Borussia Dortmund - VfB Stuttgart 1:5: BVB erlebt Debakel gegen starken VfB

Der BVB hat gegen Stuttgart mit 1:5 verloren.
© imago images/Martin Hoffmann

Titelaspirant Borussia Dortmund hat am 11. Spieltag der Bundesliga eine krachende Niederlage kassiert. Die Mannschaft von Lucien Favre unterlag dem beherzten Aufsteiger VfB Stutgart im heimischen Signal Iduna Park mit 1:5 (1:1) - und war damit sogar noch gut bedient.

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Der Rückstand des vorübergehend auf Platz fünf abgerutschten BVB auf Rivale Bayern München beträgt nach dem 1:1 des Rekordmeisters bei Union Berlin nun fünf Zähler.

"Wenn man zuhause mit 1:5 verliert, dann ist das ein schwarzer Tag. Wir müssen das hier jetzt analysieren", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, als er 2,5 Stunden nach dem Abpfiff das Stadion verließ.

"Wir sind mit einem glücklichen 1:1 in die Pause, danach legen wir den Stuttgartern reihenweise die Tore vor. 1:2 Ballverlust. 1:4 Ballverlust. 1:5 Ballverlust. Stuttgart hat das natürlich auch hervorragend gemacht, wie die ganze Saison schon. Sie waren aggressiv und zielstrebig", sagte ein frustrierter Mats Hummels nach dem Abpfiff bei Sky: "Es geht darum, Automatismen im Spiel zu haben, konzentriert zu sein und sinnvollen Fußball zu spielen. Sinnvoll heißt, Risiko da einzugehen, wo es angebracht ist. Oft können wir Dinge durch individuelle Klasse kompensieren, heute ging das gnadenlos schief."

Der BVB habe sich "im Minutentakt ins eigene Fleisch geschnitten". Die Gründe dafür? Vielschichtig. "Es ist sehr schwer zu erklären. Wenn du den Ball nicht im Team eroberst, hast du ein Problem. Wir waren sehr, sehr schlecht, das war eine Katastrophe. Wir waren nicht da. Das geht nicht", sagte Trainer Favre. Abwehrchef Hummels wurde deutlicher, sprach von "fehlender geistiger Frische" und bemängelte zudem Probleme im Spiel mit dem Ball.

Reus: "Sind keine Mannschaft, die gut verteidigen kann"

"Wir versuchen uns immer klein-klein durch enge Räume durchzuspielen und haben dabei eine riesige Ballverlustquote. Wenn es klappt, sieht es gut aus. Es klappt aber in den wenigsten Fällen. Das ist zu viel Geschnicke. Wir haben zu wenig Tiefe, machen die Räume unnötig selbst eng", befand Hummels.

Das vernichtende Fazit von Kapitän Marco Reus: "Wir sind keine Mannschaft, die gut verteidigen kann." Die höchste Heim-Niederlage in der Bundesliga seit der Saison 2009/10 (1:5 gegen Bayern) sei "sehr beschämend". Auf der anderen Seite herrschte Partystimmung. "Wir haben nach vorne und nach hinten als brutale Einheit agiert. Wir haben dominant und mit Überzeugung Fußball gespielt , sagte VfB-Coach Pellegrino Matarazzo. Und Stuttgarts Vorstandschef Thomas Hitzlsperger schrieb bei Twitter: "Ich könnte Konfetti kotzen, so happy bin ich über das, was ich gerade sehen durfte."

Borussia Dortmund - VfB Stuttgart: Die Analyse

Bei der desaströsen Vorstellung gegen den VfB wurde zunächst einmal mehr die fehlende Durchschlagskraft in der Offensive deutlich. Favre versuchte den schmerzhaften Ausfall von Top-Torjäger Haaland (Muskelfaserriss) wie schon beim 2:1 unter der Woche gegen Zenit St. Petersburg mit Reus zu kompensieren. Der Routinier sollte vorne mit den jungen Sancho und Reyna wirbeln, zudem kehrte in Guerreiro ein wichtiger Spieler für die linke Offensivseite zurück.

Allerdings gelang es der Favre-Elf in der ersten halben Stunde kein einziges Mal, auf das Tor von Stuttgarts Schlussmann Kobel zu schießen. Dagegen war der taktisch hervorragend eingestellte und spielerisch mutige Aufsteiger am Drücker, weil er auch unter hohem Gegnerdruck immer wieder schnell Tiefe in sein Spiel brachte. Die freche Stuttgarter Offensive um Wamangituka, Coulibaly und Klimowicz beschäftigte die Dortmunder Abwehr permanent. So wusste sich Can in der 26. Minute nur mit einem Foul an Klimowicz im Strafraum zu helfen, als dieser allein auf Bürki zustürmte. Den fälligen Elfmeter verwandelte Wamangituka sicher und wuchtig ins linke untere Eck.

BVB geht mit glücklichem Remis in die Pause

Mit einer besseren Chancenverwertung hätten die Schwaben in Durchgang eins gut und gerne noch zu weiteren Torerfolgen kommen können. Bürki erwischte im Dortmunder Kasten aber einen Sahnetag. Nach einem weggefischten Freistoß von Sosa (7.) parierte der Schweizer auch noch mehrere Top-Chancen von Coulibaly und Klimowicz. Dass der BVB mit einem Unentschieden in die Pause ging, war insofern mehr als glücklich und mehr der individuellen Klasse zweier Spieler geschuldet als einer starken Kollektivleistung. Es lief die 39. Minute, als Guerreiro den Ball perfekt in den Lauf von Reyna chippte, der diesen perfekt mitnahm und eiskalt an Kobel vorbei in die Maschen manövrierte.

Nach dem Seitenwechsel bot sich das gleiche Bild: Der vor Spielfreude nur so sprühende VfB hatte das Heft in der Hand, der angesichts des engen Spielplans ausgelaugt daher kommende BVB entwickelte kaum Explosivität nach Ballgewinn. Da sich die Favre-Elf fortan sogar noch zu eklatanten Abwehrfehlern hinreißen ließ, erlebte sie ein Debakel.

Wamangituka schnürt Doppelpack - BVB erlebt Desaster

Wamangituka traf schon früh nach dem Seitenwechsel zur verdienten Führung (53.), Förster nach einem starken Spielzug (60.) und Coulibaly nach einem Katastrophenpass von Bellingham (63.) erhöhten eiskalt. In der letzten halben Stunde war der BVB somit nur noch um Schadensbegrenzung bemüht, kam aber nicht noch einmal zwingend heran.

Im Gegenteil: In der Nachspielzeit traf auch noch der eingewechslte Gonzalez zum fünften Mal für die Stuttgarter, nachdem Schulz den Ball leichtfertigt hergeschnekt hatte. Es war eine denkwürdige Lehrstunde des Aufsteigers, der sich vor allem wegen seines spielerischen Potenzials noch häufiger als Stolperstein für so manchen vermeintlichen Favoriten herausstellen dürfte.

Borussia Dortmund - VfB Stuttgart: Die Aufstellungen

Dortmund: Bürki - Can (59. Reinier), Hummels, Akanji (86. Zagadou) - Morey, Bellingham (64. Schulz), Witsel, Guerreiro (86. Moukoko) - Sancho (86. Brandt), Reyna, Reus

Stuttgart: Kobel - Mavropanos (88. Stenzel), Anton, Kempf - Wamangituka (67. Massimo), Mangala, Endo, Förster, Sosa - Klimowicz (88. Churlinov), Coulibaly (67. Gonzalez)

Borussia Dortmund - VfB Stuttgart: Die Daten des Spiels

  • Tore: 0:1 Wamangituka (26.), 1:1 Reyna (39.), 1:2 Wamangituka (53.), 1:3 Förster (60.), 1:4 Coulibaly (63.), 1:5 Gonzalez (90.+1)
  • Borussia Dortmund verlor die letzten drei Bundesliga-Heimspiele allesamt - das gab es für den BVB letztmals in der Saison 2013/14 unter Jürgen Klopp.
  • Der VfB Stuttgart trat mit der zweitjüngsten Startelf in seiner Bundesliga-Historie an (23,37 Jahre) - nur im Mai 1968 waren die Schwaben noch jünger.
  • Die Elf von Matarazzo traf in jedem ihrer elf Bundesliga-Spiele in dieser Spielzeit - das schafften sonst bis zum Spieltagsbeginn nur Werder Bremen, Union Berlin und der FC Bayern. Erst zum vierten Mal gelingt dies dem VfB in der Bundesliga (zuletzt 1984/85).
  • Bärenstarker Wamangituka: Der letzte Stuttgarter mit sieben Treffern nach elf BL-Spieltagen war Vedad Ibisevic vor sieben Jahren.

Der Star des Spiels: Silas Wamangituka (VfB Stuttgart)

Ließ sich die Kritik nach seinem umstrittenen Treffer in Bremen nicht anmerken, sondern machte unbeirrt dort weiter, wo er aufgehört hatte: mit dem Toreschießen. Erwies sich nicht nur mit seinem Doppelpack als ständige Nervensäge für die Dortmunder Abwehr.

Der Flop des Spiels: Emre Can (Borussia Dortmund)

Einer von vielen BVB-Spielern, die wenig bis gar nichts auf die Kette bekamen. Verschuldete den Strafstoß mit einem klaren Foul an Klimowicz, das zum 1:0 der Gäste führte. Wirkte in Dortmunds Dreier-Abwehrkette ansonsten auch nicht auf der Höhe und verließ nach einer guten Stunde folgerichtig den Platz.

Der Schiedsrichter: Christian Dingert

Das elfmeterwürdige Foul von Can war unstrittig (26.), auch das vermeintliche 2:4 durch Reyna erkannte Dingert mithilfe des VAR ab (87.). Eine souveräne Vorstellung des 40 Jahre alten Unparteiischen aus Rheinland-Pfalz.

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