Hans-Joachim Watzkes gemeinsame Buchvorstellung mit Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp: Gelächter und offene Münder

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© getty

Bei der Vorstellung seiner Biografie lässt BVB-Boss Hans-Joachim Watzke keine Chance ungenutzt, den eingeflogenen Jürgen Klopp zu beweihräuchern. Angesichts der aktuellen sportlichen Situation von Borussia Dortmund mit dem in die Kritik geratenen Coach Lucien Favre zeugt der Auftritt aber von wenig Rücksicht.

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Der Veranstaltungssaal im Dortmunder Signal Iduna Park platzte am Donnerstagabend aus allen Nähten. Während sich vor der Bühne Pressevertreter mit Kameras um die beste Perspektive zankten, tuschelten die rund 400 Anwesenden hinter ihnen vorfreudig miteinander.

Viele im Saal waren mit schwarz-gelben Trikots oder Schals bestückt, ihre Smartphones lagen längst bereit für ein Blitzlichtgewitter der speziellen Sorte. Wenig später hielten sie dann wie auf Knopfdruck den Atem an. Ein Mann hatte die Bühne betreten. Allerdings nicht der Mann, wegen dem sie wochenlang um eine der begrenzten Eintrittskarten gekämpft hatten.

Das war sich jener Mann, ein Sprecher der Lit.RUHR, des internationalen Literaturfestivals im Ruhrgebiet, auch selbst bewusst. "Ich bin ja gleich wieder weg", scherzte er und verlor knapp eine Minute lang Worte des Dankes. Dann schritt er von dannen und das gespannte Warten verwandelte sich in ohrenbetäubendem Applaus. Ein allzu bekanntes weißes Lächeln war dort oben nämlich plötzlich aufgeblitzt. Das von Jürgen Klopp.

Klopps Lachen fehlt Watzke

"Kommt doch noch ein bisschen näher", sagte Klopp zu den Kameraleuten, die ihm bereits zu Füßen lagen und auch nach einer Minute nicht aufhörten, sein strahlendes Lächeln einzufangen. Über diesen einen von vielen erheiternden Sprüchen, die er in der kommenden Stunde verlieren sollte, musste der kürzlich von der FIFA zum besten Trainer der Welt gekürte Rückkehrer sogar selbst lachen. Laut lachen. "Ha ha ha", hallte es durch den Saal - zum Gefallen von Hans-Joachim Watzke.

Der eigentliche Protagonist des Abends hatte nichts dagegen, dass die Aufmerksamkeit der Gäste nicht auf seiner Biografie "Echte Liebe: Ein Leben mit dem BVB" lag, sondern auf dem eingeflogenen Erfolgscoach des FC Liverpool. Im Gegenteil: Er trug selbst dazu bei.

Man gewann von Minute zu Minute den Eindruck, das Lachen von Klopp wirke auf Watzke so wie das Lachen des Nikolauses auf ein Kind, das die Bescherung herbeisehnt. Ihm fehle dieses Lachen, erzählte der Geschäftsführer der Borussia im Laufe der Veranstaltung melancholisch, vor allem dann, wenn er auf Trainingslagerfahrten vor der Saison nachts mal wachliege. Da habe er das Klopp'sche "Ha ha ha" immer von der Terrasse bis in sein Zimmer gehört.

Klopp über Zeitpunkt: "Nicht der idealste" für den BVB

Außerdem vermisse er die ausgiebigen Skat- und Weinabende mit Klopp, schwelgte Watzke weiter in Erinnerung an die guten alten Zeiten. Die hätten ihn vor allem an traurigen Tagen "wieder stark gemacht".

Klopp, von 2008 bis 2015 Trainer in Dortmund, nahm diese Liebesbekundungen grinsend zur Kenntnis und berichtete von einem "wunderbaren, über viele Jahre aufgebauten Verhältnis" zu Watzke. Dem 52-Jährige war es aber ebenso wichtig, auf seinen engen Terminkalender zu verweisen.

Der Zeitpunkt, an seine alte Wirkungsstätte zurückzukehren und sich über den Klee loben zu lassen, sei aufgrund der ungemütlichen sportlichen Situation der Borussia "nicht der idealste".

"Hätten wir bis zum nächsten Sieg warten sollen?"

Andererseits, das bekräftigten auch Watzke und sein Autor Michael Horeni, habe das Buch schon lange zur Veröffentlichung bereit gelegen. "Hätten wir bis zum nächsten Sieg mit der Vorstellung warten sollen?", fragte das Oberhaupt des seit Mitte September sieglosen Tabellenachten der Bundesliga rhetorisch in die Runde.

Man müsse stattdessen die Gegenwart für einen Moment Gegenwart sein lassen. Dass er den Ex so schätze, ändere nichts an der Tatsache, dass der aktuelle Trainer Lucien Favre "sehr gute Arbeit" mache, sagte Watzke. Ihn verbinde eine Männerfreundschaft mit Klopp, die weit über den Fußball hinausgehe.

"Ein Unikat" sei diese besondere Beziehung, deshalb habe er Klopp vor Favres Verpflichtung im Mai 2018 auch verzweifelt um ein Comeback im Signal Iduna Park gebeten.

Gelächter im Raum, aber auch offene Münder

Rührend war all das, was Watzke den 400 Anwesenden da erzählte. Aber auch gewissermaßen rücksichtslos. Vor allem, als ihn Moderator Alexander Bommes fragte, wer der beiden Freunde denn melancholischer mit dem gespaltenen Arbeitsverhältnis umgehe. "Ich", sagte Watzke wie aus der Pistole geschossen und fügte salopp an: "Der Jürgen macht es sich ja einfach, haut einfach ab - und lässt mich hier mit dem ganzen Scheiß allein."

Gelächter im Raum. Aber auch offene Münder. Schließlich hat Favre derzeit keinen leichten Stand, in erster Linie weil seine Mannschaft dieser Tage weder attraktiv noch abgezockt spielt. Watzke stützt ihn mit derartigen Aussagen nicht unbedingt - Zeitpunkt hin oder her.

An der Vergangenheit zu hängen, kann nämlich kein gutes Zeichen für einen Verein sein, der am liebsten wieder um die deutsche Meisterschaft mitspielen würde.

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