Ex-Düsseldorf-Boss und DFB-Vorstand Robert Schäfer: "Fußball zerstreitet sich mit Argumentationen, die aus der Zeit gefallen sind"

Robert Schäfer war drei Jahre lang Vorstandsvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf.
© imago images / Jan Huebner

Als Vorstandsvorsitzender von Fortuna Düsseldorf sorgte Robert Schäfer im vergangenen Jahr bei der Posse um die Vertragsverlängerung von F95-Trainer Friedhelm Funkel für ein Bundesliga-Novum. Sein Ende in Düsseldorf im April 2019 kam dennoch abrupt.

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Im Interview mit SPOX und Goal spricht Schäfer ausführlich über diese beiden Episoden bei der Fortuna und zwischenzeitliche Gespräche mit dem VfB Stuttgart sowie 1860-Investor Hasan Ismaik.

Der 44-Jährige, der drei Jahre lang im Aufsichtsrat der DFL saß und Vorstandsmitglied beim DFB war, nimmt zudem Stellung zum Streit der Bundesligavereine um die Verteilung der TV-Gelder, spricht über den Sanierungsfall Schalke 04 und erklärt, warum die 50+1-Regel aufgrund der Corona-Krise wackeln könnte.

Herr Schäfer, von März 2016 bis April 2019 waren Sie Vorstandsvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf. In dieser Zeit stieg die Fortuna in die Bundesliga auf und schaffte dort dann den Klassenerhalt. Wie haben Sie Ihre Zeit seit dem Aus im Rheinland verbracht?

Robert Schäfer: Ich musste die Geschehnisse verarbeiten, weil sie mitten in eine sehr erfreuliche Phase hereinplatzten. Der Verein war so erfolgreich wie die letzten 30 Jahre nicht mehr. Der Klassenerhalt gelang auf Platz zehn stehend, die Einnahmen und Mitgliederzahlen waren so hoch wie noch nie und die Anerkennung in der Stadt war außergewöhnlich. Das Ende an einem Wochenende, an dem der Klassenerhalt geschafft wurde und ich noch an einer Nichtabstiegsparty teilnahm, kam daher extrem abrupt für mich.

Sie sahen also keinen Grund, weshalb man Sie vor die Tür setzte?

Schäfer: Keinen rationalen, und einen konkreten Anlass dazu gab es auch nicht. Ich hatte das Gefühl, die damals Handelnden waren wie in einem Rausch. Nach dem Motto: Nun haben wir ein großartiges Ergebnis erreicht, jetzt wird hier alles verändert, warum auch immer. So hat man ein Team, das erfolgreich zusammenarbeitete, letztlich kontinuierlich ausgetauscht, ohne dass man an den späteren Ergebnissen Verbesserungen erkennen konnte.

Wie blicken Sie nun in Ihre persönliche Zukunft?

Schäfer: Ich orientiere mich und erfreue mich sehr an der aktiven Vaterrolle, die ich einnehme. Ich habe verschiedene Optionen und Ideen, die eher grundsätzlich den Bereich Restrukturierung und Sanierung betreffen. Auch, aber nicht nur die Fußballbranche. Ich glaube, durch Corona werden diese Themen branchenübergreifend leider immer dringlicher.

Sich neu orientieren können Sie jetzt auch, weil Ihr bis 2021 datierter Vertrag bei der Fortuna seit April aufgelöst ist. Wieso hat es so lange gedauert, bis man sich einvernehmlich getrennt hat?

Schäfer: Es war ein langwieriger Prozess, der erst ein Ende fand, als Björn Borgerding neuer Aufsichtsratschef wurde. Er ist das Thema pragmatisch angegangen und dann fanden wir eine Lösung in wenigen Wochen. Sein Vorgänger Dr. Reinhold Ernst hatte da einen anderen Stil.

Ernst sagte, die Gründe für Ihr Aus lägen im "inhaltlichen, fachlichen und persönlichen Bereich". Harter Tobak. Zwischenzeitlich gab es weitere nebulöse Andeutungen von ihm. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Schäfer: Die einfache Antwort lautet: Nein. Der gleiche Dr. Ernst hatte ja erst wenige Monate zuvor meinen Vertrag verlängert und unsere Ergebnisse sprachen ja eine andere Sprache.

Robert Schäfer über Gespräche mit dem VfB Stuttgart

Die Bekanntgabe der Trennung wurde von Ernst zudem als "in der Kommunikation maximal unglücklich" bezeichnet. Einen Tag vor dem Heimspiel gegen Bayern München wurde die Nachricht an die Öffentlichkeit lanciert. Das kam für Sie also so überraschend wie teils für die Öffentlichkeit?

Schäfer: Ja, ich war perplex. Die maximal unglückliche Kommunikation war ja nicht nur unschön für mich, sondern für den Verein und die Mannschaft. Wer immer diesen Weg gewählt hatte, professionell war er nicht.

Was haben Sie aus dieser Geschichte gelernt?

Schäfer: Ich habe mich gefragt, was ich falsch gemacht habe. Aus diesem Prozess nehme ich nun klar definierte Aspekte in meine Zukunft mit, damit mir so etwas nicht mehr passiert und um es natürlich auch besser zu machen. Ein Schlagwort dabei sind soft skills, die generell jenseits aller fachlichen und inhaltlichen Qualifikationen noch wichtiger geworden sind als sie es nicht ohnehin schon immer waren.

Robert Schäfer bei seinem letzten Heimspiel als Fortuna-Vorstandsvorsitzender neben Aufsichtsratchef Reinold Ernst (links).
© imago images / Horstmüller
Robert Schäfer bei seinem letzten Heimspiel als Fortuna-Vorstandsvorsitzender neben Aufsichtsratchef Reinold Ernst (links).

Zwischenzeitlich waren Sie im Sommer 2019 als Vorstandsvorsitzender beim VfB Stuttgart im Gespräch. Gab es aus dem Fußball Angebote für Sie, die Sie auch gerne angenommen hätten, wenn die Lage mit Fortuna geklärt gewesen wäre?

Schäfer: Es bestand zu verschiedenen Vereinen Kontakt. Mit manchen wurde auch konkret über den möglichen gemeinsamen Weg gesprochen. Es lag mir aber kein unterschriftsreifer Vertrag vor - so auch beim VfB. Und da mein Arbeitgeber Fortuna ja erst wenige Monate zuvor mit mir verlängert hatte, kann ich erst seit vier Monaten ohne vertragliche Verpflichtungen nach vorne blicken.

Im vergangenen Februar wurde Ihr Name bei Ihrem Ex-Klub 1860 München ins Spiel gebracht - und zwar von keinem geringeren als Investor Hasan Ismaik. "Ich hoffe, Robert Schäfer kommt wieder. Meiner Meinung nach ist der Weg für Schäfer frei, weil er die Löwen in seinem Herzen trägt", sagte Ismaik damals. Wie ist das bei Ihnen angekommen, wenn man bedenkt, dass es Ismaik war, der im Sommer 2014 Anzeige wegen vermeintlicher Untreue gegen Sie erstattete?

Schäfer: Wir hatten vorher telefoniert und uns ausgetauscht. Bei allem, was wir zusammen erlebt haben, war es ein gutes Gespräch. Ich empfand es als leicht verspätete Anerkennung für das, was wir damals bei 1860 geleistet haben. (lacht) Das hat mich genauso gefreut wie die öffentliche Aussage von Friedhelm Funkel, dass er Erich Rutemöller und mich als Profis einschätzt und wir in Düsseldorf gute Arbeit abgeliefert haben.

Schäfer: "Verhandlungstaktisch sehr gut von Funkel gemacht"

Könnten Sie sich jetzt, da Sie wieder in München wohnen, eine Rückkehr zu den Löwen vorstellen?

Schäfer: Wir haben damals viel erreicht, einiges auch nicht, aber um so etwas zu wiederholen muss schon viel zusammenkommen. Es war tatsächlich Zufall, dass ich in der Zwischenzeit mal wieder im Grünwalder Stadion war und zwei Tage später der Geschäftsführer zurücktrat.

Drei Monate vor Ihrem Aus in Düsseldorf waren Sie verantwortlich für die Posse um Fortuna-Trainer Funkel. Der Verein verkündete, sich am Saisonende von ihm trennen zu wollen, ruderte nach massivem Protest der Fans aber zurück und verlängerte anschließend gar Funkels Vertrag. Können Sie mittlerweile darüber lachen, dass Sie damit für ein Bundesliga-Novum gesorgt haben?

Schäfer: Nein.

Wie blicken Sie darauf zurück?

Schäfer: Ich sehe es mit dem Abstand nun so, dass es verhandlungstaktisch sehr gut von Friedhelm Funkel gemacht war, in der Winterpause zu sagen, er höre auf, wenn der Vertrag jetzt nicht verlängert werde. Von uns war es dagegen nicht gut, denn wir hätten darauf eingehen sollen. Wir haben das, was dann passierte, relativ schnell gut korrigiert, denn innerhalb von drei Tagen war der Vertrag verlängert. Es hat vor allem den Sport nicht beeinflusst, diese Sorge bestand ja durchaus. Am Ende wurde es die erfolgreichste Saison seit 30 Jahren. Ich habe großen Respekt davor, was Friedhelm für Fortuna geleistet hat und weiß, was der Verein ihm zu verdanken hat.

Robert Schäfer während seiner Zeit bei 1860 München mit Investor Hasan Ismaik.
© imago images / Ulmer/Cremer
Robert Schäfer während seiner Zeit bei 1860 München mit Investor Hasan Ismaik.

Etwas kurios an der Sache war, dass der Verein ja Funkel nicht entlassen, sondern den Vertrag nur zu einem späteren Zeitpunkt verlängern wollte.

Schäfer: Genau. Wir wollten ihn weder entlassen, noch haben wir ihm nicht vertraut. Es ging nur darum, noch drei, vier Spiele abzuwarten und zu sehen, wie wir aus der Winterpause kommen. So ist man damals übrigens auch bei Borussia Mönchengladbach und dem VfL Wolfsburg in der offenen Frage der Trainer-Verlängerung verfahren. Wir hätten aber besser einschätzen müssen, wie die öffentliche Wahrnehmung sein könnte - und die war bekanntermaßen extrem.

Was hat Sie bei der negativen Resonanz besonders überrascht?

Schäfer: Vor allem ihre Heftigkeit. Es ging dann leider nur darum, dass wir Friedhelm nicht mehr als Trainer haben wollten. Wir sind mit der Botschaft, die wir kommunizieren wollten, überhaupt nicht durchgekommen. Es ging nur darum, die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen, so wie wir es auch die Jahre zuvor schon einmal gemeinsam taten.

Robert Schäfer: Seine Karriere als Funktionär im Überblick

VereinFunktionZeitraum
TSV 1860 MünchenGeschäftsführer2010-2013
Dynamo DresdenGeschäftsführer2014-2016
Fortuna DüsseldorfVorstandsvorsitzender2016-2019
DFLAufsichtsratsmitglied2016-2019