champions League623110:559
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