FC Bayern: Fünf Verbesserungen unter Trainer Julian Nagelsmann

Von den ersten neun Pflichtspielen unter Trainer Julian Nagelsmann hat der FC Bayern München acht gewonnen.
© getty

Seit knapp drei Monaten ist Julian Nagelsmann Trainer des FC Bayern München. Die sportliche Bilanz ist vor dem zweiten Champions-League-Spiel gegen Dynamo Kiew (21 Uhr im LIVETICKER) mit acht Siegen aus neun Pflichtspielen und 41:6 Toren herausragend. Was hat sich unter Nagelsmann im Vergleich zu Vorgänger Hansi Flick konkret verbessert?

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Der FC Bayern präsentiert sich öffentlich harmonischer

Bei Hansi Flick hat es nach dem Amtsantritt als Cheftrainer ziemlich genau zwei Monate gedauert, bis es zur ersten öffentlichen Auseinandersetzung mit der Klubspitze gekommen ist. Im Winter-Trainingslager in Katar 2020 forderte Flick in einem nicht autorisierten Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung Neuzugänge, "auf jeden Fall einen für die Defensive und vielleicht auch für die offensive Außenbahn".

Sportvorstand Hasan Salihamidzic kritisierte daraufhin Flicks "mediale Kaderplanung" und besorgte ihm als Strafe per Leihe Alvaro Odriozola von Real Madrid. Der spanische Rechtsverteidiger erwies sich nicht als Verstärkung, am Ende der Saison gewann Flick mit dem FC Bayern trotzdem alle verfügbaren Titel. Der Erfolgslauf verhinderte aber nicht, dass Trainer und Sportvorstand wegen unterschiedlichster Themen in regelmäßigen Abständen aneinander gerieten. Diese Auseinandersetzungen waren es schließlich auch, die Flicks Abschied trotz laufenden Vertrages auslösten.

Die Zwei-Monats-Marke im Amt hat Nagelsmann längst überschritten, öffentliche Dissonanzen mit der Klubspitze gab es bisher keine. Stattdessen äußerte sich der Trainer öffentlich vor allem in Sachen Transfers äußerst zurückhaltend, betonte immer wieder sein Verständnis für die durch die Corona-Pandemie bedingte angespannte finanzielle Situation. Intern soll Nagelsmann gegen Ende der Transferphase aber schon auch für eine Verstärkung geworben haben. Bekommen hat er Wunschspieler Marcel Sabitzer, der schon bei RB Leipzig sein Kapitän war.

Der FC Bayern München ist taktisch variabler

Die "Gratwanderung" ist seit seinem Amtsantritt eines von Nagelsmanns Lieblingsthemen. "Man hat unglaublich wenig Trainingszeit, da musst du bei den Entscheidungen immer eine Gratwanderung machen", sagte er beispielsweise nach dem 4:1-Sieg bei RB Leipzig und fragte sich selbst: "Wie viel Altes machst du, was extrem bewährt ist? Und wie viel Neues bringst du rein?"

Auf der einen Seite des Grats befindet sich die Lust am Taktik-Tüfteln, der er bei seinen vorherigen Stationen in Hoffenheim und Leipzig so exzessiv gefrönt hatte - und womit er sich für den FC Bayern erst interessant gemacht hat. Auf der anderen das Wissen, dass die Mannschaft ein bewährtes System beherrscht und zu viele Änderungen unnötig Verwirrung stiften.

Zunächst vertraute Nagelsmann fast ausschließlich auf Flicks 4-2-3-1-System, mittlerweile wagt er aber immer mehr Blicke auf die andere Seite des Grats. Vor allem im Defensivbereich experimentiert Nagelsmann, probierte bereits Dreier-, Dreieinhalber- und Viererketten. Scheiterte das erste diesbezügliche Experiment beim nicht sonderlich überzeugenden 3:2-Sieg gegen den 1. FC Köln noch, springt die Mannschaft mittlerweile souverän zwischen den Systemen.

Vor allem in Hinblick auf die Kader-Besetzung eine äußerst interessante Option ist die beispielsweise beim Sieg in Leipzig angewandte Dreieinhalberkette. Linksverteidiger Alphonso Davies rückte da bei eigenem Ballbesitz nach vorne, die verbliebenen drei Viererketten-Mitglieder samt Rechtsverteidiger Benjamin Pavard bildeten zur Absicherung eine Dreierkette. Diese Ausrichtung kaschiert den Umstand, dass der FC Bayern über keinen offensivstarken Rechtsverteidiger verfügt.

Ernsthafte Absturzgefahr bestand bei Nagelsmanns bisheriger Gratwanderung keine, was aber auch nicht überraschend ist: Der 34-Jährige stammt schließlich aus dem bayerischen Landsberg am Lech und ist mit den Bergen und ihren Tücken aufgewachsen. Durchaus denkbar, dass er nach den ersten guten Erfahrungen weitere taktische Wagnisse eingeht.

Die Defensive des FC Bayern steht deutlich stabiler

Hansi Flick stellte als Trainer des FC Bayern so einige Bestwerte auf, am nennenswertesten sicherlich das erstmals in der Klubgeschichte errungene Sextuple. Unter seine Regie fällt aber auch der negative Bestwert: meiste Bundesligaspiele in Folge in Rückstand geraten. Achtmal hintereinander musste sich der FC Bayern vor ziemlich genau einem Jahr als Aufholjäger beweisen (was ihm auch meistens gelang).

Entpuppte sich das überraschend hohe Abwehrverhalten in der Triple-Saison noch als Erfolgsrezept, wurde es in der zweiten Saison zum Problem. Bei Ballverlusten stimmte die Tiefensicherung wiederholt nicht, der FC Bayern war damals mit weiten Pässen in die Spitze und hinterherrennenden Stürmern leicht zu überwinden. Die Defensivprobleme begleiteten Flick bis zu dessen Abschied. Am Ende standen in 86 Pflichtspielen unter seiner Regie 91 Gegentore, mehr als eines pro Spiel also.

Unter Nagelsmann ist die Defensive nach kleineren Anfangsschwierigkeiten mittlerweile eine Art Prunkstück. In den vergangenen sechs Pflichtspielen gab es nur zwei Gegentore. Es funktionieren die verschiedenen Systeme, es funktionieren die verschiedenen Besetzungen. Vor allem die drei Innenverteidiger Dayot Upamecano, Niklas Süle und Lucas Hernandez überzeugten bisher mit konzentrierten Vorstellungen und guter Abstimmung untereinander.

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