Andre Schubert im Interview: "Stöger ist ein gutes Vorbild für jeden Trainer"

Andre Schubert lobt die Arbeit von Peter Stöger
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Andre Schubert ist seit seiner Trennung von Borussia Mönchengladbach im Dezember 2016 ohne Job. Im Interview spricht der 46-Jährige darüber, warum er nicht ungeduldig wird.

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Außerdem bewertet der Trainer die Problematik der Mehrfachbelastung, gibt seine Einschätzung zu Peter Stögers schnellem Übergang vom 1. FC Köln zu Borussia Dortmund und erklärt seine Ansprüche für die Jobsuche.

SPOX: Herr Schubert, es ist etwas mehr als ein Jahr her, seitdem Sie und Borussia Mönchengladbach getrennte Wege gegangen sind. Wie sieht momentan Ihr Alltag aus?

Andre Schubert: Wie der Alltag eines jeden Trainers, der nicht für einen Verein arbeitet: Ich pflege private Kontakte und gehe Interessen nach, für die ich sonst keine Zeit habe. Natürlich spricht man auch mit Vereinen, es gibt ja glücklicherweise immer wieder mal Anfragen. Ansonsten bilde ich mich fort und bin viel unterwegs. Ich treffe mich mit Trainerkollegen, aber auch mit ehemaligen Weggefährten aus den Vereinen, und tausche mich mit ihnen aus.

SPOX: Wie muss man sich Ihre Fortbildung vorstellen?

Schubert: Die beste Fortbildung ist der Austausch mit Trainerkollegen. Zudem gibt es Trainerfortbildungen vom DFB auf sehr hohem Niveau. Ansonsten geht es vor allem darum, seine Arbeit neu zu strukturieren, taktische Entwicklungen und sportwissenschaftliche Erkenntnisse zu beobachten. Wenn du erst einmal zurück im Alltagsgeschäft bist, hast du dafür nicht mehr die Zeit.

SPOX: Wie viel Fußball schauen Sie?

Schubert: Da muss man unterscheiden zwischen Fernsehen und Stadion. Ich fahre nicht jedes Wochenende los, aber manchmal fahre ich in eine bestimmte Gegend, verbinde das mit verschiedenen Treffen und sehe mir fünf, sechs Partien an. Im TV gucke ich annähernd täglich Spiele.

SPOX: Ausschließlich Fortbildung oder auch mal zum Vergnügen?

Schubert: Fortbildung muss man in Anführungszeichen setzen. Jedes Spiel erweitert den eigenen Horizont. Das heißt aber nicht, dass ich mich daran nicht erfreuen kann. Es ist ja meine Leidenschaft. Natürlich verfolge ich speziell die Vereine, bei denen ich gearbeitet habe. Deswegen bin ich in allen Ligen unterwegs und auch die U-Nationalmannschaften verfolge ich sehr regelmäßig.

SPOX: Wie bewerten Sie die bisherige Gladbacher Saison?

Schubert: Woran es in den wenigen schwächeren Spielen lag, muss man individuell analysieren. Die Borussia ist eine sehr gute Kontermannschaft, die bei der Umschaltbewegung in der Offensive große Qualitäten hat. Und Gladbach verfügt offensiv grundsätzlich über die Qualität, auch die Großen zu ärgern. Ich finde es nicht überraschend, dass sie eine gute Saison spielen. Zumal sie in dieser Saison nicht die internationale Belastung haben. Mit Ausnahme von Bayern haben alle Mannschaften mit dieser Dreifachbelastung regelmäßig Probleme.

SPOX: Woran liegt das?

Schubert: Du spielst einfach alle drei Tage. Eigentlich bist du durch die internationale Belastung dazu gezwungen, viel durch zu wechseln. Machst du das, wirst du immer einen kleinen Qualitätsverlust haben - es sei denn, du bist der FC Bayern. Dazu kommen Reisestrapazen, Verletzungen, Überbelastung. Ich glaube, es dauert einige Jahre, bis du so etwas gewohnt bist.

SPOX: Wie schwer wiegt der Faktor, dass man in diesem Rhythmus kaum trainieren, sondern nur erweitert regenerieren kann?

Schubert: Wenn eine gute Vorbereitung möglich war, ist das nicht das Problem. Die Automatismen können ja auch über die Spiele weiterentwickelt werden. Grundsätzliches aber wie Zweikampfverhalten oder intensivere Spielformen kommen bei dieser Belastung natürlich zu kurz. Problematisch ist vor allem die Belastung an sich - körperlich wie mental. Alle drei Tage frisch zu sein, wenn du nur unterwegs und im Flieger oder Hotel sitzt, ist schwierig.

SPOX: Wie problematisch ist es, sich zwischen internationalen Highlights auf biedere Bundesliga-Spiele zu konzentrieren?

Schubert: Es gibt ganz wenige Mannschaften in der Bundesliga, die mit 80 Prozent ein Spiel gewinnen können. Du musst immer am Limit spielen und das ist mental nicht so einfach. Außerdem ist es ein Unterschied, ob du Champions League oder Europa League spielst.

SPOX: Inwiefern?

Schubert: Du freust dich auf das internationale Geschäft. Andererseits spielst du am Wochenende Bundesliga vor 60.000 Zuschauern und dann sind in der Europa League plötzlich nur 2.500 da. Gegen Mannschaften zu spielen, die nicht so bekannt sind, ist unter diesen Umständen gefährlich. Die haben das Messer zwischen den Zähnen, haben die Chance, sich zu zeigen und international zu präsentieren. Wenn du dann aus irgendwelchen Gründen nicht auch Vollgas gibst, wird es eng.

SPOX: Trotzdem liegt der Schluss nahe, dass ein Bundesligist eine Mannschaft beispielsweise aus Bulgarien schlagen müsste.

Schubert: Klar. Ich will nur vermitteln, dass das Thema nicht so eindimensional ist, wie es häufig dargestellt wird. Das internationale Abschneiden in dieser Saison müsste deutlich besser sein, aber ich würde daraus keine grundsätzliche Tendenz ableiten.

SPOX: Wie haben Sie die Mehrfachbelastung in der Champions-League-Saison mit Gladbach erlebt?

Schubert: Die Situation war schon Wahnsinn. Wir mussten jedes Spiel in der Bundesliga am Limit spielen. International kannst du dann aber nicht elf neue Spieler aufstellen, denn du spielst ja gegen Manchester City oder Barcelona. Das war eine spannende Herausforderung. Ich will aber wirklich nicht jammern. Im Gegenteil: Sich mit solchen Problemstellungen auseinanderzusetzen, ist ein Traum für jeden Spieler und Trainer.