Niko Kovac beim FC Bayern: Der leidende Sieger

Von Kerry Hau, Martin Volkmar, Dennis Melzer
FC Bayern München, Eintracht Frankfurt
© Getty

Gekrönt von den hollywoodreifen Abschieden von Franck Ribery und Arjen Robben, macht der FC Bayern seine 29. Meisterschaft mit einem emotionsgeladenen Schützenfest gegen Eintracht Frankfurt perfekt. Die Debatte um die Zukunft von Trainer Niko Kovac hält nach einem weiteren rätselhaften Auftritt der Verantwortlichen nach dem Schlusspfiff trotzdem an.

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Uli Hoeneß weinte vor Freude, als Franck Ribery traf. Renato Sanches sprintete nach seinem ersten Saisontor in der Bundesliga 60 Meter über den Platz, um mit dem Franzosen und dessen legendärem Kollegen Arjen Robben zu jubeln. Und die ganze Mannschaft tanzte, bierduschte und herzte sich nach der konfettireichen Siegerehrung, als hätte sie gerade ihre erste und nicht siebte deutsche Meisterschaft in den vergangenen sieben Jahren gewonnen.

Es waren 90 und ein paar mehr Minuten, die des FC Bayern würdig waren. 90 und ein paar mehr Minuten voller Emotionen. Im Prinzip genau nach dem Geschmack von Niko Kovac, einem Trainer, der seinen Gefühlen gerne freien Lauf lässt. Kovac lachte viel an diesem Samstag, er hatte aber auch Tränen in den Augen und gab selbst zu, "total ausgelaugt" zu sein. Zu viel war in den vergangenen Wochen auf ihn eingeprasselt, als dass er locker hätte da stehen können, nachdem er mit seinem Team gerade eine der punktemäßig besten Rückrunden der Vereinsgeschichte gekrönt hatte.

"Das macht uns menschlich", sagte Kovac kurze Zeit später auf der Pressekonferenz über seinen Gefühlsausbruch und wiederholte in diesem Zusammenhang den Satz, der zuletzt häufiger über seine Lippen gekommen war: "Hier sitzt kein Roboter." Er habe ein "sehr anstrengendes Jahr" hinter sich, "man sieht es wahrscheinlich auch an meinen Haaren und meinem Bart", fügte der 47-Jährige schmunzelnd hinzu - aber: "Jetzt sind wir Meister. Ende gut, alles gut."

Kein Bekenntnis zu Kovac

Wäre da nicht ausgerechnet das Wort "Ende", das seit mehreren Wochen wie eine dunkle Wolke über der Allianz Arena schwebt.

Sogar der für gewöhnlich redefreudige Präsident Hoeneß vermochte bei all den Emotionen, die während der 5:1-Gala in ihm hochgekocht waren, kein Bekenntnis zu Kovac abzugeben. "Ich habe immer gesagt, ich werde mich an den Spekulationen nicht beteiligen, deshalb werden sie zu dem Thema von mir nichts hören", sagte er. Man müsse ohnehin aufhören, darüber zu sprechen.

Ähnlich nebulös äußerte sich auch der Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Für ihn stelle sich die Frage nach Kovacs Zukunft sowieso nicht. "Er hat meine volle Unterstützung", betonte Salihamidzic zunächst im Mixed-Zone-Gespräch mit den Journalisten. Dann redete er allerdings wieder nur von den Fakten, die doch dafür sprechen würden, dass Kovac den Rekordmeister auch ab der kommenden Spielzeit betreue.

Salihamidzic: "Wollen wir heute wirklich darüber disktutieren?"

Als ein Reporter ihn fragte, ob neben den Fakten denn auch die Gefühle, die Gedanken der Bayern-Bosse für den Meistercoach sprechen würde, wiegelte Brazzo ab: "Wollen wir wirklich an so einem Tag darüber diskutieren?" Kein Wunder, dass Kovac selbst keine hundertprozentige Garantie für seinen Verbleib geben konnte und stattdessen nur die Zuversicht äußerte, seinen bis 2021 datierten Vertrag zu erfüllen.

Die Bosse werden das Trainer-Thema bis zum Pokalfinale gegen RB Leipzig weiterhin tot schweigen. Ein für einen Klub mit Mia-san-mia-Mentalität unwürdiges Verhaltensmuster, das auch den Fans offensichtlich gegen den Strich geht. "Bayern-Familie wird gepredigt, doch selbst nicht mehr gelebt. Umbruch heißt, als Einheit standhaft zu bleiben", hießt es auf einem viergeteilten Spruchband, das die Anhänger in der Südkurve im Laufe der zweiten Halbzeit ausrollten.

Fans kritisieren Bayern-Bosse und besingen Kovac

Jene Anhänger waren es auch, die Kovac wenig später, nachdem die eingewechselten Oldies Ribery und Robben ihren Abschied vor heimischer Kulisse mit zwei Treffern so kitschig wie nur möglich zelebriert hatten, besangen. Kovac zeigte sich infolge dieser Liebesbekundung gerührt, klatschte in Richtung Südkurve.

Mats Hummels empfand dies "als unglaublich schönes Zeichen, so etwas zurückzubekommen. Das ist all die Strapazen wert." Hoeneß sagte dazu immerhin, es habe ihn für Kovac gefreut, ließ aber auch an dieser Stelle ein Bekenntnis aus.

Das bekam Kovac zumindest noch von zwei seiner Spieler. "Er weiß auch, dass Bayern noch einmal etwas anderes ist als Eintracht Frankfurt. Im Verein herrscht so viel Druck. Es ist nicht einfach, damit umzugehen. Ich finde, er hat es in diesem Jahr sehr gut gemacht", sagte Niklas Süle. Und der verletzte Kapitän Manuel Neuer erinnerte: "Wir können das Double gewinnen, das haben Welttrainer wie Pep Guardiola auch geschafft. Der ist mit uns auch nicht Champions-League-Sieger geworden."

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