Ryan Gravenberch beim FC Bayern München: Schuh verloren, Chance nur bedingt genutzt

gravenberch-1200-1
© getty

Ryan Gravenberch durfte beim FC Bayern München in dieser Saison nur wenig spielen, worüber er sich mehrmals öffentlich beklagte. Gegen Werder Bremen bekam der 20-jährige Mittelfeldspieler seine Chance, genutzt hat er sie aber nur bedingt. Mehrere Premier-League-Klubs sollen an ihm interessiert sein.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vorbildlicher Einsatz war Ryan Gravenberch beim 2:1-Sieg seines FC Bayern München gegen Werder Bremen am Samstag mitnichten abzusprechen: Als der 20-jährige Mittelfeldspieler Anfang der zweiten Halbzeit den rechten Schuh vom Fuß getreten bekam, spielte er einfach in weißen Socken weiter und grätschte Jens Stage um. Es war die spektakulärste Szene eines zwar ordentlichen, aber blassen Auftritts (in einer zwar ordentlichen, aber blassen Mannschaft).

Weil sein zuletzt formschwacher, aber dennoch gesetzter Rivale Leon Goretzka in Bremen Gelb-gesperrt fehlte, durfte Gravenberch ausnahmsweise mal beginnen. Es war die Chance, auf die er wochenlang gewartet hatte. Erstmals seit der 2:3-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach ("weichgespültes Pack") vor fast drei Monaten stand er in der Startelf. Überhaupt war es erst seine fünfte Startelf-Berufung in dieser Saison. In den bisherigen 46 Saisonspielen kam er nur auf 820 Spielminuten.

Als Mischform aus Sechser und Achter zwischen Joshua Kimmich und Jamal Musiala aufgeboten, gelangen Gravenberch im Mittelfeld zwar ein paar kluge Pässe. Ansonsten trat er trotz seines 1,90 Meter großen Körpers kaum in Erscheinung und wurde in der 64. Minute ausgewechselt. Gravenberchs Leistung war an sich keine Empfehlung für weitere Einsätze - aber wohl immer noch besser als das, was Goretzka in den vorherigen Wochen angeboten hatte. Gegen den FC Schalke 04 dürfte der 28-Jährige dennoch in die Startelf zurückkehren.

FC Bayern: Die Statistiken sprechen für Leon Goretzka

Zuletzt herrschte sowohl bei vielen Fans, als auch bei Gravenberch selbst ein grundsätzliches Unverständnis darüber, warum Goretzka trotz seiner Formkrise stets den Vorzug bekam. Trainer Thomas Tuchel hob Gravenberchs gute Trainingsleistungen hervor, wollte in der entscheidenden Saisonphase aber nicht zu viel rotieren. "Es ist jetzt schwer, Dinge auszuprobieren", sagte er Mitte April. "Jetzt geht es für ihn darum, geduldig zu sein."

Für seine Rechtfertigungen hätte Tuchel durchaus auch Statistiken heranziehen können, denn die sprechen tatsächlich größtenteils für Goretzka: Im Schnitt gewinnt er öfter den Ball, verliert ihn seltener, schließt öfter ab, verzeichnet mehr Torbeteiligungen und gewinnt mehr Zweikämpfe. Gravenberch liegt ausschließlich bei der Passquote und der Anzahl an Ballkontakten vorne.

FC Bayern: Die Mittelfeldspieler im Vergleich

KategorieJoshua KimmichLeon GoretzkaRyan GravenberchMarcel Sabitzer (bis Winter)
Pflichtspielminuten380224528201008
Zweikampfquote in Prozent54,7652,5445,9559,13
Passquote in Prozent89,8583,8187,4386,71
Minuten für einen Ballkontakt0,891,371,141,18
Minuten für einen Ballgewinn11,4912,212,4212,6
Minuten für einen Ballverlust5,938,465,778,54
Minuten für einen Abschluss67,8940,8748,2336
Minuten für einen Scorerpunkt223,65204,33410504

Ryan Gravenberchs enttäuschende Saison beim FC Bayern

Im vergangenen Sommer hatte zunächst nichts auf diese enttäuschende Entwicklung hingedeutet: Nach seinem Wechsel für 18,5 Millionen Euro von Ajax Amsterdam zum FC Bayern absolvierte Gravenberch eine hervorragende Vorbereitung. "Von Ryan bin ich ehrlich gesagt am meisten begeistert. Der verliert fast keinen Ball. Der wird uns viel Freude bereiten", lobte Kimmich damals.

Zum Saisonstart fiel Goretzka verletzungsbedingt aus - aber Trainer Julian Nagelsmann beorderte statt Gravenberch Marcel Sabitzer in die Startelf. Der Österreicher durfte so lange spielen, bis sich Goretzka nach überstandener Knie-Operation seinen Stammplatz zurückholte.

Im Winter floh Sabitzer leihweise zu Manchester United. Gravenberch verpasste wegen fehlender Spielpraxis eine Berufung in den niederländischen WM-Kader, blieb dem FC Bayern aber erhalten. An seiner Rolle als Einwechselspieler änderte sich seitdem und auch durch den Trainerwechsel nichts.

Ryan Gravenberch beklagt sich - und weckt Interesse

Bereits im Herbst beklagte er sich erstmals öffentlich über zu geringe Spielanteile, im April legte er in gleich zwei Interviews nach. "Ich hatte auf jeden Fall gehofft und auch erwartet, dass ich beim FC Bayern mehr spielen würde. Bisher ist es nicht so gelaufen wie erwartet", sagte er bei Ajax Showtime. "Ich würde lieber bei Bayern Erfolg haben. Aber wenn das nicht klappt und ich keine Chancen bekomme, dann sollte ich mich vielleicht woanders umsehen."

Woanders scheint es jedenfalls großes Interesse an ihm zu geben, vor allem in der Premier League. Manchester City, der FC Liverpool und der FC Arsenal sollen konkretes Interesse an einer Verpflichtung haben. Liverpool-Vertreter haben offenbar bereits mit Gravenberchs Vater verhandelt. Laut Sky denkt der FC Bayern aber nicht daran, den bis 2027 gebundenen Gravenberch vorzeitig abzugeben. Es war schließlich ziemlich mühsam, ihn vergangenes Jahr im Wettkampf mit zahlreichen anderen Interessenten überhaupt erst nach München zu lotsen.

Im Sommer dürfte sich die Konkurrenzsituation im Mittelfeld unterdessen weiter verschärfen: Sabitzer könnte von seiner Leihe zurückkehren, Konrad Laimer kommt ablösefrei von RB Leipzig und außerdem wünscht sich Tuchel dem Vernehmen nach noch einen Casemiro-artigen Sechser.

Artikel und Videos zum Thema