Hat Sie die Bild gekränkt, Herr Junuzovic?

Zlatko Junuzovic im SPOX-Interview
© GEPA

Im Interview mit SPOX spricht Zlatko Junuzovic über wankelmütige Berichterstattung und den Abstiegskampf mit Werder Bremen.

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Im Fußball kann es schnell gehen. Klingt blöd, ist aber so. Zlatko Junuzovic weiß das. In der Vorsaison war der 28-Jährige für die einflussreiche Bild Zeitung noch der "Baller-Ösi", "Standard-König", "Top-Mann" oder einfach "Zauberer". Aber manchmal dreht sich der Wind eben schnell. Und so machte die Bild Junuzovic stellvertretend für schwache Werder-Leistungen zur Zielscheibe.

Nun scheint der Österreicher langsam wieder aufzutauchen. Seine Verletzungsprobleme sind passé, am Auswärtssieg auf Schalke beim Rückrundenauftakt war Junuzovic entscheidend beteiligt. An seinem freien Tag nahm sich der Spielmacher die Zeit, mit SPOX über wankelmütige Berichterstattung, den Abstiegskampf und Florian Grillitsch zu sprechen.

SPOX: Zlatko, gratuliere zum fantastischen Sieg am Wochenende auswärts auf Schalke. Warst Du selbst ein bisschen überrascht?

Zlatko Junuzovic: Danke! Aber wir müssen das Spiel realistisch einschätzen. Es hätte nach einer halben Stunde auch 3:0 für Schalke stehen können. In dieser Phase hatten wir viel Glück. Dann haben wir langsam an Kontrolle gewonnen. Nach der zweiten Halbzeit war der Sieg verdient, aber Huntelaar hätte alleine drei Tore machen können. Das wissen wir.

Am Anfang sah es tatsächlich nicht so gut aus. Schalke lag 1:0 in Führung. Kurz vor der Pause bist Du ins Spiel gekommen und hast die Partie maßgeblich beeinflusst.

Nach meiner Krankheit im Herbst habe ich mich nicht gut gefühlt. Da sind einige Fehler von meiner Seite passiert. Ich wollte zu früh wieder einsteigen, obwohl ich körperlich nicht auf meinem gewohnten Niveau war. Jetzt hatte ich Zeit, an meiner Fitness zu arbeiten. Ich fühle mich um einiges besser. Ich habe mehr Kraft, bin nicht mehr so müde - jetzt passt alles.

Und Deiner Schulter geht es auch wieder gut?

Meine Schulter spüre ich gar nicht.

Rund um den November 2015 hat sich die Bild Zeitung ziemlich auf Dich eingeschossen. Früher warst Du der "Baller-Ösi", "Standard-König" und "Zauberer", dann plötzlich nur mehr der "Ösi-Mitläufer". Hat Dich das gekränkt?

Gott sei Dank habe ich die richtigen Leute an meiner Seite, wie meine Frau zum Beispiel. So wie sie dich in den Himmel loben, holen sie dich auch wieder herunter. Es ist in beide Richtungen schwer verständlich. Im Herbst war nicht jede Partie ganz schlecht, ein paar waren nicht gut, keine Frage. Dafür gab es aber viele Gründe. Ich konnte gar nicht besser. Darum wusste ich, was mir fehlt. Mir ist bewusst, dass es bei Werder schwer war, die letzte Saison zu bestätigen. Zumindest was meine Scorerpunkte betrifft. Wir spielen eben nicht diesen Offensivfußball und personell wird bei uns viel gewechselt. Ich bekomme ja mit, was über mich geschrieben wird. Aber nach einem Tag ist das wieder vergessen. Und ehrlich gesagt: Über das Niveau dieses Journalismus kann sich jeder seinen Teil denken.

Hat diese Phase dein Verhältnis zu Medien beeinflusst?

Nein, eigentlich nicht. Manche Leute wollen eben so schreiben und bewusst in eine bestimmte Richtung gehen. Das wird ihnen wohl die meisten Leser bringen, damit kann ich Leben. Das gehört zu meinem Job dazu. Es geht ja nicht nur mir so. Ein Jahr war ich nur super und hervorragend. Dann ist alles übergeschwappt. Man darf nicht glauben, dass man nur gestreichelt wird. Aber ich brauche deswegen niemanden, der mir sagt: 'Die schreiben nur Scheiße!' Ich verarbeite das alleine, versuche einzuschätzen, was wirklich schlecht und gut war. Aber bis man so weit ist, das alles zu verstehen, braucht man seine Zeit. Gerade in Deutschland, wo alles sehr auf den Fußball fokussiert ist.

Lass mich bei Deinen Zweifel einhaken. Wirst Du nicht langsam müde, permanent im Abstiegskampf zu stecken? Es gibt auch andere Herausforderungen.

Das ist so eine Sache. Härter als Abstiegskampf geht im Fußball nicht. Man will dem Verein nicht schaden, die Fans nicht enttäuschen. Jetzt sind wir schon wieder mitten drin, auch wenn noch alles offen ist. Es macht keinen Spaß, unten drin zu sein. Jeder Tag ist hart, jedes Wochenende richtungsweisend. Es laugt uns aus, dass wir wieder unten stecken. Die Ziele waren anders. Ich muss das jetzt annehmen. Alles andere ist ein sensibles Thema. Wir werden sehen, was in Zukunft passiert. Aber die Realität heißt Abstiegskampf und darauf liegt mein Fokus.

Aber der Sieg gegen Schalke hatte zumindest die richtige Signalwirkung.

Wir werden sicher noch länger da unten drin bleiben, aber so ein positives Erlebnis haben wir gebraucht. Das tut dem Kopf gut, der positive Gedanke lebt und ist ganz neu entfacht. Hätten wir nicht gewonnen, wären wir ganz unten drinnen, der Abstand auf Stuttgart wäre gewachsen. Schalke ist ein Topgegner, der es in die Champions League schaffen kann. Da können wir etwas für das Hertha-Spiel mitnehmen.

Und mit der Europameisterschaft gibt es auch bald wieder Frischluft für Dich.

Ich freue mich auf jedes Länderspiel, jeden Lehrgang. Alleine, dass ich beim Freundschaftsspiel gegen die Schweiz nicht dabei war, hat mir sehr leid getan. Das Nationalteam ist mein Highlight. Da spielen wir auch das Spiel, das mir wirklich liegt. Jetzt will ich super-fit werden, damit ich dem Team auch helfen kann.

Wenn Du die Bilder siehst, wie Jerome Boateng vom Platz humpelt - bekommst Du da vor der Europameisterschaft ein bisserl Angst vor Verletzungen?

Nein, wirklich nicht. Die Schulterverletzung ist ausgestanden und vom Gefühl her kann mich nichts aus der Fassung bringen. Da gibt es keine Ängste. Auch wenn die Sache mit Jerome Boateng natürlich bitter ist. Das wird eine richtige Punktlandung bis zur Euro.

Du hast im Sommer mit Basti Prödl einen Österreicher bei Werder verloren, dafür gibt es mit Florian Grillitsch einen Senkrechtstarter. Was ist er für ein Typ?

Wir reden viel mit einander, aber er braucht mich für seine Entwicklung nicht. Er ist noch sehr jung, spricht viel mit Gleichaltrigen. Aber wir haben auch viel Kontakt, den gleichen Schmäh - das macht alles einfacher. Florian ist ein guter Typ, der seinen Weg gehen wird. Die Spielpraxis ist toll für ihn.

Hat dich Marcel Koller jemals gefragt, ob das nicht einer fürs Nationalteam wäre?

Nein, noch nicht. Wichtig ist es für Florian, jetzt Erfahrungen und Spielpraxis zu sammeln, auch wenn die aktuelle Situation im Abstiegskampf für einen jungen Spieler nicht angenehm ist. Daraus wird er am meisten lernen. In den nächsten Jahren ist er bestimmt ein Thema für die Nationalmannschaft, daran wird kein Weg vorbei führen.