Ernst Tanner: Der Macher in Hoffenheim

Von Interview: Haruka Gruber
Ernst Tanner ist seit dem Sommer 2010 Manager von 1899 Hoffenheim
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SPOX: Hoffenheim verfügt über einige viel versprechende Talente. Wem ist die Bundesliga zuzutrauen? Vielleicht dem allseits gelobten dänischen Innenverteidiger Jannik Verstergaard?

Tanner: Einen Durchbruch kann man nicht fest terminieren. Aber klar: Jannik bringt alles mit, genau wie Offensivspieler Denis Thomalla. Und aus der A-Jugend kommen weitere Jungs nach, die gerade noch hinten anstehen, von denen wir aber einiges erwarten. Uns ist es dann lieber, solchen Spielern in der U 23 eine Chance zu geben als zum Beispiel Hemlein noch zu halten, der nach zwei Jahren Regionalliga verständlicherweise eine neue Aufgabe sucht.

SPOX: Was auffällt: Sie verpflichteten nach Peniel Mlapa mit Tobias Strobl, Kevin Volland und Fabian Johnson mit Vorliebe Spieler, die bei Ihrem Ex-Verein 1860 München ausgebildet wurden. Zufall?

Tanner: Von Strobl abgesehen, der für die U 23 eingeplant ist, hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Volland war in der Rückrunde der hoffnungsvollste Nachwuchsspieler der 2. Liga. Johnson kann nach Holger Stanislawskis Einschätzung auf beiden Außenbahnen verteidigen und erfüllt damit perfekt unser Profil. Wir müssen uns in erster Linie um diese Spieler bemühen, egal ob sie von 1860 ausgebildet wurden oder nicht.

SPOX: Zu Ihrer Zeit bei 1860 waren Sie der wichtigste Förderer von Savio Nsereko. Noch vor drei Jahren gehörte er zu den größten Talenten Deutschlands, nun ist er abgestürzt und ohne Perspektive - mit 21 Jahren. Wie geht es ihm?

Tanner: Ich habe keinen Kontakt und weiß nicht, wie es ihm geht. Aber ich verfolge natürlich seine Entwicklung.

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SPOX: Was ist geschehen?

Tanner: Er hatte eine sehr gute Phase gehabt, als er 2008 bei der U-19-EM als bester Spieler ausgezeichnet wurde. Die Karriere ging steil nach oben, aber der Wechsel von Brescia zu West Ham war der Knackpunkt. Es ging wohl alles zu schnell für ihn und er hat es nicht gepackt. Letztendlich hat er eine tolle Karriere hergeschenkt.

SPOX: Ist es denkbar, dass Sie ihn vielleicht zu Hoffenheims U 23 holen und ihn wieder aufbauen?

Tanner: Nein, das ist ausgeschlossen. So hart es klingt: Er befindet sich dort, wo er hingehört. Wie ich höre, hat er sich bei seiner Rückkehr zu 1860 nicht gut verhalten. Er muss versuchen, sich irgendwie wieder aufzurappeln und einen Klub von sich zu überzeugen.

SPOX: Hoffenheim muss ebenfalls mit einem Ruf leben, der nicht besonders gefällt: dem des künstlich hochgezüchteten Retorten-Vereins, weswegen noch immer nach einem potenten Trikotsponsor gesucht wird. Angeblich geht auch der Dauerkarten-Verkauf zurück. Wie wichtig ist Image im Fußball?

Tanner: Um es vorweg zu sagen: Die ersten Tendenzen zeigen, dass der Dauerkarten-Verkauf nicht signifikant zurückgeht. Und zum Thema Trikotsponsoring: In der Regel werden die Budgets der Unternehmen im Herbst vergeben, also zu einem Zeitpunkt, als wir noch guten Fußball gespielt haben und die Fans zufrieden waren. Die bisher erfolglose Sponsorensuche hängt auch damit zusammen, dass die generelle wirtschaftliche Lage nicht die allerbeste ist. Für uns gibt es lediglich eine Maßgabe: Wir müssen attraktiveren Fußball zeigen. Wenn wir das schaffen, kommt alles automatisch: die Begeisterung der Fans und ein gestiegenes Image des Gesamtvereins.

SPOX: Es bleibt aber der Eindruck, dass Hoffenheim auch bei der Konkurrenz nicht wohlgelitten ist. Da war der Streit mit Hertha um die Abwerbung zweier Teenager. Oder der Streit mit Schalke um den nicht genehmigten Medizincheck von Carlos Zambrano.

Tanner: Im Fall von Schalke müssen wir uns entschuldigen. Es ist alles sehr unglücklich verlaufen. Jemand hätte Schalke informieren müssen, aber leider haben weder wir, noch St. Pauli oder Zambranos Management daran gedacht. Das bedauern wir. Und die Sache mit der Abwerbung: Es ist eben Mode, auf uns einzuhauen und Klischees zu bedienen, wie es Hertha getan hat. Wir sind konkurrenzfähig und greifen an, auf allen Ebenen. Das gefällt vielen nicht, aber das müssen sie akzeptieren.

SPOX: Wie wichtig ist es, in Deutschland an Akzeptanz zu gewinnen, indem 1899 mit Holger Stanislawski und Lutz Pfannenstiel zwei neue Gesichter verpflichtet hat, die als sympathische Kultfiguren gelten?

Tanner: Stani und Lutz zu holen, begrüße ich ausdrücklich. Über Stani wurde bereits ausreichend geschrieben, aber auch Lutz freut mich außerordentlich, weil er optimal reinpasst und den Verein im Ausland perfekt vertreten kann.

SPOX: Welttorhüter Pfannenstiel übernimmt den Bereich "International Scouting and Relations". Was heißt das?

Tanner: Mit seinen Kontakten verspricht er einen großen Mehrwert. Zum einen soll er seine Beziehungen zu vielen Nationalverbänden für uns nutzen und Hoffenheim auch international bekannter machen. Zum anderen ist es uns wichtig, dass uns mit Lutz ein Experte zuarbeitet, der direkten Zugang zur Fußballszene auf allen Kontinenten hat. Wenn wir beispielsweise eine Frage wegen eines interessanten afrikanischen Talents haben, kümmert sich Lutz direkt darum und wir bekommen sofort die Antwort. Das ist in Zeiten der Globalisierung fast unbezahlbar.

SPOX: Wie passt dieser internationale Anstrich zur proklamierten Neuausrichtung Hoffenheims, wonach der Fokus auf junge, deutsche Spieler gelegt werden soll?

Tanner: Das schließt sich doch nicht aus. Der Kern soll deutsch sein - aber es ist illusorisch zu glauben, dass wir in Zukunft mit elf Deutschen auflaufen. In der Rhein-Neckar-Region leben insgesamt zwei Millionen Menschen, entsprechend klein ist der Markt an ortsnahen Talenten. Daher können wir uns nicht auf sie versteifen, wenn wir Jugendförderung auf allerhöchstem Niveau betreiben wollen. Das heißt: Wir werden der Entwicklung Rechnung tragen und aus aller Welt Spieler dazuholen, die die nötige Spitzenqualität mitbringen.

Der Kader der TSG 1899 Hoffenheim

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