Die größten Petzen der Liga

Von Florian Bogner
Richtig, Schalke-Fans, für einen Sieg gegen Dortmund hätte es DREI Punkte gegeben!
© Getty

Komische Liga: Edmond Kapllani schießt ein Tor, Mike Hanke gleich zwei und trotzdem spricht alles nur über das langweiligste Ruhrderby aller Zeiten. Wer die größten Petzen der Liga sind, wie ein Witz über den FC Augsburg geht und warum Holger Stanislawski immer einen Würfel dabei hat - das alles steht in der Alternativen Liste des 14. Spieltags.

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1. Hinrichtung in Dortmund: In Zeiten, in denen Hoffenheim vs. Freiburg schon als Derby angepriesen wird, freut man sich auf eine ehrliche Portion Ruhrderby - und wird dann so bitter enttäuscht. Was der S04 am Samstag in Dortmund ablieferte, war wirklich gotteserbärmlich. Spielerisch war bei den Königsblauen so dermaßen tote Hose, dass man sich fast schon ein zünftiges Foul mit anschließender Rudelbildung wünschte, doch selbst Terrier Jones machte an diesem Tag einen äußerst sedierten Eindruck.

So musste man sich fast fragen, ob die Schalker nicht am Abend zuvor zu lange an der PlayStation gedaddelt haben. Der Verdacht erhärtete sich, als Lewis Holtby vors Mikro torkelte. "Als ganzes Team haben wir versagt in der Hinrichtung", stammelte der sichtlich matt und bekam prompt von Papa Kehl einen Einlauf: "Sticheleien vor dem Spiel kann ich noch verstehen. Aber wenn man nach dem Spiel noch irgendwelchen Blödsinn labert, dann muss ich sagen: Da gehe ich einfach in die Kabine, halte am besten die Klappe und fahre zurück." Hatten die Dortmunder in London ja auch so gemacht, nicht?

2. Der gute alte Stein! Hach, diese Gladbacher sind echt niedlich. Lucy Favre strahlt in den letzten Wochen ja wirklich anhaltend wie ein Hosenscheißer, der gerade sein erstes Bobbycar unterm Weihnachtsbaum entdeckt hat. Und wie die Fohlen-Elf den Kölnern am Freitag den Hintern versohlte, erinnerte äußerst lebhaft an alte Schulhof-Zeiten - Stichwort: "Dein Butterbrot gehört jetzt mir." Und dann knobelten Marco Reus und Mike Hanke beim Stand von 3:0 auch noch aus, wer denn jetzt die Kölner in der Mauer abschießen darf - genau wie früher.

Das Prozedere dauerte allerdings etwas länger, weil beide zuerst Stein wählten und dann jeweils auf Papier setzten. Reus setzte sich schließlich mit einem beherzten zweiten Stein durch, während Hanke als dritte Option auf Schere setzte - Lisa Simpson wäre stolz auf den schlauen Reuser gewesen. Und wem das jetzt alles zu albern ist, der schaut mal nach Amerika: Da ist Stein-Schere-Papier nämlich eine finanziell durchaus lukrative "Sportart".

3. Der gespielte Witz: Dass Mohamad Amsif mal drei Bundesliga-Spiele in Folge machen würde und das auch noch gegen drei Meister der vergangenen fünf Spielzeiten, dass hätte er sich wahrscheinlich nicht mal selbst träumen lassen, Jentzsch' klobigem Finger sei Dank. Gegen Wolfsburg hatte Amsif aber nun selbst ein Problem mit seinen Fingern, die steckten nämlich noch in Torwarthandschuhen, als ihm kurz nach der Pause einfiel, das Schuhwerk zu wechseln.

Also was tun? Ein normaler Mensch hätte sich vielleicht die Handschuhe ausgezogen und die Schuhe selbst gewechselt. Aber hey, dachte sich Amsif, ich bin ja jetzt Bundesliga-Keeper und kann einen auf dicke Hose machen! Also eilte ein ganzer Betreuerstab von der Seitenlinie herbei, um den Witz: "Wie viele Augsburger braucht man, um Amsif ein Paar Schuhe zu wechseln?" live vorzuspielen. Auf der anderen Seite: Vielleicht kann Amsif auch einfach keine Schleife binden.

4. Fremdschämen galore: Es ist ja nicht besonders stilvoll, permanent auf Kollegen rumzuhacken, aber Jens Lehmann ist so frisch bei der Truppe, der geht noch als Praktikant durch - und die bekommen es bei SPOX meistens ab (Bewerbungen bitte an den Chef, der wählt als Gladbach-Fan aber eh nur nach Ene-Mene-Miste aus). Also immer rauf auf den Jens und seinen unfreiwillig komischen Co-Kommentator-Auftritt beim Spiel Hannover vs. Hamburg.

Der überraschte nämlich selbst die Labertasche neben sich mit messerscharfen Analysen wie: "Hui, das war knapp." Oder: "Schade." Oder auch: "Schade, Schade." Am besten war aber: "Wie wird dieser Abdellaoue ausgeprochen?" - "Alles gut Jens, war richtig!" und die vom Donner gerührte Offenbarung Lehmanns, den Job des Mittelfeld-Ballschleppers könne ja auch ab und an ein Verteidiger oder der Hamburger Torwart (sic!) übernehmen. Das wirklich traurige an der Sache ist nur, dass zwei Kommentatoren ja eigentlich eine gute Idee sind - wäre der Sidekick ein bisschen besser geschult und nicht ein permanenter Quell des Fremdschams.

5. Apropos Fremdschämen: Clemens Tönnies ist schon ein Fuchs und hat sich als Präse natürlich auch schon mal das Heftchen "Fan-Nähe für Anfänger" vorlesen lassen. In Dortmund trieb sich Tönnies nun also zwischen dem gemeinen Fußvolk im Gästeblock rum, faselte vorher aber noch was von "bin immer in der Kurve" und "ne lecker Wurst esse ich auch noch". Sätze, die BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zum Schmunzeln brachten: "Ich finde es witzig, dass er jetzt in die Fankurve will. Wir haben keine Kurve bei uns. Er ist auf der Nordtribüne."

Mit der Nähe zu den Fans hatte Tönnies dann in der Praxis auch prompt so seine Probleme. Als nämlich ein paar pyromanisch veranlagte Zuschauer direkt neben ihm zündelten, holte Tönnies schnell sein Handy heraus, fotografierte die Übeltäter und schickte die Fotos gleich der "Bild"-Zeitung zwecks Überführung. Tönnies weiß eben, wie man sich so bei den eigenen Leuten beliebt macht...

6. Masochistentreff Frankenstadion: Man kann Samstagnachmittags viele schöne Dinge tun, 37.266 Masochisten kamen aber auf die Idee, der Partie Nürnberglautern beizuwohnen und konnten dabei ungehemmt ihre Neigungen ausleben. Circa 1000 Ballverluste und 2000 Unzulänglichkeiten später hatte das Spiel tatsächlich einen Sieger gefunden - und zwar Christian Tiffert, der mit seiner trockenen Spielanalyse die Kategorie "Spruch des Spieltags" locker für sich entschied.

"Wir waren von zwei schlechten Mannschaften die deutlich schlechtere", reüssierte Tiffert rotzig und: "Das war das schlechteste Spiel von allen, zum Anschauen eine Katastrophe." Nur im Hinterfeld landete derweil Dieter Hecking mit der Aussage: "Wenn wir gemeinsam alles abrufen, sind wir schwer zu bespielen, dann holst du auch mal Punkte, mit denen du nicht rechnest." Klar, so ein biederes Einsnull daheim gegen Klabautern gleicht ja auch einer mittleren Sensation, Herr Hecking.

7. Kategorie "Interviews für die Tonne":

Ecki Heuser (sich jovial nach vorne beugend): "Marco Reus, welches Trikot haben Sie denn da?"

Marco Reus (irritiert): "Ääh, das von McKenna!?".

Heuser (investigativ): "Warum?"

Reus (völlig Banane): "Ja, er hat mich halt gefragt... und... ja."

Heuser (den Grimmepreis witternd): "Danke."

8. Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel: Richtig dufte ist auch, was 1899 Hoffenheim derzeit so abliefert. Holger Stanislawski ist das Gekicke seiner Jungs mittlerweile so dermaßen wumpe, dass er Aufstellung und Spielsystem einfach auswürfelt - anders sind acht Positionswechsel vor dem Freiburg-Spiel ja nicht zu erklären. Kein Wunder, dass der ein oder andere Hoffenheimer da den Überblick verlor und in die falsche Richtung losfeuerte.

Tom Starkes öffentlicher Einlauf für Mitspieler Ryan Babel ("Der könnte langsam auch mal damit anfangen, ein paar Punkte für uns zu holen") war jedenfalls ein klassisches Eigentor. Der Starke könnte ja schließlich auch mal ein paar Bälle halten und damit Punkte für Hoffenheim holen. Wie das geht, konnte er sich dann Samstagabend bei "the artist formerly known as Fliegenfänger" - Jaro Drobny - abgucken. Den hatten ein paar HSV-Fans zu Beginn der Saison schließlich auch schon zum Teufel geschickt.

9. Generation häh: Saubere Sache übrigens von den Redakteuren des Günther-Jauch-Talks, zum Thema "Generation doof - warum gibt es so viele Bildungsverlierer?" den sympathischsten und einfühlsamsten Bundesliga-Trainer einzuladen. Dumm nur, dass Jürgen Klopp kurzfristig absagte und sonst nur die Handynummer von Felix Magath zur Hand war.

Der kam tatsächlich und gab preis, er selbst sei einst in der neunten Klasse sitzen geblieben, weil ihm Schule nicht so wichtig war und er unter anderem lieber Fußball spielte, als zu lernen. Schade, dass es damals noch nicht die Supernanny gab. Wäre bestimmt ein Spaß gewesen. Aber warum hatten die überhaupt jemanden aus dem Fußball-Business zur Sendung eingeladen? Klopp hätte ja immerhin von seinen Erlebnissen mit Kevin Großkreutz berichten können - aber Magath? Wir bitten um Aufklärung.

10. Früher war alles besser: Es gab Zeiten, da hat man sich nach der Ankündigung, Uli Hoeneß sei im Sportstudio zu Gast, ein Sixpack Dosenbier besorgt und dem Wurstuli dann genüsslich von der Couch aus beim Demontieren des deutschen Fußballs zugeguckt. Nicht so 2011.

Da sitzt Sven Voss wie ein schnurrendes Kätzchen auf Hoeneß' Schoß, lässt Steilvorlage um Steilvorlage sausen, wie es Paolo Guerrero nicht besser machen könnte, und entlockt seinem Herrchen als einzige Neuigkeit, dass dieses gerne an Weihnachten selbst gerne auf der Couch abhängt, um Sissi-Filme zu gucken. Geht's noch?

11. Apropos Couch: Oliver Kahn rollte bestimmt äußerst vergnügt auf seinem Canape hin und her, als er seinen Ex-Prakti Michael Rensing am Freitagabend vor Wut ins "Sky"-Mikrofon beißen sah. Die Kölner hätten keine Eier in der Hose gehabt, stellte Rensing dabei kahnesk fest, das ginge ja so nicht, in einem Derby, und außerdem sei der FC-Kader sowieso scheiße besetzt. Rensing wählte für letzteres natürlich die heute gebräuchlichere Floskel von der "fehlenden Qualität", wollte aber sicher aufs selbe raus.

Eine unglückliche Figur machte in dieser Szene nur "Sky"-Fieldman Ecki Heuser, der Rensing zunächst äußerst devot an den Lippen hing und hübsch nachhakte, um dann bei Meister Propper Petzen zu gehen. "Darf ein Torwart so etwas sagen?", fragte Heuser den FC-Trainer scheinheilig. "Sind Sie früher auf dem Schulhof öfter mal vermöbelt worden?", hätte Solbakken antworten sollen. Ach, hätte er nur.

Der 14. Spieltag im Überblick

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