Alternative Jahresvorschau - Ein Ballon namens Wanda
Novak Djokovic (Tennis): GOAT oder Persona non grata?
Es ist noch keine vier Monate her, da verpasste der Djoker zwar den angepeilten "Grand Slam", verließ die US Open aber endlich mit der Liebe des Publikums im Gepäck. Alles schien angerichtet für die finale Machtübernahme im Rennen um den GOAT-Status gegen Roger Federer und Rafael Nadal, am besten schon mit dem 21. Grand-Slam-Titel bei seinem Lieblingsturnier in Melbourne.
Stattdessen schreibt Djokovic derzeit nur noch negative Schlagzeilen: Tritt er bei den Australian Open überhaupt an? Schließlich hüllt er sich in eisernes Schweigen, was seinen Impfstatus angeht - nicht wenige Down Under argwöhnen, er übe Druck auf die Veranstalter aus und wolle lieber mithilfe einer (zweifelhaften?) medizinischen Ausnahmegenehmigung antreten, statt sich impfen zu lassen.
Selbst wenn er um seinen zehnten Titel in Australien aufschlägt: Djokovic wird mal wieder Nebenkriegsschauplätze im Gepäck haben und gegen noch größere Teile des Publikums spielen als ohnehin schon. Die wahrscheinlichere Variante dürfte jedoch sein, dass er seinen Überzeugungen treu bleibt und auf das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres verzichtet.
Allerdings ist die Pandemie nun einmal nicht planbar. Wer kann Nole - der sich eigentlich nur noch über Major-Titel definiert - garantieren, dass weitere Grand Slams in puncto Impfpflicht nicht nachziehen (oder einer weiteren Welle zum Opfer fallen)? Außerdem holt die Konkurrenz um Alexander Zverev und Daniil Medvedev immer weiter auf. Djokovic könnte in einem Jahr mit 22 oder mehr Slams ganz allein oben stehen - oder aber endgültig Persona non grata der Tenniswelt sein, während Rafa nach den French Open plötzlich wieder von der Spitze grüßt.
Kevin Durant (NBA): Gegen die Dämonen der Vergangenheit
KD muss längst niemandem mehr etwas beweisen. Auf der ewigen NBA-Bestenliste rückt er ständig weiter vor, die USA führte er im vergangenen Sommer in Tokio zum Gold, und seinen Achillessehnenriss aus dem Jahr 2019 hat er längst weggesteckt, als wäre nie etwas gewesen: Im Kampf um den MVP-Award läuft es derzeit auf ein Duell mit Stephen Curry von den Warriors hinaus.
Aber der Seven-Footer mit dem butterweichen Jumper, der schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, hat noch ein großes Ziel: den NBA-Titel als wahre, unangefochtene Nummer eins eines Teams zu gewinnen. Zwar gehörten ihm 2017 und 2018 bei den Dubs die Awards für den Finals-MVP, die Liebe des Publikums jedoch seinem kleinen Point Guard. Golden State war stets "Currys Team".
Brooklyn, das man als "Superteam" mit Kyrie Irving und James Harden durchaus mit den Warriors vergangener Tage vergleichen könnte, ist Durants Team. Gelingt es ihm, die Nets als Alpha Dog zur Championship - und vielleicht sogar ein wenig aus dem Schatten der Knicks - zu führen, wäre er endlich am Ziel und hätte im Kampf um die Nummer eins der anstehenden Post-LeBron-Ära vorgelegt. Man stelle sich die Nets und Warriors in den Finals vor: KD gegen Steph. Durant könnte sämtliche Dämonen seiner Vergangenheit auf einen Streich auslöschen.
Ob er dazu noch eine bessere Chance bekommt? Jünger wird er mit seinen nun 33 Jahren auch nicht mehr ...
Tyson Fury (Boxen): Her mit den Opfern, her mit den Gürteln
Der "Gipsy King" steht längst an der Spitze. Spätestens seit er die Trilogie gegen Deontay Wilder im Oktober mit einem krachenden Knockout beendet hatte, zweifelt kaum jemand seinem Status als bestes Heavyweight auf diesem Planeten. Aber er trägt eben trotz allem nur einen der großen Gürtel um seine beträchtlichen Hüften.
Im Frühjahr muss Fury (33) seinen WBC-Titel gegen Landsmann Dillian Whyte verteidigen, wohl kaum mehr als eine Pflichtaufgabe. Aber dann: ein Vereinigungskampf gegen Alexander Usyk um den Status als "Undisputed Champion"? Oder gar gegen Landsmann Anthony Joshua, in einem frenetischen Wembley Stadium in einem der reichsten Boxkämpfe der Geschichte?
Bleibt Fury voll aufs Boxen fokussiert und vergleichsweise in Form, könnte er in zwölf Monaten alle Titel tragen, sämtliche Herausforderer in seiner Gewichtsklasse abgestraft und sich zum größten Schwergewichtschampion des 21. Jahrhunderts gekrönt haben. Man kann nur hoffen, dass die vermaledeite, in Hinterzimmern ausgehandelte Box-Politik ihm - und uns - keinen Strich durch die Rechnung macht.
Erling Haaland (Fußball): Welche Tür führt zum Ballon d'Or?
Hand aufs Herz: Wer glaubt wirklich daran, dass Haaland über den Sommer hinaus bei Borussia Dortmund bleibt? Da können Aki Watzke und Michael Zorc noch so sehr mit einer Gehaltsverdoppelung locken. Nein, für Haaland und seinen umtriebigen Berater Mino Raiola dürfte es längst darum gehen, den nächsten Verein für den Norweger auszuloten. Und das will sehr gut überlegt sein.
Schließlich geht es um nicht weniger als den einen oder anderen Ballon d'Or. Erfolge mit der Nationalmannschaft sind für Haaland kaum planbar, mit dem Klub dagegen schon. Der Zeitpunkt ist günstig: Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und auch Robert Lewandowski haben nicht mehr viele Jahre auf allerhöchstem Niveau vor sich, als möglicher Dauerrivale steht derzeit eigentlich nur Kylian Mbappe parat.
Doch welcher Klub bietet dem fast krankhaft ehrgeizigen 21-Jährigen die größte Chance auf den Platz an der Sonne? Die umkämpfte Premier League? Pep Guardiola könnte ihn fußballerisch noch einmal weiterbringen, aber dessen Abschied bei City wird kommen. Vielleicht doch die Bayern? Oder aber Real Madrid, wo er sogar neben Mbappe stürmen könnte?
Haaland hat noch viele gute Jahre vor sich, aber sein nächster Schritt will gut überlegt sein. Neymar dürfte hier als warnendes Beispiel dienen: Der schien auf dem Weg zum besten Spieler der Welt und wechselte per Weltrekordablöse zu PSG, ging dann in der französischen Liga irgendwie doch ein wenig unter und ist jetzt zwar immer mit vorn, aber eben nicht mehr ganz vorn dabei.
Lewis Hamilton (Formel 1): WM-Titel statt "Schmerz und Leid"?
Ähnlich wie bei Djokovic geht es für Hamilton eigentlich nur noch um den alleinigen GOAT-Status. Sieben WM-Titel hat er bereits, ein weiterer würde ihn in dieser Hinsicht über Michael Schumacher stellen. 2021 wurde ihm dieser im letzten Rennen in der letzten Runde bekanntlich verwehrt, was dem Briten so übel mitspielte, dass Mercedes-Boss Toto Wolff sogar einen Rücktritt nicht ausschließen wollte.
Hamilton ist fast 37, er hat jede Menge Interessen abseits des Rennzirkus. Sollte er tatsächlich seinen Hut nehmen, hätte das aber schon ein Geschmäckle. "Lewis wird den Schmerz und das Leid, das ihm am Sonntag widerfahren ist, nie überwinden", um Wolff zu zitieren. Puh, ganz schön viel Pathos, auch wenn die Enttäuschung natürlich nachzuvollziehen ist.
Wahrscheinlicher dürfte jedoch ein neuer Angriff Hamiltons sein. Der achte Titel wäre schließlich ein ganz besonderer: Sollte er den ihm erwachsenen Rivalen noch einmal in die Schranken weisen können, trotz nicht mehr überlegenem Auto und neuem Reglement, stünde einem Ritt in den Sonnenuntergang nichts mehr im Wege.
Die wichtigsten Termine im Sportjahr 2022
Sportart | Event | Datum |
Handball | Europameisterschaft Herren in Ungarn und der Slowakei | 13. bis 30. Januar |
Tennis | Australian Open | 17. bis 30. Januar |
Wintersport | Olympische Winterspiele in Peking | 4. bis 20. Februar |
American Football | Super Bowl | 13. Februar |
Wintersport | Winter-Paralympics in Peking | 3. bis 13. März |
Fußball | DFB-Bundestag mit Präsidentschaftswahl | 11. März |
Snooker | Weltmeisterschaft in Sheffield | 16. April bis 2. Mai |
Tennis | French Open | 22. Mai bis 5. Juni |
Fußball | Champions-League-Finale Herren | 28. Mai |
Basketball | NBA Finals | 2.-19. Juni |
Tennis | Wimbledon | 27. Juni bis 10. Juli |
Radsport | Tour de France | 1. bis 24. Juli |
Leichtathletik | Weltmeisterschaft in den USA | 15. bis 24. Juli |
Leichtathletik | European Championships in München | 11. bis 21. August |
Tennis | US Open | 30. August bis 12. September |
Basketball | Europameisterschaft in vier Ländern (Finalrunde in Berlin) | 1. bis 18. September |
Fußball | Weltmeisterschaft in Katar | 21. November bis 18. Dezember |