Arjen Robben vom FC Bayern im Abschiedsinterview: "Für mich gab es leider keine zweite Chance"

Von Dennis Melzer und Martin Volkmar
Arjen Robben wurde am 34. Spieltag in der Allianz Arena verabschiedet.
© getty

Arjen Robben wird den FC Bayern verlassen. Im exklusiven Abschiedsinterview spricht er über Enttäuschungen, Erfolge - und einen besonderen Trainer.

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Arjen Robben ist dieser Tage ein gefragter Mann an der Säbener Straße. Etliche Medien aus dem In- und Ausland möchten noch ein letztes Mal mit dem Niederländer sprechen, bevor dieser den FC Bayern München am Saisonende nach zehn Jahren verlässt.

SPOXund Goal erhielten die Chance, gemeinsam mit dem gut aufgelegten Robben auf eine beeindruckende Karriere zurückzublicken. Auf einen Werdegang, der gespickt ist mit Erfolgen, Enttäuschungen und legendären Momenten. Ein Gespräch mit einem Fußballer, der nur aufgrund einer zunächst unglücklich anmutenden Fügung beim deutschen Rekordmeister landete, drei Jahre später kurzzeitig mit einem Weggang liebäugelte und letztlich zur Klub-Legende avancierte.

Arjen, vor ziemlich genau zehn Jahren wechselten Sie von Real Madrid zum FC Bayern. Wie kam der Transfer damals zustande?

Arjen Robben: Aufgrund des Präsidenten-Wechsels bei Real wurde es dort schwierig für mich. Ich habe mich in Madrid eigentlich sehr wohl gefühlt und gute Leistungen gezeigt. Dann hat sich die Vereinspolitik verändert. Ich habe keine Chance mehr erhalten und musste entscheiden, ob es Sinn macht, zu bleiben. Die Bayern haben sich gemeldet und wurden schnell konkret. Sie haben mir von Anfang an gezeigt, dass sie mich unbedingt verpflichten möchten. Es fühlt sich gut an, wenn ein großer Verein sich so sehr bemüht. Deshalb bin ich nach München gewechselt.

Spielte es auch eine Rolle, dass Real in jenem Sommer Cristiano Ronaldo verpflichtet hat?

Robben: Es hing nicht nur mit der Ronaldo-Verpflichtung zusammen. Florentino Perez ist als Präsident zurückgekehrt und hat darüber hinaus auch noch Kaka, Karim Benzema und Xabi Alonso zu Real geholt. Der Verein hat viel Geld ausgegeben und mir mitgeteilt, dass man im Gegenzug auch Geld einnehmen müsse. Für mich war das schade, weil ich mich mit dem damaligen Trainer Manuel Pellegrini sehr gut verstanden habe. Außerdem hatte ich die vielleicht beste Vorbereitung meiner Karriere absolviert.

Martin Volkmar und Dennis Melzer trafen sich mit Arjen Robben zum exklusiven interview.
© spox
Martin Volkmar und Dennis Melzer trafen sich mit Arjen Robben zum exklusiven interview.

Mark van Bommel war zu dieser Zeit Kapitän bei den Bayern, Louis van Gaal wurde als Trainer verpflichtet. Welchen Anteil hatten Ihre Landsleute an Ihrem Wechsel?

Robben: Ich habe mit Mark telefoniert und auch mit Louis van Gaal gesprochen. Er hat mir mitgeteilt, wie er mit mir plant. Beide haben mir deutlich signalisiert: 'Komm bitte nach München'. Ich weiß noch, dass die Entscheidung nicht einfach war. Wir saßen als Familie zusammen auf der Terrasse und haben uns ausgetauscht. Es ging immerhin darum, einen großen Klub wie Real Madrid zu verlassen. Es gibt dann kein Zurück mehr. Zum Vergleich: Bayern war damals nicht so erfolgreich in Europa. Mein Ziel war aber immer, die Champions League zu gewinnen. Ich wollte zeigen, was ich draufhabe. Der Wechsel war die beste Entscheidung meiner Karriere.

Sie erlebten zunächst ein erfolgreiches, aber auch tragisches Jahr. Sie verpassten mit dem FC Bayern den Champions-League-Titel und verloren das WM-Finale in Südafrika gegen Spanien. Was löste das in Ihnen aus?

Robben: Einerseits war das alles sehr enttäuschend, andererseits habe ich in diesem Jahr viele große Momente erlebt. Wir haben damals zwar zurecht das Champions-League-Finale verloren, dass wir aber überhaupt ins Endspiel gekommen sind, war eine riesige Überraschung und eine Weltklasse-Leistung. Außerdem haben wir das nationale Double gewonnen, dementsprechend war das für die Bayern ein Mega-Jahr. Es hatte zudem niemand damit gerechnet, dass wir mit den Niederlanden ins WM-Finale einziehen. Wenn man es bis dahin schafft, will man auch gewinnen. Man weiß nie, ob man so eine Möglichkeit noch einmal bekommt. Für mich gab es leider keine zweite Chance.

Arjen Robben über verpasste Titel: "Saison war schwierig"

Im Zuge der WM haben Sie sich einen Muskelriss zugezogen. Wie sind Sie damit umgegangen?

Robben: Das war eine wirklich schlimme Verletzung. Der Bayern-Arzt hat damals gesagt, dass wir erst einmal abwarten müssen, ob ich jemals wieder hundert Prozent erreiche. Das hätte natürlich einen erheblichen Einfluss auf meine Karriere nehmen können. Wir haben diese schwierige Situation letztlich gemeinsam verarbeitet. Fitnesstrainer Thomas Wilhelmi und ich haben kürzlich noch darüber gesprochen. Obwohl es sich komisch anhört: In gewisser Weise war die Reha-Zeit wirklich schön. Wir haben so sehr daran gearbeitet, dass ich wieder der Alte werde. Am Ende war ich wieder topfit. Das war die beste Belohnung für den großen Aufwand.

Was haben Sie damals für sich selbst mitgenommen?

Robben: Im Laufe der Jahre habe ich meinen Körper besser kennengelernt. Vor drei Jahren hatte ich erneut eine schwerwiegende Verletzung und habe mich während dieser Zeit in den Bereichen Ernährung, Physiotherapie und Fitness schlaugemacht. Ich wollte mich informieren, wie ich noch ein paar Prozente aus mir herausholen kann.

Borussia Dortmund wurde 2011 und 2012 zweimal in Folge Meister. Kamen damals Zweifel auf?

Robben: Die Saison nach dem verlorenen Champions-League-Finale war sicherlich schwierig. Da war sogar die Qualifikation für die Königsklasse in Gefahr. Van Gaal ist in der Folge leider entlassen worden. Das Jahr danach war etwas besser, aber wir haben alles verloren, was es zu verlieren gab.

Sie verschossen wichtige Elfmeter im Bundesliga-Spiel gegen Dortmund und im Champions-League-Finale gegen Chelsea. Zudem gewann der BVB auch noch den DFB-Pokal mit 5:2. Im Anschluss wurden Sie von den eigenen Fans zum Sündenbock für den Misserfolg erklärt. Wie haben Sie das verarbeitet?

Robben: Das war eine riesige Enttäuschung. Und dann kam es auch noch zu diesem Freundschaftsspiel zwischen den Bayern und den Niederlanden. Das wurde im Zuge meiner Verletzung im Jahre 2010 ausgemacht. Es war vertraglich festgelegt, dass ich bei diesem Spiel nur für Holland spiele. Das wurde aber nicht gut kommuniziert. Es gab im Vorfeld eine Pressekonferenz, bei der ein Trikot präsentiert wurde, das zur Hälfte aus dem der Nationalmannschaft und zur anderen Hälfte aus dem der Bayern bestand. Vielleicht haben die Fans deshalb erwartet, dass ich für beide Mannschaften spiele. Dann kamen die Pfiffe, allerdings nicht von den echten Bayern-Fans. Ich habe danach nämlich auch sehr viel Zuspruch erhalten.

Arjen Robben: "... dann gehe ich woanders hin"

Spielten Sie aufgrund der Ereignisse mit dem Gedanken, die Bayern zu verlassen?

Robben: Natürlich. Im ersten Moment konnte ich überhaupt nicht glauben, was da passierte. Im eigenen Stadion ausgepfiffen zu werden, war ein riesiger Schock. Da habe ich mir schon gedacht: 'Okay, dann gehe ich woanders hin, wenn hier so mit den Spielern umgegangen wird.' Dann haben wir das intern geklärt und es ist wieder Ruhe eingekehrt. Ich habe mir schließlich geschworen, stärker zurückzukommen.

Das sind Sie. 2013 holten Sie das Triple. Wie sind Sie Im Vorfeld des Champions-League-Finals gegen Dortmund mit dem großen Druck umgegangen?

Robben: Solch ein Spiel löst eine gesunde Spannung aus. Es gibt viele Beispiele von Mannschaften oder einzelnen Spielern, bei denen man im Finale dachte: 'Die sind gar nicht sie selbst, die haben nicht ihr Niveau erreicht und sind nicht cool im Kopf.' Cool zu bleiben, ist die wohl größte Herausforderung. Bei dieser besonderen Atmosphäre, die vor und während eines Finals herrscht, muss man es schaffen, den Blick für das Wesentliche zu bewahren.

Wie war das bei Ihnen persönlich?

Robben: Vor dem Spiel war die Überzeugung extrem groß, dass wir den Titel holen werden. Wir wussten, dass wir nach den zwei verlorenen Endspielen 2010 und 2012 nicht noch einmal verlieren würden. Ich war voller Selbstvertrauen und habe gesagt: 'Wir werden den Platz als Sieger verlassen.' Natürlich ist es im Nachhinein einfach, das zu sagen, aber es war wirklich so.

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