Das letzte Risikospiel

Die entscheidende Szene des Spiels: Jung fällt Coman und sieht anschließend Rot
© Getty

Der FC Bayern München fährt im dritten Spiel unter Jupp Heynckes den dritten Sieg ein. Die erste Rotationsmaßnahme des Trainers sorgt für Probleme im Spiel der Münchner. Für Detailarbeit ist in den nächsten Wochen aber kaum Zeit, dafür steht die echte Standortbestimmung auf dem Programm.

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Arbeit. Kaum ein Wort hat Jupp Heynckes so oft in den Mund genommen, wenn er über seinen Aushilfsjob in den kommenden sieben Monaten gesprochen hat. Viel Arbeit habe er mit seinem Trainerteam noch vor sich, ehe er mit den Leistungen des FC Bayern zufrieden sein könne.

Nach drei Spielen stehen drei Siege und ein Torverhältnis von 9:0 zu Buche. Dass die Arbeit damit aber noch lange nicht getan ist, wurde nicht erst nach dem knappen und mühevollen 1:0-Sieg beim Hamburger SV deutlich.

Ging es im ersten Spiel gegen Freiburg (5:0) noch um vereinzelte Unsauberkeiten im Aufbauspiel, stand beim 3:0 über Celtic in der Champions League die Chancenverwertung auf der Mängelliste. In Hamburg standen dann beide Themen plus fehlende Geschwindigkeit auf der Agenda.

"Wir haben uns in der ersten Halbzeit schwergetan. Wir haben das Tempo nicht hochgehalten und unser Positionsspiel war nicht präzise", sagte Heynckes.

Heynckes geht mit Rotation ins Risiko

Die erste Halbzeit war die schwächste seit der Rückkehr des 72-Jährigen auf die Trainerbank des FC Bayern. Der HSV schaffte es mit einer kämpferisch starken Leistung, den Rekordmeister auf sein Niveau zu ziehen. Torchancen gab es lange Zeit nicht, erst mit der Roten Karte für Gideon Jung kippte die Partie in Richtung Bayern.

An den Startschwierigkeiten in den ersten 45 Minuten war Heynckes nicht ganz unschuldig, wie er auch selbst einräumte. Entgegen seiner bisherigen Aussagen setzte der Trainer auf großflächige Rotation und tauschte die halbe Mannschaft aus - vor allem im Zentrum wechselte er alle drei Spieler (Vidal, Tolisso, James für Rudy/Martinez, Thiago, Müller).

"Das Risiko bin ich eingegangen, weil wir jetzt permanent einen Mittwoch-Samstag-Rhythmus haben", sagte Heynckes.

Heynckes wünscht sich Harmonie

Bis auf Weiteres dürfte die Partie in Hamburg das letzte Risikospiel gewesen sein. In den kommenden Spielen gegen RB Leipzig - Dienstag Pokal, Samstag Bundesliga - wird Heynckes auf seine A-Elf setzen, die er um seine Spieler aus der Triplesaison 2013 baut, sofern diese auch fit sind.

Nach Javi Martinez hat sich nämlich mit Thomas Müller ein weiterer wichtiger Baustein der Heynckes-Bayern verletzt. Eine genaue Diagnose steht noch aus, aber Müller spürte eine Blockade in der hinteren Oberschenkelmuskulatur.

Die Verletzungen machen es dem Trainer schwerer, seinen Wunsch von einem stabilen Gerüst schnellstmöglich umzusetzen. Dieses war zusammen mit einer klaren Hierarchie eine der ersten Voraussetzungen, die Heynckes nach seiner Amtsübernahme schaffen wollte. "Wir brauchen Harmonie und einen homogenen Block", sagte Heynckes.

Leipzig als Standortbestimmung

Für die Detailarbeit bleibt dem Trainerteam aber beim anstehenden Programm kaum Zeit, Trainingseinheiten sind Mangelware. Nach den beiden Duellen mit Leipzig scheint die Auswärtspartie in Glasgow die nächste Chance zu sein, um die Belastung der wichtigsten Spieler zu dosieren. Anschließend muss der FC Bayern in Dortmund ran. Deshalb greift er auf Bekanntes und Bewährtes zurück.

Die Zahlen sprechen aktuell klar für Heynckes, auch die Stimmung rund um den Klub hat sich seit dem Trainerwechsel wieder etwas entspannt. Was aber noch fehlt, war eine echte Standortbestimmung.

Die beiden Heimspiele gegen Freiburg und Celtic liefen früh in die richtige Richtung und hätten die Bayern vermutlich auch unter Carlo Ancelotti gewonnen, in Hamburg spielten sie mehr als 50 Minuten gegen zehn Mann.

Ob die Mannschaft aber wirklich schon über den Berg ist, wird man erst nach den kommenden Spielen wissen. Dann entscheidet sich auch, ob sich Heynckes ganz der Arbeit widmen kann, oder ob er weiter Krisenmanagement betreiben muss.

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