Die Hosentaschen-Bayern

Hey Jungs, was soll das? Mats Hummels sah die Schlussphase des FC Bayern sehr kritisch
© Getty

Fünf Tage vor dem großen Härtetest gegen Paris St.-Germain in der Champions League hat der FC Bayern München in der Bundesliga einen Rückschlag erlitten. Das Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg hat zum wiederholten Mal gezeigt, dass die Bayern die Liga nicht im Vorbeigehen gewinnen können.

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Carlo Ancelottis Blick ging ins Leere, als Martin Schmidt erneut zu einem seiner euphorisierten Statements ansetzte nach dem unerwarteten Punktgewinn beim FC Bayern. Der neue Coach der Wölfe sprach über Mentalität, Leidenschaft, Einstellung, Mut und viele Dinge mehr, die seine Mannschaft an diesem Abend vor allem in der zweiten Halbzeit auf den Platz gebracht hatte.

Ob Ancelotti diese Worten Beachtung schenkte, blieb in diesem Augenblick unklar, der Italiener schien mit seinen Gedanken woanders zu sein. Er dürfte sich aber über ähnliche Themen Gedanken gemacht haben, denn genau da setzte Ancelottis Kritik nach dem 2:2 an.

Zu wenig Intensität, zu wenig Kompaktheit, zu wenig Tempo. Diese Dinge bemängelte der Bayern-Trainer, der zu dem Schluss kam, dass Wolfsburg die bessere Mannschaft gewesen sei und sich deshalb diesen Punkt verdient habe.

Ancelotti wird von eigenen Worten eingeholt

"Der FC Bayern wird die Bundesliga gewinnen ohne die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Ich muss gestehen, dass ich Bayerns Spiele nicht genießen kann. Es gibt einfach zu wenig echten Wettbewerb."

Dieses Zitat Ancelottis aus dem Oktober 2015 ist dem Mister nach Deutschland gefolgt, hat ihn seither aber noch nicht eingeholt. Zu Beginn dieser Saison scheinen die Bayern aber an einem Punkt angelangt, wo sich das ändern könnte.

Über mangelnden Wettbewerb wird sich Ancelotti nach dem schlechtesten Saisonstart seit 2010 nicht mehr beschweren. Und genießen kann er die Spiele des FC Bayern auch nur in unregelmäßigen Abständen.

Von Gala-Auftritten bis Schlafwagen-Fußball ist alles möglich

Die bisherigen neun Pflichtspiele der Saison 2017/18 in Liga, Champions League, DFB-Pokal und Supercup haben gezeigt, dass die Bayern von Gala-Auftritten bis Schlafwagen-Fußball alles im Repertoire haben.

Die klaren Siege gegen Mainz und auf Schalke erweckten den Anschein, als hätten die Münchner nach teaminternen Klärungsgesprächen an den richtigen Schrauben gedreht und den Schalter vor dem anstehenden Härtetest gegen Paris St.-Germain in der Königsklasse rechtzeitig umgelegt. Und auch gegen Wolfsburg sah es lange Zeit nach einem Sieg aus.

Aber das Spiel gegen Wölfe war von Beginn an anders, als die Partien in der englischen Woche zuvor. Bayern fehlte die Galligkeit, die Geilheit auf Tore, das Teamspiel. Es agierte eine Mannschaft mit den Händen in der Hosentasche.

Sind die Bayern doch mal satt?

Die Gründe dafür sind vielschichtig und auch nicht immer klar zu erkennen. Auch die Spieler und die Verantwortlichen sind sich noch nicht sicher, warum es mit der Konstanz in letzter Zeit nicht klappen will.

Man kann sich die Frage stellen, ob die Bayern nach fünf Meistertiteln in Folge satt sind. Gerade in der Aufstellung am Freitag mit dem sehr hohen Durchschnittsalter von 29,5 Jahren und Spielern, die in den letzten Jahren immer alles gewonnen haben und jetzt noch eher auf die Champions League schielen, ist das ein Ansatz.

Dazu kommt das Thema der noch nicht klar definierten Hierarchie in der Mannschaft nach den Karriereenden von Philipp Lahm und Xabi Alonso. Zwei Spieler, die auf dem Platz und auch außerhalb mit ihrer Persönlichkeit und Erfahrung starke Führungsfiguren waren und trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer die richtige Einstellung gezeigt haben.

Paris wird ein ganz anderes Spiel

Bei all der spielerischen Überlegenheit und individuellen Klasse ist das Thema Mentalität oft zu kurz gekommen bei der Bewertung der als "Super-Bayern" titulierten Generation um Lahm. Dass die ständigen Antreiber Matthias Sammer und Pep Guardiola nicht mehr da sind und Ancelotti einen ganz anderen Stil der Motivation pflegt, kommt hinzu.

Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, dass am Mittwochabend im Pariser Prinzenpark wieder ein ganz anderer FC Bayern auf dem Platz stehen wird. Eine Mannschaft, die personell nur ein wenig anders aussehen wird, die aber brennen wird, um auf europäischer Bühne ein Zeichen zu setzen und nicht noch mehr Unruhe im Umfeld aufkommen zu lassen.

Die Bayern müssen nur aufpassen, dass sie bei den folgenden Ligaaufgaben gegen Hertha BSC und den SC Freiburg die Hände nicht wieder zu früh in die Hosentaschen stecken.

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