Lucien Favres Systemumstellung beim BVB: Eine Win-Win-Situation

Lucien Favre hat Borussia Dortmund zu vier Siegen in Folge geführt.
© Getty

Als Trainer Lucien Favre Ende November bei Borussia Dortmund vor dem Aus stand, wagte er eine Systemumstellung. Und die wirkt: der BVB gewann alle vier darauffolgenden Spiele, beim 4:0 beim FSV Mainz 05 sogar in begeisternder Manier.

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Die entscheidende Frage klärte Julian Weigl direkt nach Abpfiff des überzeugenden Auswärtserfolgs in Mainz. "Da ist er schon selbst draufgekommen", sagte Weigl also. Er, das ist Trainer Lucien Favre. Es ging natürlich um das neue System, das Dortmund zuletzt vier Pflichtspielsiege in Folge bescherte. Es ging um das 3-4-3.

Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2018 vertraute Favre meist auf ein 4-2-3-1, manchmal mit leichten Abwandlungen. Von der Abwehrviererkette rückte er jedoch niemals ab. Als er Ende November nach einer 0:4-Niederlage beim FC Bayern München, einem 3:3 gegen den Aufsteiger SC Paderborn und einem 1:3 beim FC Barcelona kurz vor dem Aus stand, stand jedoch alles auf dem Prüfstand. Auch das System.

"Vor dem Hertha-Spiel haben wir uns zusammengesetzt, haben vieles besprochen", erzählte der Leiter der Lizenzspielerabteilung Sebastian Kehl in Mainz. Auch Weigl berichtete von Gesprächen zwischen dem Mannschaftsrat und Trainer Favre bezüglich des Systems. Daraufhin wagte Favre die Umstellung auf ein 3-4-3. Es war sozusagen seine finale Patrone. Und die saß.

Julian Weigl lobt: "Die Systemumstellung hat uns gutgetan"

Mit viel Kampf gewann Dortmund, 45 Minuten in Unterzahl, zunächst mit 2:1 bei Hertha BSC. Darauf folgte ein überzeugender 5:0-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf, bei dem Dortmund keinen einzigen Schuss aufs Tor zuließ, und ein glücklicher 2:1-Sieg in der Champions League gegen Slavia Prag, der die Mannschaft ins Achtelfinale brachte. Statt des Systems war dabei jedoch Keeper Roman Bürki der Sieggarant. Dieser lobte Favre nach dem Spiel: "Er hat die richtigen Schlüsse aus der Krise gezogen, das System umgestellt und es geschafft, dass das Team immer hinter ihm stand."

Und nun eben dieser 4:0-Sieg in Mainz. Dortmund ließ wie schon gegen Düsseldorf keinen einzigen gegnerischen Schuss aufs Tor zu und zeigte offensiv teilweise begeisternden Fußball. "Die Systemumstellung hat uns gutgetan", bestätigte Weigl. "Es war der richtige Schritt, um hinten Sicherheit zu bekommen, und langsam kommt auch das Selbstverständnis im Ballbesitz zurück." Kehl sagte: "Wir glauben, dass uns diese Formation mehr Stabilität gibt, mit drei Leuten in der Verteidigung, aber auch mehr Optionen auf den Außenpositionen und im Sturm."

Und tatsächlich: Die Systemumstellung ist für Dortmund eine Win-Win-Situation. Hinten steht die Mannschaft besser, nach vorne spielt sie kreativer. Das neue System passt ideal zum vorhandenen Spielermaterial.

Julian Brandt ist der große Gewinner der Umstellung

In Mainz bildeten Manuel Akanji, Mats Hummels und Dan-Axel Zagadou die Dreierkette. Das Aufbauspiel übernahm weitestgehend Hummels, der einige gute Pässe in die Spitze spielte - wie etwa in der 12. Minute auf Marco Reus. Der auffälligste Vertreter der Dreierkette war jedoch Zagadou, der nicht nur starke knapp 73 Prozent seiner Zweikämpfe gewann, sondern auch mit einem Ballgewinn und folgenden Sprint über den ganzen Platz das 2:0 von Jadon Sancho vorbereitete. Defensiv agierten alle drei - gegen zugegebenermaßen harmlose Mainzer - sehr stabil.

Der wohl größte Gewinner der Systemumstellung ist aber Mittelfeldspieler Julian Brandt, der nach Wochen der fast schon verzweifelten Positionssuche nun leicht versetzt vor Julian Weigl auf der Acht aufläuft. Eine Position wie gemacht für ihn. Wie schon bei den vergangenen Spielen lieferte Brandt auch in Mainz gute Ideen und etliche öffnende Pässe in die Schnittstellen. Nach Achraf Hakimi verzeichnete Brandt die zweitmeisten Ballaktionen, gegen Düsseldorf und Prag hatte er die meisten. Vor allem das Zusammenspiel mit Marco Reus, der als falsche Neun agiert, funktioniert fabelhaft.

BVB empfängt am Dienstag RB Leipzig

Profitiert haben von der Umstellung auch die Flügelstürmer Sancho und Thorgan Hazard. Da die beiden Außenbahnspieler (in Mainz waren es Hakimi und Nico Schulz) im 3-4-3 dank der Absicherung von drei Innenverteidigern extrem hoch aufrücken und sich die Spitze Reus oft fallen lässt, können Sancho und Hazard ins Zentrum stoßen und dort mit ihren technischen Fähigkeiten auf engstem Raum für Torgefahr sorgen. Gegen Mainz trafen sie beide, Sancho bereitete darüber hinaus auch noch ein Tor vor.

Die Systemumstellung hat Favre wohl den Trainerposten gerettet und Dortmund vier Siege beschert. Ein wirklicher Prüfstein war bisher jedoch noch nicht dabei. Der folgt bereits am Dienstag, wenn Dortmund den zumindest vorübergehenden Tabellenführer RB Leipzig empfängt (20.30 Uhr im LIVETICKER). Mit einem Sieg könnten die drittplatzierten Dortmunder bis auf einen Punkt an die Bullen heranrücken.

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