Lautes Schweigen: Hat Marcel Schmelzer eine Zukunft beim BVB?

Marcel Schmelzer steht beim BVB vor einer ungewissen Zukunft.
© getty

Wie geht es weiter für Marcel Schmelzer bei Borussia Dortmund? Der degradierte BVB-Linksverteidiger wird bei den Gedankenspielen um seine Zukunft nicht ausschließlich sportliche Beweggründe miteinbeziehen.

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Dass ein Spieler, der wie Christian Pulisic einen essentiellen Teil seiner Jugend und den Beginn der Profikarriere beim selben Verein verbracht hat, zum Abschied noch einmal in die Fankurve zitiert wird, ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Pulisic bestritt beim 2:0-Sieg in Gladbach sein letztes von 90 Bundesligaspielen für Borussia Dortmund und kickt ab der kommenden Saison für den FC Chelsea.

Nicht vollkommen erstaunlich, aber dennoch mindestens beachtlich war vielmehr die Tatsache, dass Pulisic zwar der einzige Spieler ist, dessen Abgang bereits feststeht, der US-Amerikaner jedoch nicht der einzige war, der allein vor den Anhängern stand und ihnen applaudierte.

Applaus und ein gelbes Herzchen in Form zweier Emoticons gab es für Marcel Schmelzer auch vom offiziellen Twitter-Account des BVB. Da in diesem Post auch der scheidende Pulisic zu sehen war, mutete dies schon ein wenig merkwürdig an - als ob eben Schmelzers Abgang auch schon feststehen würde.

Favre schenkt Schmelzer sein 250. Bundesligaspiel

Ob dies der Fall sein wird, was Schmelzer selbst zu seinem stark gesunkenen Stellenwert unter Trainer Lucien Favre sagt, wie er grundsätzlich die Saison seines Klubs einordnet - all dies erfährt man nicht. Seit mehreren Monaten hat Schmelzer nicht mehr öffentlich gesprochen. Irgendwie skurril, wenn man bedenkt: In den zwei Spielzeiten zuvor hing der 31-Jährige noch ständig an den Mikrofonen. Was zugegebenermaßen nicht seiner Redseligkeit, sondern dem Amts des Kapitäns geschuldet war.

Mehrere Monate, genau genommen über vier, hat Schmelzer auch auf sein 250. Bundesligaspiel warten müssen - seit 2008 allesamt im Dress der Borussia absolviert. Am 33. Spieltag schenkte ihm Favre im letzten Heimspiel der Saison diesen Einsatz in der Nachspielzeit, eine Woche später kamen in Gladbach weitere sieben Minuten hinzu.

Mehr Geschenke hatte Favre aber nicht für Schmelzer parat, der davor zuletzt am 26. Januar für 20 Minuten gegen Hannover 96 mittun durfte. Auch wenn die Personallage auf der Linksverteidigerposition brisant war, griff der Coach nicht auf die Dienste des Dortmunder Urgesteins zurück. Erst hatte Achraf Hakimi die Nase vorn, nach dessen Verletzung Innenverteidiger Abdou Diallo, und als dieser auch noch malad war, beorderte Favre lieber Raphael Guerreiro aus dem Mittelfeld in die Viererkette.

Schmelzer: Nicht ausschließlich sportliche Beweggründe

Es ist daher nicht nur ein eisernes, sondern auch ein lautes Schweigen, das sich Schmelzer nach seinem sportlichen Sinkflug verordnet hat. Dieser begann mit einer Verletzung (Knochenödem) nach dem 5. Spieltag, zuvor gehörte der ehemalige Nationalspieler in allen sieben Pflichtspielen zur Stammformation. Wie eben in all den Jahren zuvor auch.

Bis 2021 läuft Schmelzers Vertrag noch beim BVB und sein Plan, die gesamte aktive Karriere in Dortmund zu verbringen, wackelt seit Monaten bedenklich. Doch welche Optionen hat ein Spieler, der elf Jahre lang für denselben Verein die Knochen hingehalten und fast alles gewonnen hat, was zu gewinnen war?

Ausschließlich sportliche Beweggründe wird Schmelzer bei den Überlegungen zu seiner Zukunft nicht ins Feld führen. 2005 kam er vom 1. FC Magdeburg ins Jugendhaus der Borussia, das damals vom heutigen Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber und dessen Frau betreut wurde. Seitdem ist Schmelzer tief in der Stadt verwurzelt, der Verein hat sich ohnehin für immer in sein Herz gebrannt. Macht es da Sinn, im Ausland oder übertrieben gesprochen selbst in Bochum noch einmal eine neue Herausforderung anzunehmen?

BVB-Fans feiern Schmelzer zwei Mal in Folge

Eine Zwickmühle ist es zweifelsfrei, in der Schmelzer jetzt steckt. Immerhin, und das wird für ihn und seine Gedanken sehr sicher einen extremen Wert gehabt haben, hat er bei seinen beiden Kurz-Auftritten an den Spieltagen 33 und 34 die Wertschätzung der Fans zu spüren bekommen. Deren Gegenwind, und das ist noch freundlich ausgedrückt, sah sich Schmelzer seit dem Pokalfinale 2015 gerade in den sozialen Netzwerken ausgesetzt, als man in ihm einen der Hauptverantwortlichen für die Entlassung von Thomas Tuchel sah.

Nach dem Zittersieg gegen Düsseldorf rief nun aber die Südtribüne den Jubilar nach vorne und stimmte ein lautes "Wir sind alle Dortmunder Jungs" an, garniert von einem Plakat mit der eindeutigen Botschaft: "Auf die nächsten 250 - danke Schmelle!" Und zuletzt gab es in Gladbach den erneut bejubelten Gang in die Kurve, den man als Abschied deuten kann - der er aber nicht zwingend sein muss.

Nach aktuellem Stand geht man in Dortmund von einem Verbleib Schmelzers auch in der kommenden Saison aus. Der Linksverteidiger genießt im Verein eine sehr hohe Wertschätzung und nimmt wie einst sein Kumpel Nuri Sahin insbesondere beim Moderieren der Dynamiken innerhalb der Kabine eine wichtige Rolle ein.

Schlüpft Schmelzer beim BVB in die Weidenfeller-Rolle?

Gibt sich Schmelzer mit einem Dasein als Reservist zufrieden, auf den Favre nur in Rotationsspielen oder Notfällen zurückgreift, könnte er künftig eine ähnliche Rolle einnehmen wie Roman Weidenfeller.

Der langjährige Torhüter hatte nach dem Einkauf von Roman Bürki 2015 in seinen letzten drei Karrierejahren bereitwillig auf der Bank Platz genommen und dort mit sporadischen Einsätzen seine Laufbahn ausklingen lassen.

Eine Zukunft bei Borussia Dortmund wäre Marcel Schmelzer sicherlich am liebsten. Dann könnte der BVB bei Twitter auch weitere Male Applaus-Emoticons posten, wenn Schmelzer spielt. Doch eine Sommerpause ist lang - und meist ereignisreich.

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